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■ QuerspalteSchall und Rauch

Hund heißt Hund und Katze Katze. Sagt meine Oma immer. Was sind schon Namen? Schall und Rauch! Immerhin: Ihr Wellensittich heißt Hansi. Weil alle Wellensittiche Hansi heißen, und warum sollte ausgerechnet ihrer eine Extrawurst bekommen. Abgesehen davon: Einen Wellensittich „Wellensittich“ zu rufen, ist umständlich.

Meine Tante Klara hingegen findet, Namen gehören zum Leben „wie das Haar in meiner Suppe“. Bei Klara hat alles Namen. Der Rührbesen heißt „Walter“, der Handfeger „Fergie“ und ihr Haus „Villa Hammerschmidt“. Wegen dem Weizäcker. Der sah immer so flott aus, wenn er auf der Treppe zur Villa Staatsgäste empfing.

In Berlin gibt es ein Haus ohne Namen. Das findet Klara doof. Sie meint diesen alten Kasten, etwas größer als ihre Doppelhaushälfte, mit der Glaskuppel obendrauf. Wie kann so ein wichtiges Haus keinen Namen haben? Die Eskimos haben 30 Namen für Schnee. Und wir keinen für das hohe Haus. Tanta Klara sagt, „Reichstag“ wäre doch ein feiner Name. Das klingt nach guten alten Zeiten. Oma findet, das Haus gehört dem Bund, und darin wird immer getagt. Also soll es „Bundestag“ heißen. Da ist sie einig mit Hausmeister Thierse. Der will seinen Laden auch „Bundestag“ nennen. Leider hat er da genausowenig zu sagen wie meine Oma. Das ist bei Hausmeistern so.

Ob „Reichstag“ oder „Bundestag“, „Topf“ oder „Blume“, „Wurm“ oder „Haken“ – das Haus braucht einen Namen, schnell. Wenn nichts geschieht, hat bis zum Einzug dahin nicht einmal die Bushaltestelle vor dem Haus einen Namen. Nächster Halt: irgendwo im Nirgendwo. Also Leute, Namen her. Die Vorschlagsliste ist eröffnet: „House of the rising sun“? Ja, nicht schlecht. Was höre ich da? „Irrenhaus“? Na, na. „Villa Kunterbunt“? Das geht. „Haus des Herrn!“ – Blasphemie! Noch jemand mit Vorschlägen? Ja, da ganz hinten, in der letzten Reihe. „Haus der Demokratie!“ – Ach, wissen sie, wir sollten es nicht übertreiben. Thorsten Denkler

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