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Punktlandung beim Asbest-Gutachten

■ 2. Gutachten: Sofortige Sanierung nicht nötig / Uni skeptisch

Die Frage nach der Asbest-Belastung der Räume im Gebäude GW II der Universität ist weiterhin offen. Zwar hat die Firma „Gefahrstoffe im Baubereich“ (GSB) in ihrem jetzt vorgelegten Gutachten die Sanierung der Räume als nicht vordringlich eingestuft, und die „Arbeitsgruppe Toxische Baustoffe“ beim Bausenator hat der Uni zu einer kleinen und billigeren Lösung geraten. Doch für Rektor, Personalrat und Sicherheits-Ingenieur der Uni ist dieses Ergebnis „höchst unbefriedigend“ oder auch „Schwachsinn“: „Das Gutachten hätte zu einem anderen Schluß als zu diesem kommen müssen“, heißt es. Nach wie vor besteht die Uni auf einer umfassenden Sanierung des durch einen Brand teilweise zerstörten und auch mit Asbest belasteten Gebäude. (die taz berichtete mehrfach).

Die GSB hat mit ihrem Gutachten eine Punktlandung hingelegt: 79 Punkte und damit Sanierungsdringlichkeitsstufe II schrieb sie dem Gebäude zu – das gleiche Ergebnis, das die gleiche Firma bereits bei der Erstellung des Asbest-Katasters für die Universität ermittelt hatte. Zwar fände sich in den bislang gesperrten Räumen in Wandfugen, in den abgehängten Decken und auf dem Teppichboden je nach Probenort „einige“ oder auch „viele“ Asbestfasern, aber für eine Bewertung mit 80 Punkten (sofortiger Sanierungsbedarf) und damit einer Korrektur des eigenen Urteils sah die GSB keinen Anlaß.

„Nach logischen Erkenntnissen hätte man in manchen Räumen auch zu einer Bewertung von über 80 Punkten kommen können“, meint Sicherheits-Ingenieur Joachim Förster. Wenn etwa ein Stück Mauerwerk auf dem Fußboden gefunden worden sei, könne dies doch sehr wohl als „grobe Beschädigung“ und damit als sofortiger Sanierungsbedarf klassifizert werden. „Wir wissen im Grunde nicht mehr als vor dem zweiten Gutachten“, sagt auch Vassiliki Breunig-Lyriti vom Personalrat. „Wir haben den Eindruck, hier wird das Risiko heruntergespielt. Das können wir nicht akzeptieren.“

Auch die Vorschläge, die aus dem zweiten Gutachten für die Baubehörde folgen, ließen sich nicht so einfach umsetzen, meint Sicherheitsingenieur Förster: Die „AG Tox“ hatte empfohlen, die Wandfugen mit „dauerelastischem Material“ zu verschließen, die Räume zu säubern und zu überprüfen und ein ähnliches Vorgehen auch in „angrenzenden Räumen mit artgleichen Asbestfunden“ durchzuführen. „Wenn wir das ernstnehmen, kommen wir auf über 50 sanierungsbedürftige Räume, das ist eine mittelgroße Maßnahme.“ Die Bewertung des Zweitgutachtens hat nach Försters Meinung „Systemfehler: Wie kann man sagen: Oben ist es dicht, wenn man auf dem Boden Asbest findet?“ Auch Uni-Rektor Jürgen Timm bewertete das Ergebnis als „keinesfalls zufriedenstellend“. Die „Notwendikeit der Sanierung von GW II besteht weiterhin dringend.“

Auch die Empfehlung der „AG Tox“, die betroffenen Räume einer „weniger intensiven Nutzung“ zu unterwerfen, stößt bei Förster auf Kritik. „Ich kenne doch unsere Nutzer, die bohren schon mal ein Loch in die Wand, auch wenn da ein Aufkleber vor Asbest warnt“. Asbest trete ja möglicherweise durch den „Pump-Effekt“ schon aus, wenn eine Tür kräftig geschlossen werde. Außerdem erreiche das vorgeschlagene Verfugen der Wände nicht die Abschnitte oberhalb der abgehängten Decken: Von dort aus riesele es also lustig weiter.

„Wenn wir hier eine teure Sanierung beginnen, dann machen wir es auch richtig“, meint Förster. Das heißt: Nicht nur die Löcher stopfen, sondern das gesamte Asbest aus den betroffenen Brandschutzwänden herausholen. Das kostet viel Geld – von 5 Mio Mark ist die Rede. Dafür wiederum streckt die Uni eine begehrliche Hand in Richtung des „Asbest-Topfes“ der Baubehörde für Sanierungsmaßnahmen aus. Richtig teuer wird es allerdings erst, wenn es an die von Rektor, Studierenden und Personal geforderte Gesamtsanierung des GW II geht – 35 bis 40 Mio Mark sind da im Gespräch, doch das seien „steinalte Zahlen“, heißt es aus der Bildungsbehörde - zu deutsch: Es wird nocht teurer. bpo

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