Prozess: Gully gegen Geldautomat
■ Wer hat den Geldautomat mit dem Gully zerstört? Gericht sucht Wahrheit
Der Geldautomat der Sparda-Bank wollte partout nichts hergeben. Da traf ihn die Strafe hart: Ein Gullydeckel zertrümmerte die Maschine morgens gegen sechs Uhr im September 1999.
Er habe damit nichts zu tun, verteidigte sich der Besitzer der Geldkarte, die die Polizei in dem Automaten fand. Der 36-jährige Elektrotechnik-Student Heiko D. erzählte vor dem Amtsgericht, der Strafbefehl über 1.000 Mark habe ihn völlig überrascht. Sein Portemonnaie samt Sparkassen-Karte sei ihm in der Nacht vor dem Vorfall im Falstaff abhanden gekommen. Er selbst komme deshalb nicht als Täter in Frage, sondern der mögliche Dieb oder Finder des Portemonnaies. Am Tag nach dem Kneipenbesuch habe er, nachdem er ausgeschlafen hatte, die Karte auch sperren lassen. Zudem behauptete er, dass es für ihn keinen Sinn mache, als Kunde der Sparkasse Geld bei der Sparda-Bank abzuheben.
Für den ermittelnden Kripo-Mann war der Fall dennoch klar: „Herr D. muss der Täter gewesen sein.“ Er verwies darauf, dass die PIN-Eingabe an dem Geldautomaten korrekt gewesen sei. Zudem gebe es die Aufnahmen der Überwachungs-kamera, auf denen der 36-jährige zu erkennen sei, wenn auch nur undeutlich und überwiegend von hinten. Der Elektrotechnik-Student meinte dazu, das mit der richtigen PIN-Nummer könne er sich nicht erklären, aber der Technik könne man nicht immer trauen.
Der Angeklagte hatte zu seiner Entlastung einen Freund als Zeugen benannt, mit dem er die lange Nacht verbracht hatte. Der Freund litt jedoch unter Erinnerungslücken. Auf die Fragen, ob er den Verlust der Börse in der Kneipe bestätigen könne und ob er seinen Freund in der Nacht mit dem Auto nach Hause gebracht habe, vermochte er keine Antwort zu geben: „Das ist alles so lange her.“
Der Angeklagte konnte sich überhaupt nicht mehr erinnern, auf welche Weise er in der besagten durchzechten Nacht nach Hause gelangt war.
Das Gericht vertagte die Verhandlung auf den 26. Juni. Dann soll auch die Frage geklärt werden, warum der Automat, in dessen elektronischer Dokumentation die richtige PIN-Nummer für diesen Vorgang gespeichert ist, damals kein Geld ausgespuckt hat. VV
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen