■ QUERBEET: Oberfläche
Es ist das Zeitalter der glatten Oberflächen. Der Bilder, die an die Stelle vieldimensionaler Erzählungen treten, des Eklektizismus, der sich weigert, Bezüge irgendwelcher Art bewusst herzustellen. Sollen doch die anderen klarkommen mit dem, was die Kunstproduzenten aus der universellen in ihre ganz private Beliebigkeit umgeformt haben. Und soll doch die Umwelt selber sehen, wie sie mit der glatt polierten Oberfläche des neuen, opportunistischen Dandyismus zurande kommt. Glatt poliert ist auch New-Economy-Maniac Michael Lindberg, drahtiger Mittdreißiger und Protagonist von Norbert Krons Roman Autopilot, aus dem der Autor jetzt liest. Im Griff hat der Protagonist – und Fernsehproduzent – sein Leben, hat sein Haus bestellt, Kinder gezeugt, arbeitet an einem neuen Sendeformat – um dann zu erfahren, dass er unfruchtbar ist, nicht alles nach Wunsch und Gutdünken hinzaubern und nur in ausgewählten Bereichen produktiv sein kann. Akuten Kontrollverlust empfindet jetzt der Drahtige – und fängt an, nach neuen, anderen Möglichkeiten der Definition seiner selbst zu suchen, von denen unklar ist, ob sie nicht auf eine genauso glatt polierte Existenz hinauslaufen, hergestellt eben nur unter anderen Prämissen. – Mit einer glatt polierten Welt befasst sich auch Rainer Merkel in seinem am gleichen Abend präsentierten Debüt Das Jahr der Wunder, in dem etliche programmierte Lebensentwürfe vorgeführt werden, von denen bei weitem nicht immer klar ist, ob der Einzelne auf den Lauf der Dinge tatsächlich irgendwelchen Einfluss hat.
gemeinsame Lesung: Freitag, 12. April, 20 Uhr, Literaturhaus
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