: Q U E R S P A L T E Gummibärchen
■ Welches Wappentierchen fürs (wieder)vereinte Deutschland?
Die Saarländer gehen einem langsam aber sicher auf die Nerven: Einer aus dieser Sippe hat blindwütig eine halbe Nation in den Abgrund gestürzt, ein anderer will unbedingt Bundeskanzler werden und schlägt deshalb pausenlos auf die Propagandatrommel - und jetzt kommt auch noch ein kleiner Landtagsabgeordneter daher und vergreift sich am Bundesadler. Der Mann will das stolze Wappentier der Republik öffentlich dann schlachten, wenn das (wieder)vereinigte Deutschland tatsächlich Realität werden sollte. Der aggressive Aar soll dem Täubchen weichen, denn das neue Deutschland müsse ein Friedensstaat werden.
Dabei hat schon der alte Kreißler gewußt, daß man Tauben am besten vergiftet, denn die widerlichen Biester scheißen seit Jahren unsere Städte zu und schleppen Krankheitskeime durch ihre Reviere, an denen schon Tausende von Singvögeln elendiglich verreckt sind: „Tauben, nein danke!“ Da überzeugt auch der Hinweis auf die „ausgewiesene Friedfertigkeit“ dieser Parasiten nicht. Die Friedenstaube im Wappen einer Nation, die einmal halb Europa in Schutt und Asche gelegt hat - da lachen ja die Hühner.
Der Volkspsyche näher kommt da schon der deutsche Schäferhund, der aufs Wort gehorcht, an der Leine gehen und
-wenn's denn sein muß - zubeißen kann. Nach des Kanzlers Eiertanz um die Anerkennung der polnischen Westgrenze wäre auch das Chamäleon keine schlechte Wahl. Das Tierchen würde dann auch für alle Wendehälse aus der ehemaligen DDR ein passendes Statussymbol sein.
Mein Favorit als Wappentier des neuen Deutschlands ist allerdings das Gummibärchen. Das gibt's in allen Farben (multikulturell) - und neuerdings sogar ohne giftige Farbstoffe. Die einzelnen Bärchen kleben in den Tüten zusammen, wie die Deutschen in ihren Nachkriegsgrenzen. Der einzige Nachteil: Vor soviel pappiger „Einheit“ kann es einem leicht schlecht werden.
Klaus-Peter Klingelschmitt
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