Prozess um www.hartplatzhelden.de: Das Röhren der Platzhirsche
Am Donnerstag klärt ein Gericht, wem der Amateurfußball gehört - Funktionären oder Fußballern. Der Streit entbrannte an der Web-Plattform www.hartplatzhelden.de.
BERLIN taz Der Streit schwelt bereits über ein Jahr. Es geht um die Frage, wem der Amateurfußball gehört. Die eine Partei beharrt darauf, dass er ihr gehöre, weil sie als Fußball-Verband den Spielbetrieb organisiere und die logistische Last trage. Die andere Seite, das Internetportal hartplatzhelden.de, glaubt wiederum, dem Württembergischen Fußballverband (WFV) stünden "keine Ausschließlichkeitsrechte am Amateurfußball zu", wie Rechtsanwalt Fabian Reinholz argumentiert. Der Amateurfußball gehöre den Protagonisten, also allein den Spielern in der Kreisklasse oder Bezirksliga. Niemandem sonst. Sie könnten mit ihren Filmchen tun und lassen, was sie wollten.
Auf der Internet-Seite können Kicker Videos hochladen. Zum Beispiel den 13-Sekunden-Schnipsel eines gewissen Ralf Ehresmann. Ein Schüler zielt beim Hallenfußball auf den Winkel, doch der kleine Torwart lenkt den Ball gekonnt ab. 31.375 User wollten sich verblüffenderweise diese Glanztat in schlechter Bildqualität ansehen. Dutzende von diesen harmlosen Szenen, die allenfalls fürs Familienfußballalbum taugen, finden sich auf hartplatzhelden.de. Nicht weiter schlimm, könnte man denken, doch der Verband unterstellt den Machern ein kommerzielles Interesse, schließlich steht eine GmbH hinter dem Projekt, "eine Kapitalgesellschaft" also, wie der WFV erkannt hat - und somit eine Unternehmen, das per se gewinnorientiert ist. Vor dem Landgericht Stuttgart hat der WFV bereits obsiegt, heute muss das Oberlandesgericht Stuttgart Recht sprechen - bzw. entscheiden, wer Platzhirsch auf dem Hartplatz sein darf.
Die Hartplatz-Macher führen nun ins Feld, dass die Seite bisher nur ein Zuschussgeschäft war, reine Liebhaberei und quasi ein Dienst am kleinen Ligabetrieb in Deutschland. Tatsächlich ist nicht klar, wie das Geschäftsmodell der Hartplatzhelden aussieht, mal davon abgesehen, dass sich bei einem florierenden Betrieb mit den Filmchen Werbebanner auf der Seite schalten ließen, die ein bisschen Geld einbrächten. Einer der Macher, Oliver Fritsch, auch Betreiber von indirekter-freistoss.de, "der Presseschau für den kritischen Fußballfreund", hat freilich in einem Artikel der Berliner Zeitung den taktischen Fehler begangen zuzugeben, dass es eine (wie auch immer geartete) Geschäftsidee gebe und er mit seinen Kompagnons "ins Risiko" gegangen sei.
Der Ton hat sich im Laufe der Zeit verschärft. DFB-Anwalt Rainer Koch wirft den Helden des Hartplatzes eine von "zahlreichen irreführenden und falschen Aussagen geprägte PR-Arbeit" vor. Im Grunde hält er deren Treiben für parasitär. Ob damit auch ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gemeint ist, ist unklar, jedenfalls springt der Journalist Jürgen Kaube den Beklagten im großen Stil bei. Es wirke "aufgeblasen", schreibt er, "wenn Amateursportfunktionäre ihre Medienrechte an fünfzehn Sekunden Pfullingen gegen Reutlingen schützen wollen, als handele es sich um Schalke gegen Bayern". Und weiter: "Aberwitzig zu behaupten, die nichtkommerzielle Internetplattform, die sich gerade so trägt, entwende dem Verband irgendwelche Leistungen." Er unterstellt dem WFV Neid.
Kaubes Text mag kein Glanzstück für unabhängigen Journalismus sein, aber das passende Leitmotiv scheint er den Klägern zu unterstellen. Denn der Verband wäre nie auf die Idee gekommen, so ein Projekt aufzuziehen, Basisnähe zu demonstrieren und den Geist der Zeit zu erfassen. Die Funktionäre waren wieder einmal hinten dran. Umso mehr wollen sie nun ihr Recht erzwingen. Das ist nicht neu. Dieses Muster liegt über dem DFB und seinen Landesdependancen wie ein schwerer, muffiger Teppich.
MARKUS VÖLKER
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