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Putin und AssadEin Freund bleibt ein Freund

Putin mahnt Veränderungen in Syrien an, rückt aber von Machthaber Assad nicht ab. Dessen Truppen marschieren indes an der jordanischen Grenze vor.

Syrische Flüchtlinge an der Grenze zu Jordanien. Bild: dapd

MOSKAU/NEW YORK/DAMASKUS dpa | Der russische Präsident Wladimir Putin hält am syrischen Machthaber Baschar al-Assad und seinem Gewaltregime fest. In einem Interview mit dem englischsprachigen Staatsfernsehsender Russia Today verlangte der Kremlherr am Donnerstag ein Ende der Gewalt, erteilte aber zugleich Forderungen nach einem Rücktritt Assads eine Absage.

Der neue Präsident des UN-Sicherheitsrates, Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig, beklagte die Unentschlossenheit des Weltgremiums. „Den Preis für unsere Uneinigkeit zahlen die Zivilisten“, sagte Wittig am Mittwoch (Ortszeit) im UN-Hauptquartier in New York.

Die Vetomächte Russland und China hatten bislang Maßnahmen der Weltgemeinschaft gegen das Assad-Regime blockiert, das mit äußerster Brutalität gegen Zivilisten vorgeht. Zu den Bemühungen des Weltsicherheitsrates sagte Putin: „Das ist ein komplizierter Prozess, aber nur als Resultat harter Arbeit können wir Erfolg haben.“ Russland pflegt ein freundschaftliches Verhältnis zum Assad-Regime, welches es bis zuletzt auch mit Waffenlieferungen unterstützte.

Moskau sei sich bewusst, dass es in Syrien Veränderungen geben müsse, erklärte Putin. „Aber das heißt nicht, dass diese Veränderungen blutig sein müssen“, fügte er hinzu. Zunächst müssten Regierung und Opposition am grünen Tisch über die Zukunft des Landes diskutieren. Erst danach könnten interne Strukturen verändert werden. Die Lösung dürfe nicht von einer Seite diktiert werden.

Putins Worte ließen auf keine rasche Änderung in der russischen Syrien-Politik schließen. „Wir bedauern, dass wir so gelähmt sind“, sagte Sicherheitsratspräsident Wittig. „Die Situation in Syrien ist dramatisch und wir könnten nicht beunruhigter sein.“ Seine Hoffnungen ruhten nun auf dem neuen Sondervermittler Lakhdar Brahimi. „Die Erwartungen an ihn sind hoch, und wir sollten aufpassen, sie nicht zu hoch zu schrauben.“

Truppen an der jordanischen Grenze

Syrische Truppen drängten indes am Donnerstag die Aufständischen im Süden des Landes aus einer strategisch wichtigen Region an der Grenze zu Jordanien zurück. Wie Aktivisten berichteten, hatten die Rebellen gegen die von Kampfjets unterstützten und mit 20 Panzern angerückten Armeeverbände des Regimes keine Chancen. Die Ortschaft Tel Schehab und ihre Umgebung wurden bislang von Tausenden syrischen Flüchtlingen auf ihrem Weg nach Jordanien genutzt.

Bewohner in den jordanischen Grenzdörfern Al-Turra und Theneib hörten Explosionen und Schüsse jenseits der Grenze. Die jordanischen Sicherheitskräfte verstärkten ihre Kontingente an der Grenze auf nahezu das Doppelte, sagten jordanische Militärs in der Region. Bis Donnerstagnachmittag trafen 500 neue syrische Flüchtlinge in Jordanien ein. Nach dem Fall von Tel Schehab rechnen die Behörden mit mehr als 3000 Kriegsvertriebenen aus dem Nachbarland.

Am Rand von Damaskus griffen die Rebellen mehrere Armee-Kontrollpunkte an. Bei den Gefechten im Stadtteil Al-Kadam seien mindestens zehn Menschen getötet worden, berichteten Oppositionsaktivisten. Demnach sei es auch zu Vergeltungsaktionen der Regimetruppen gekommen. Soldaten hätten zivile Bewohner des Stadtteils aus ihren Häusern geholt und an Ort und Stelle erschossen, unter ihnen zwei Brüder eines örtlichen Rebellenkommandeurs, sagte ein Aktivist.

Bei einem Bootsunglück vor der türkischen Küste ertranken am Donnerstag mindestens 58 Menschen, darunter viele Flüchtlinge aus Syrien. Das Boot, das vor allem Syrer, Palästinenser und Iraker an Bord hatte, war südlich von Izmir auf einen Felsen aufgelaufen und gesunken, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Insgesamt waren über 100 Menschen an Bord.

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6 Kommentare

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  • D
    deniz

    Ich wusste gar nicht das die taz auch ein propaganda Werkzeug von Westen ist

    von welche Opposition schreibt ihr eigentlich das sind doch nur Söldner von Westen bezahlt und das nachweislich an alle linke lese mal den B LOG hinter der Fichte, das ist Journalismus lg

    ps schade schade

  • K
    kosaci

    Was die demokratischen und freiheitlichen FSA-Verbündeten (USA, Saudi Arabien, Türkei, Katar, Deutschland, Frankreich...) machen, ist eine aktive Beteiligung am Krieg in Syrien. Sie sorgen dafür, dass mit ihrer "Erstmal muss Assad weg"-Politik der Kampf weitergeht und von den Rebellen in die Städte getragen wird. Alles in der Hoffnung, dass die Rebellen Assad stürzen können. Die demokratischen und freiheitlichen FSA-Verbündeten haben die Friedensbemühungen von Annan blockiert und haben bislang sämtliche Dialogangebote von Assad abgelehnt. Sie sind so sehr demokratisch, dass sie Söldner bezahlen, die in ein souveränes Land einmarschieren und gegen den Staat kämpfen. Was die FSA-Verbündeten machen, ist eine diplomatische Katastrophe. Sie verhalten sich außenpolitisch absolut ungeschickt und tragen damit eine Verantwortung für das Blutvergießen. Die Möchtegern-Demokraten wollen nicht anerkennen, das Assad einen nicht zu unterschätzenden Teil der Bevölkerung hinter sich hat und das Militär kontrolliert. Als echter Demokrat muss man das erkennen und respektieren anstatt den Präsidenten zu diskreditieren und ihn in die Ecke zu drängen. Wir brauchen weiterhin politischen Druck auf Syrien und einen Dialog auf Augenhöhe. Gespräche können in der jetzigen Situation nicht zur Vorraussetzung haben, dass Assad erstmal weg muss. Sonst geht das ewig weiter.

  • K
    Konsul

    Da gibt es doch immer noch Staaten mit Regimen, die den USA ein Dorn im Auge sind.

    Syrien, Iran, Nordkorea, (und wer noch?).

    Die müssen doch zu beseitigen sein!

    Eine Frechheit, dass die noch immer existieren!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Warum berichtet die TAZ nicht über die inzwischen bekannt gewordene milionenschwere deutsche Kriegshilfe für die syrische Opposition. Das ist heute in gut informierten deutschen Zeitungen nachzulesen. Das Auswärtige Amt schätzt die Gesamtstärke der bewaffneten Oppositionskräfte in Syrien auf mindestens 35 000 Personen. Deserteure der syrischen Armee machten davon einen Anteil von nur maximal 3000 Mann aus, obwohl Katar fürstlich dafür zahlt. Bei der Mehrzahl der Kämpfer soll es sich um Bewohner der umkämpften Gebiete handeln, die sich dem bewaffneten Widerstand angeschlossen haben. Sich gegen Bedrohungen von innen und außen zu verteidigen, ist das Recht eines jeden Landes. Bei diesem Krieg operieren ausländische Geheimdienste im Hintergrund. Die CIA- Präsenz hat US-Präsident Obama bereits bekannt gegeben. Die deutsche Regierung ist offenbar auch in die Kampfhandlungen involviert, weil sie die von einem deutschen Kriegsschiff gemachten Beobachtungen an Verbündete die aufseiten der "Rebellen" kämpfen weitergeleitet hat. Nach allem, was bis jetzt bekannt ist, haben Russland und China einen Unrechtskrieg verhindert. Und wenn die beiden Länder ,so ,den Hass der TAZ auf sich gezogen haben, dann sagt das sehr viel mehr über die TAZ.

  • HH
    Horst Hoppe

    Ich denke, dass die syrische Armee durchaus in der Lage ist, mit den auf syrischem Territorium operierenden westlichen Spezialkommandos ("Militärberater") sowie mit den im Westen als "Freiheitskämpfer" und "Oppositionelle" titulierten Söldner und Islamisten fertigzuwerden.

     

    Putin hat also recht, wenn er die Aufräumarbeit nach dieser offenbar gescheiterten US-Aggression den Syrern selbst überlässt - statt den Amerikanern und ihren türkischen Verbündeten per UN-Resolution einen Freibrief fürs Einmarschieren zu geben.

     

    Dann käme es nämlich zu einer humanitären Tragödie, die alles bisherige weit in den Schatten stellt und sich nur mit dem vergleichen lässt, was die Amerikaner durch solche Aktionen nachweislich im Irak und in Afghanistan angerichtet haben.

     

    Ich behaupte nicht, dass die Russen (und die Chinesen) hierin nicht ihre eigenen egoistischen Interessen verfolgen - aber gut, dass es sich so ergeben hat, dass sie "Nein" sagen. Hoffentlich bleiben sie dabei!

     

    Der schnellste Weg zum Frieden und zur Heilung Syriens ist die Niederlage der islamistischen Rebellen und ein Ende aller offenen und verdeckten NATO-Operationen auf dem Boden Syriens.

  • P
    pauli

    fair wäre es gewesen, daraufhinzuweisen, dass russlands syrienpolitik nicht auf etwas aufbaut, was im endeffekt immer die zivilbevölkerung trifft (sanktionen, militärintervention). so allerdings schwimmt man nur auf der flachen free pussy riot-welle mit.