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■ QUERBILDAlle sagen:I love you

In unzähligen Interview- und Filmminuten hat Woody Allen seine Liebe zu den Jazz- und Swingklassikern der großen Studio-Ära beschworen. Nun präsentiert er sein erstes Musical – Alle sagen: I love you. Hier singt, steppt, swingt und tanzt es allerorten. Kein Krankenhaus, kein Juwelier und nicht einmal das Jenseits ist vor den Tanznummern sicher. Junge Verliebte besingen vor plätschernden Springbrunnen ihre Liebe, Passanten werden zum Chor, und das allgemeine Sich-Einmischen der Woody-Allen-Filme feiert fröhliche Urständ. Und weil dazu außerdem gerne eine sich ins halbwegs überschaubare Chaos bewegende Familiengeschichte gehört, wird Alle sagen: I Love You von einer adoleszenten Bürgertochter aus der Park Avenue erzählt.

„Wir sind nicht die typische Musical-Familie“, bekennt DJ (Natasha Lyonne) ganz zu Anfang, als ob das irgendjemand erwartet hätte. Statt dessen gibt es den Stiefvater Bob (Alan Alda), der eine Reihe von eigenen Kindern mit in seine Ehe mit DJ's Mutter Steffie (Goldie Hawn) gebracht hat, die sich vor Jahren von DJ's leiblichem Vater Joe hatte scheiden lassen, welcher wiederum seit diesem Tag verzweifelt eine neue Liebe sucht. Steffie erleichtert ihr soziales Gewissen in der amerikanischen Bürgerrechtsvereinigung, und Joe hat sich inzwischen aus Verzweiflung nach Paris zurückgezogen.

Joe ist Woody Allen. Er selbst hat als Klischee-Parisien den besten Auftritt, und unvergeßlich singt er „I'm through with love“. Außerdem hat Allen den absurdesten Teil seiner grandiosen Nummernrevue für sich und seine Romanze mit Julia Roberts alias Von reserviert. Das ist ein heikler Moment, der im letzten Jahr schon Mighty Aphrodite ruinierte. Der Peinlichkeit dieser Affäre entgeht Alle sagen: I love you nur, indem er sie als schematisiertes Ausstellungsstück entblößt und damit zur eigenen Stärke macht. Woody Allens Verhältnis mit Julia Roberts wird so auf allen Ebenen so offensichtlich konstruiert, daß es zum längst überfälligen Kommentar zu Allens sich ständig verjüngenden Filmpartnerinnen mutiert. Jan Distelmeyer Abaton, Gloria, Holi, Studio, Ufa, Zeise

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