■ Querspalte: Pilotenspiel für Frührentner
Haben Sie kürzlich auch einen dieser neuen Renten-Kettenbriefe bekommen? Genau, diese Blätter mit dem Wappen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und dem Aufdruck: !10.000 Mark!. Gerührt wandten Sie den Bogen in Ihren Händen hin und her und dachten an Ihre Kindheit, als Ihnen Ihre beste Freundin einen Kettenbrief schickte. „Wenn Du diesen Brief kopierst, an den ersten in der Liste zurückschickst und an fünf neue Adressen leitest, bekommst Du in sechs Wochen 300 Briefe! Die Kette darf nicht unterbrochen werden!!“
Ende der 80er Jahre wurde aus dem Kettenbrief dann das Pilotenspiel, das in Berlin selbst die rot-grüne Jugendsenatorin begeisterte: Steige ins Flugzeug, zahle 100 Mark ein, wirb ein paar Mitflieger, und am Ende wirst du selbst Pilot und hebst ab mit 6.400 Mark!
Kommunikativ, innovativ, risikofreudig! So muß auch unser Sozialsystem werden, dachten sich die SPD-Vordenker, nachdem die Sache mit den 620-Mark-Jobs scheiterte und ein paar neue Vorschläge Anfang der Woche gleich wieder verworfen worden. Hausfrauenabgabe für hinzuverdienende Ehefrauen! Öko-Obolus für Joghurtesser, die Pfandgläser immer einzeln unter fließend heißem Wasser abwaschen, bevor sie in die Gelbe Tonne wandern. Die Pläne gelangten glücklicherweise nie an die Presse. Doch jetzt halten Sie eine wirkliche Rentenkettenbrief-Innovation in Ihren Händen.
Sie wissen noch von früher, was zu tun ist: Sie zahlen an den ersten in der Liste 10.000 Mark, kopieren das Wertpapier und schicken es an vier Altersgenossen, die sich ebenso Sorgen um ihre Rente machen wie Sie. Am Ende können Sie mit 640.000 Mark als Frührentner nach Mallorca düsen und machen sogar noch einen Job für einen Jüngeren frei. Und jetzt kommen Sie nicht damit, daß Sie als Kind nie 300 Briefe zurückbekommen hätten. Hier geht es um einen „Generationenvertrag“: Zeit für Sie, endlich erwachsen zu werden. Barbara Dribbusch
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