Q-Cells-Aufsichtsrätin über Frauenquote: "Männer benachteiligen Frauen intuitiv"
25 Prozent Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten reichen, um die kritische Masse zu erreichen, glaubt Frauke Vogler. Sie ist die Aufsichtsrätin der Solar-Firma Q-Cells.
taz: Frau Vogler, wieso plädieren Sie für eine gesetzliche Quote, die die Besetzung von leitenden Posten mit Frauen vorschreiben würde?
Frauke Vogler: Heute nutzen die Unternehmen die Qualifikationen von Frauen in Leitungspositionen kaum. Das Potenzial geeigneter Bewerberinnen nicht aufzugreifen bringt betriebswirtschaftliche Nachteile mit sich. Deshalb ist es geboten, dass mehr Frauen in Führungspositionen aufsteigen. Dies allerdings passiert nicht von alleine. Vor zehn Jahren bereits haben sich die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft selbst verpflichtet, die Zahl von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten signifikant zu erhöhen. Einen messbaren Erfolg hatten dieser und andere Versuche bis heute nicht.
Wie sollte die Quote aussehen?
Der Gesetzgeber müsste festlegen, dass mindestens 25 Prozent der Sitze in Vorständen und Aufsichtsräten mit Kandidatinnen besetzt werden. Damit würden wir die kritische Masse erreichen.
Warum nicht die Hälfte aller Führungskräfte?
Weil 25 Prozent vermutlich ausreichen, um einen Prozess in Gang zu setzen, der sich selbst verstärkt und nicht mehr rückgängig zu machen ist. Positionen werden auch nach dem Ähnlichkeitsprinzip besetzt: Männer wählen eher Männer aus, Frauen eher Frauen. Sitzen erst genug Managerinnen in wichtigen Positionen, steigt der Frauenanteil in den Führungsetagen von alleine weiter.
Führt die Frauenquote zur Benachteiligung von Männern?
Für den einzelnen Mann kann das einen Nachteil bedeuten, falls er einer gleich gut qualifizierten Kandidatin im Auswahlverfahren unterliegt. Gesamtgesellschaftlich sollten wir das aber als Kompensation für die Hindernisse betrachten, die Frauen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten überwinden mussten, wenn sie aufsteigen wollten.
Verhindern Männer in Unternehmen das Fortkommen der Frauen - oder ist das ein Vorurteil?
Nein, das ist kein Vorurteil. Männer behindern Frauen, weil sie sich etwa männliche Nachfolger suchen. Dieser Auswahlprozess erfolgt oft nicht absichtsvoll, sondern intuitiv. Junge Männer werden bevorzugt und junge Frauen im selben Team erscheinen oft gar nicht als geeignete Kandidatinnen.
45 Jahre, ist Partnerin der Berliner Kanzlei Vogler-Roessink-Chalupnik. Die seit 1999 selbstständige Rechtsanwältin und Steuerberaterin sitzt im Aufsichtsrat der Solar-Firma Q-Cells in Bitterfeld.
Wie haben Sie es in den Aufsichtsrat von Q-Cells geschafft?
Ich habe die Berufung meinem eigenen beruflichen Netzwerk zu verdanken. Weil ich als Anwältin und Steuerberaterin schon früher Mandanten aus der Solarindustrie betreute, brachte ich Branchenkenntnisse und Fachkompetenz für den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates mit. Deshalb wurde ich gefragt.
Viele Frauen verfügen ebenfalls über hohe Qualifikationen und packen es trotzdem nicht. Welche Fehler haben Sie vermieden, die andere Frauen gemacht haben?
Ein wichtiger Punkt war wahrscheinlich, dass ich nicht zu lange mit der Antwort gezögert habe. Nach einer Stunde habe ich zugesagt. Frauen neigen dazu, zu lange zu überlegen. Nach zwei Tagen aber ist die Chance möglicherweise vertan.
Müssten nicht Frauen mit den eigenen Verhaltensfehlern aufräumen, bevor eine Frauenquote gerechtfertigt wäre?
Nein, wir brauchen jetzt den Druck, der Unternehmen veranlasst, aktiv nach weiblichen Führungskräften zu suchen. Wenn die Nachfrage steigt, werden auch die Frauen ihr Verhalten anpassen und eigene Hemmnisse aus dem Weg räumen. Es muss Veränderung auf beiden Seiten geben.
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