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QUERSPALTEEinsames Herz

■ Scholz fühlt sich verletzt durch „unbarmherzige Kritik“

Den Auftritt in Remscheid nutzte der Bundesverteidigungsminister schweigend zum Fototermin inmitten der Trümmer. Seinen Staatssekretär, der kurz nach dem Unglück ein Tiefflugverbot anordnete, feuerte Scholz „bitter enttäuscht“ über den „Egoismus eines einzelnen Mannes“. In einem Interview mit 'Bild' enthüllte er am Sonntag seine inneren Qualen.

Millionen Kritiker des eisernen Tieffliegers Scholz fragte der Mann: „Für wen halten mich da einige? Wissen diese Menschen, was in meinem Herzen vorging, als ich in der Remscheider Kirche die Hinterbliebenen der Opfer sah?“ Nein? Deshalb sagt er es: „In solchen Momenten ist man ganz einsam, weil man die Verantwortung zu tragen hat.“ Wer spendete da Kraft und Trost? „In erster Linie meine Frau“, gefolgt von Helmut Kohl, „der für mich auch Freund und nicht nur Kanzler ist“. Kaltherzig sei nicht er, Scholz, sondern die anderen: „Es schmerzt mich, daß kaum jemand ein Wort über den toten amerikanischen Piloten verliert. (...) Ich sehe Kaltherzigkeit bei einigen anderen, gepaart mit politischer Ideologie. (...) Die Bürger mögen bitte nicht glauben, daß die Politiker sselenlose Wesen sind, die nur funktionieren, ansonsten gefühllos in dieser Welt stehen.“

Scholz steht nicht und er geht auch nicht. Selbstlos hat der Minister keine Minute an Rücktritt gedacht, „aber ganz gewiß nicht, weil ich am Amt klebe (...) Je schwerer eine Stunde ist, um so größer ist die Verantwortung, nicht davon zu laufen.“ Einsam kämpft er gegen den Strom: „Ich gehe nicht den einfachen Weg, den der angebliche Zeitgeist weist: Wir haben Frieden, wofür brauchen wir eine Armee?“ Nein, der Krieg muß vorbereitet, die Flugübungen müssen am 2.Januar wieder aufgenommen werden. „Schließlich muß das Territorium der Bundesrepublik im Ernstfall verteidigt werden – und nicht irgendein Wüstenfleck im Ausland.“ Für diese Aufgabe braucht die Hardthöhe Experten und vor allem keine Trauerklöße. Deshalb hat Scholz den Parteifreund Willy Wimmer zum Nachfolger von Staatssekretär Würzbach erkoren: „Herr Wimmer ist ein fröhlicher Mensch. Ich konnte gar keinen besseren Mann finden.“

Petra Bornhöft

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