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Querrille

Ladies Love Knarf Rellöm:

„Bitte vor R.E.M. einordnen“(WSFA/Indigo)

Ob die Damenwelt den Hamburger Songwriter mit den eigensinnigen Frisuren zwischen Mobtop und Tolle dem coolen James aus Queens/NY vorzieht, entzieht sich meiner Kenntnis. In den Underground-Kaschemmen der Stadt jedenfalls herrscht Erleichterung: Frank Möller aka Walding aka Knarf Rellöm hat sie tatsächlich herausgebracht, diese Platte, deren Titel so lange geplant war, wie Walding vom „bald“erscheinenden Soloalbum erzählte.

Damals, 1993, begann der Sänger der Trash-Popper Huah! damit, unter wechselnden Projektnamen nahezu jede hiesige Indie-Pop-Band auf ihren Tourneen zu begleiten. Mit blitzender Gitarre, Westernhemd und ein wenig Wechselwäsche im Handgepäck gab er, laut Selbstbezichtigung, den „Westentaschen-Dylan“, und auch in Hamburg ließ Rellöm dazu keine Gelegenheit aus. Nach und nach lernten wir sie so kennen und schätzen, seine vignettenhaften Beobachtungen und sein eigenes Tempo, das einen schönen Refrain abgibt: „Nur nicht so schnell!“

Da und dort tauchten Stücke auf Singles auf, begleitet mal von den Aeronauten oder Kante. Wir hören sie nun wieder auf dieser CD, die den Charakter eines Greatest-Hits-Werks besitzt, bereichert durch Neues wie das patzige „Ihr seid immer nur dagegen, macht doch mal bessere Vorschläge“, das etwas voreilige „Internet Kills The Videostar“und vor allem die „Autobiographie einer Heizung“.

Solche unkoketten Erinnerungen an das Aufwachsen auf dem Land aufschreiben und sprechsingen zu können, dafür nähme man gerne in Kauf, 30 zu werden. Nur ist nicht jeder über 30 so ein kleiner, langsamer, abgelenkter Großer wie Knarf Rellöm.

Xilef Reyab

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