Qualitätsdiskussion Die Debatte nach dem Schalker Debakel ist berechtigt, aber es ist nicht alles schlecht: Bitte kein Bundesliga-Bashing
„Das ging alles viel zu schnell für uns“, befand Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes nach der 0:2-Niederlage gegen Ajax Amsterdam, die gut und gerne auch ein 0:5 hätte sein können. „Wir waren in allen Belangen unterlegen“, schob Schalke-Manager Christian Heidel hinterher. Die Königsblauen gehen bei den jungen holländischen Hüpfern baden und am nächsten Tag verkündet drohend die Fünfjahreswertung: Würden die deutschen Vereine nächste Woche ausscheiden, bedeutete das für die Bundesliga das schlechteste Ergebnis der vergangenen fünf Jahre. Debakel bei Schalke, Debakel für die deutschen Clubs.
Schon in den letzten Wochen beschäftigte sich die Liga ja ausgedehnt mit einem der Lieblingsthemen des Deutschen, der Qualitätsdiskussion. Beziehungsweise: Bashing der Bundesliga. Zu schlecht, zu sehr auf Zerstörung statt auf Kreativität gepolt, zu viel unteres Mittelmaß hinter dem FC Bayern. Da ist einiges an Wahrheit dran: Zwischen dem Fünften Hertha und dem Siebzehnten Ingolstadt liegen 15 Punkte, und die Leistungsunterschiede sind nicht so eklatant. Wenn Freiburg und Köln sich berechtigte Hoffnungen machen dürfen, Euro League zu spielen, fühlt sich das seltsam an. Nicht, weil man es den beiden Underdogs mit den knorrigen Rebellen Stöger und Streich nicht gönnen würde, sondern, weil man sich fragt, wo die anderen Teams alle bleiben. Die Schalkes und so. Und, ob Freiburg wirklich zu den sechs besten Vereinen in Deutschland gehört. Und, wie die Breisgauer wohl gegen Ajax spielen würden. Immerhin: Schlechter als Schalke wirds nicht.
Aber bei aller Berechtigung ist das Qualitätsdiskussion auch: Klagen auf hohem Niveau. Denn die Deutschen sind noch mit zwei Teams in der Champions League vertreten, während englische und italienische Topteams mehr in der Euro League rumgurken (und die Italiener auch dort nicht mehr). Leicester und Juventus in der Champions League sind überraschende Ausnahmen. Und was Dortmund und die Bayern angeht, hat die Bundesliga auch ein bisschen Pech gehabt: Die Dortmunder waren durch den Anschlag mitgenommen und agierten weit unter ihren Möglichkeiten; die Bayern bekamen mit Real Madrid den mutmaßlich auch diesjährigen Champions-League-Sieger vorgesetzt – gegen jede andere Mannschaft im Wettbewerb hätte es anders ausgesehen.
Vergleicht man die finanziellen Möglichkeiten der Bundesliga etwa mit denen der Premier League, schlagen sich die Deutschen sehr passabel. Auch das darf man mal sagen. Dass es große Qualitätsunterschiede gibt, ist dem System des aktuellen Fußballs geschuldet: Wo die dicken Schiffe wie Bayern und Dortmund alles Spielermaterial wegkaufen, bleibt dem Rest eben nicht viel. Das ist ein grundsätzliches Problem und in Spanien nicht anders als in der Bundesliga. Die Spanier haben nämlich, das ein kleiner Trost, auch kein Team mehr in der Europa League. Und die Deutschen stehen, noch ein kleiner Trost, in der Fünfjahreswertung immer noch auf Platz zwei. Ein letzter Trost: Auch ohne große Stars lässt sich mit taktischer Ambition etwas er-reichen. Siehe Hoffenheim. Oder, naja, Ajax. Alina Schwermer
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