Qualitäts-Ranking: Bleiberecht? Nicht bei uns!
Die Grünen attestieren den Ausländerbehörden in Niedersachsen schlechte Arbeit. Auf Druck des Innenministeriums würden die Migranten unzureichend informiert, nur wenige erhielten ein Bleiberecht.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann sieht sich selbst als wichtigster Integrationsminister Deutschlands. Da müsste es ihn eigentlich ärgern, wenn ihm die grüne Landtagsfraktion bescheinigt, seine Ausländerbehörden arbeiteten "nicht mit, sondern gegen die Flüchtlinge".
Zum Beweis präsentierte die migrationspolitische Sprecherin Filiz Polat gestern die Bilanz einer Recherchereise zur Umsetzung des Bleiberechts. Fazit: Zwei Drittel aller Ausländerbehörden "erzielten schlechte Ergebnisse". Die Details sind in einem Bericht nachzulesen, der die Ämter einem Qualitäts-Ranking unterwirft.
Die seit August 2007 existierende bundesweite Bleiberechtsregelung soll langjährig geduldeten Migranten ein sicheres Aufenthaltsrecht verschaffen. Der Hauptvorwurf der Grünen lautet, die niedersächsischen Ausländerbehörden hätten den Migranten die Möglichkeiten des Bleiberechts nicht ausreichend erläutert. Absichtlich und auf Druck des Innenministeriums. So, sagte Polt, erklären sich die niedrigen Anerkennungszahlen. Zurzeit leben 21.628 geduldete Migranten in Niedersachsen. Lediglich 43,6 Prozent haben einen Antrag gestellt. Davon wurde 21,7 Prozent ein Bleiberecht zugesprochen - meisten auf Probe.
Magere 17 Prozent können sicher sein, nicht doch am 1. Januar 2010 abgeschoben zu werden. Auf der so genannten "Bleiberechtstour" hatte sich Polat an Wohlfahrtsverbände, an Bürgermeister und Landräte, vor allem aber an die 55 Ausländerbehörden des Landes gewandt. Und sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, ihre Recherchen seien im Innenministerium "nicht erwünscht".
In einem Schreiben an die Ausländerbehörden verwies Minister Schünemann auf eine große Anfrage der Grünen zum Thema. Mit deren Beantwortung habe die Landesregierung alles Wesentliche längst "umfassend erläutert". Er vergaß nicht hinzuzufügen, dass Polats Fragen "wieder erhebliche Arbeitskapazitäten binden" werden, und verlangte, falls schon Auskünfte erteilt worden seien, "mir ihre Antworten zu übermitteln". Daraufhin hätten sich noch 32 Ausländerämter gesprächsbereit gezeigt, sagt Polat.
Schünemann-Sprecher Klaus Engemann verwahrte sich gegen die Vorwürfe. Die Vorschriften zum Aufenthaltsgesetz seien in allen Bundesländern "fast wortgleich". Für die Ausländerbehörden gebe es "da gar keine Spielräume". Ein Ranking zu erstellen sei gegenüber den Mitarbeitern der Ausländerbehörden geradezu "menschenverachtend" und "sachlich völliger Unsinn".
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