Quelle-Insolvenz: Beschäftigte vor dem Nichts
Für die entlassenen Mitarbeiter des Versandhändlers wird es keine Transfergesellschaft geben. Die Bundesagentur für Arbeit richtet sich auf einen Ansturm ein.
BERLIN taz | Die Hoffnung auf eine Transfergesellschaft für die gekündigten Mitarbeiter des bankrotten Versandhauses Quelle hat sich zerschlagen: "Der Insolvenzverwalter teilte uns mit, dass für eine Auffanggesellschaft definitiv kein Geld vorhanden ist", sagte Horst Rieger, Mitglied des Gesamtbetriebsrats von Quelle der taz. Schon in zehn Tagen beginne für die meisten Mitarbeiter der letzte Arbeitstag. Auch die bestehende Transfergesellschaft für die seit Juni entlassenen Quelle-Mitarbeiter werde abgewickelt.
Schon zum 1. November werden die meisten Beschäftigten keinen Lohn mehr erhalten, erklärte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg am Dienstag. Jetzt gehe es darum, einen geordneten Ausverkauf durchzuführen. "Wir müssen für die nächsten vier bis sechs Wochen funktionsfähig bleiben", sagte Görg. Der Insolvenzverwalter hofft, dass etwa 4.000 von zuletzt 9.000 Quelle Beschäftigten Aussicht auf weitere Beschäftigung haben. Dazu gehöre etwa der Quelle Reparaturservice Profectis, dessen 1.100 Beschäftigte großteils von Fremdaufträgen leben.
Die bayerische Arbeitsministerin Christine Haderthauer (CSU) richtete am Mittwoch Vorwürfe an Görg. Das vorgestellte Insolvenzkonzept sollte Quelle bis März 2010 sichern. "Dass es nicht einmal einen Monat getragen hat, das wirft Fragen auf", sagte Haderthauer.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) richtet sich nun auf einen Ansturm durch Quelle-Arbeitssuchende ein. Sie stellte einen Notfallplan auf und bildete eine eigene Task Force. "Bis zu 100 Mitarbeiter werden aus ganz Bayern nach Nürnberg geholt", erklärte BA-Regionaldirektion Rainer Bomba am Mittwoch. Das städtische Klinikum werde bei Quelle eine psychologische Krisenambulanz einrichten, sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD).
Betroffen von der Pleite sind auch andere Unternehmen. Die Deutsche Post kündigte an, in ihrem Quelle-Versandzentrum in Leipzig mehrere hundert Stellen zu streichen. Insgesamt waren bislang etwa 3.000 Postler mit Aufträger des Quelle-Mutterkonzerns Arcandor beschäftigt. Ebenso verlieren Hersteller wie Adidas, Electrolux und Esprit mit Quelle einen wichtigen Vertriebspartner. Ob auch hier Kündigungen anstehen, war am Mittwoch unklar.
"Das Geschäftsmodell des Universalversandhandels hat sich überlebt", sagte Joachim Zentes, Direktor am Institut für Handel an der Universität des Saarlandes, der taz. An dessen Stelle seien Spezialversender wie H&M oder Globetrotter getreten, die über das Internet klare Zielgruppen ansprächen. Gut 51 Prozent des gesamten Versandgeschäfts mit einem Umsatz von etwa 29 Milliarden Euro würden in diesem Jahr online abgewickelt. "Anders als etwa der Otto-Versand hat Quelle seine Internetplattform viel zu spät ausgebaut", sagte Zentes.
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