■ QUERBILD: Fever Pitch
Es gibt Momente, die sind rar und in all ihrer unwahrscheinlichen Magie nur für jemanden nachvollziebar, der etwas von Leidenschaft und Tragödien versteht. Als zum Beispiel Michael Thomas das Unmögliche wahr macht, und in der letzten Minute des allerletzten Spiels der Saison 88/89 das 2:0 gegen Liverpool schießt und Arsenal nach 18 Jahren endlich wieder englischer Fußballmeister ist, da ist das so ein Moment. Die Zeit steht still und das Wunder ist der Augenblick selbst. Zuerst wollte Paul (Colin Firth) sich das Spiel ja gar nicht ansehen. Die Nervenbelastung schien zu groß. Trotzdem kann er, der seit zwangig Jahren das Wort Arsenal mit radikaler Hingabe übersetzt, natürlich nicht anders. Er läuft vor dem Fern-seher auf und ab und läßt seinen Freund Steve (Mark Strong) dabei wissen, daß es sowieso hoffnungslos ist.
Fever Pitch, „die Geschichte eines Fans“, die Nick Hornby 1992 als autobiographisches Geheimwissen vor den staunenden Augen der Leserschaft entblättert hat, ist von David Evans verfilmt worden. Der Fan heißt jetzt Paul, ist Lehrer und Scheidungskind wie sein Vorbild. Nur daß er auf der Leinwand neben dem Fußball noch eine zweite tragende Beziehung kennt: Sarah (Ruth Gemmell), eine spröde und manchmal anstrengend unromantische Lehrerin mit Option auf ein bürgerliches Leben. Dramatische Konflikte aber bringen Spannung, Entscheidungen bringen Veränderung. Was aus der intelligenten Esoterik des Fußballpriester zwangsläufig ein bißchen Psychologie herauspreßt. Wird Paul die Kurve kriegen, merkt er, daß auf der Nordtribüne sein eigenes Leben vielleicht einen Tick zu sehr verschwimmt?
Glücklicherweise treibt der Film, für dessen Drehbuch Hornby selbst gesorgt hat, mit seiner schnörkellosen und griffigen Fußballerseele solch profanen Fragen der Personenführung nicht allzuweit. Zuletzt entscheidet immer noch das Spiel, erst recht über den „größten Augenblick aller Zeiten“: als die Götter gnädig waren und Michael Thomas in der letzten Minute vollenden durfte.
Elisabeth Wagner
Oase, Neues Cinema, Abaton
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