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Qualifizieren statt entlassen

■ DDR-Arbeitsamt übernimmt Kosten für ein Modellprojekt zur beruflichen Weiterqualifizierung/ Rund 1.000 Beschäftigte von drei Energiemontagewerken drücken bald wieder die Schulbank

Mitte. Die Mitarbeiter der »Qualifizierungsgesellschaft Energie und Umwelt GmbH« sind erleichtert. Nach wochenlangem Hin und Her hat das Arbeitsamt I in Berlin Mitte endlich grünes Licht gegeben und in der vergangenen Woche 1,4 Millionen Mark für die erste private Beschäftigungsgesellschaft der DDR bewilligt. Am 1. Oktober kann begonnen werden. Eingeleitet werden soll durch eine Qualifizierung der Mitarbeiter der Strukturwandel einer ganzen Unternehmensbranche.

Die ersten 300 Metaller der zuvor im Kombinat Kraftwerksanlagen zusammengefaßten Unternehmen Dampferzeugerbau GmbH, Kraftwerks- und Anlagenbau AG sowie der Industrierohrleitungsmontagen GmbH werden in einem »Überbrückungskurs« das elementare Know- how der Marktwirtschaft lernen. Nach der ersten Einübung — wie nimmt man einen Kredit auf, wie füllt man eine Steuererklärung aus — wird es dann an das Eingemachte gehen. Dem Wissensstand der »Schüler« angepaßt, sollen rund 1.000 von Arbeitslosigkeit potentiell betroffene Beschäftigte der drei Firmen auf neue Aufgaben im Energiebereich umgeschult werden. Zum Teil können sie danach wieder auf ihre alten Arbeitsplätze zurückgehen, zum Teil sich aber auch selbständig machen.

Initiiert wurde dieses Pilotprojekt von der IG Metall West, und zwar nach westdeutschem Vorbild. Modell ist die Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft bei EWD/Thomson in Villingen. Dort, wie jetzt in Berlin auch, haben die Betroffenen ein doppeltes Beschäftigungsverhältnis. Sie bleiben Mitarbeiter in einem der drei Kraftwerksmontagewerke, sind aber gleichzeitig auch Beschäftigte der Qualifizierungsgesellschaft. Möglich wurde diese Konstruktion durch die Übernahme des bundesrepublikanischen Arbeitsförderungsgesetzes und durch den kürzlich abgeschlossenen Metalltarifvertrag mit dem Kündigungsschutz bis zum 30. Juni. Statt Entlassung in die Kurzarbeit werden die Metaller ab 1. Oktober während der Arbeitszeit umgeschult. Sie erhalten das Kurzarbeitergeld von 63 bzw. 68 Prozent plus einer betrieblichen Zulage von 20 Prozent, so daß sie fast auf den bisherigen vollen Nettolohn kommen.

Eigentlich hätten die Umschulungsmaßnahmen bereits am 1. September beginnen sollen. Daß es dazu nicht kam, lag an den vielen Widerständen, die zu überwinden waren. Kontroversen bis zum letzten Moment gab es mit dem Arbeitsamt. Immer noch nicht ganz ausgeräumt sind deren Vorbehalte, daß eine betriebs- bzw. praxisorientierte Weiterbildung bei dem momentanen Zustand der Betriebe keine indirekte Finanzierung privater Betriebe sind, sondern Starthilfe für jeden Einzelnen. Das Arbeitsamt hat sich deshalb bei der Bewilligung der 1,4 Mio. Mark ein Mitspracherecht vorbehalten. Es sollen zu einem noch nicht festgelegten Prozentsatz auch vom Arbeitsamt vermittelte arbeitslose Monteure umgeschult werden. Das konterkariert zum Teil das von der IG Metall ausgearbeitete didaktische Konzept des projekthaften Lernens, »ist ein Nachteil«, so Uwe Grabant, Mitarbeiter der Qualifizierungsgesellschaft. »Das wichtigste aber ist«, sagt er, »es kann endlich losgehen.« aku

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