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Prozeß um Tod von Silvio Meier hat begonnen

■ Öffentlichkeit wurde ausgeschlossen / Protestkundgebung vor dem Gericht

Unter Ausschluß der Öffentlichkeit hat im Kriminalgericht gestern der Prozeß um den Tod des 27jährigen Hausbesetzers Silvio Meier begonnen. Während die drei Angeklagten drinnen zur Tat vernommen wurden, versammelten sich Silvios FreundInnen und politische MitstreiterInnen auf der Straße zu einer Kundgebung. Der ehemalige DDR-Oppositionelle war am 20. November 1992 auf dem U-Bahnhof Samariterstraße in Friedrichshain erstochen und zwei seiner Freunde schwer verletzt worden.

Vor einer Jugendstrafkammer stehen nun ein 18jähriger Schüler und zwei 17jährige Auszubildende, gleichfalls aus Friedrichshain kommend. Vor der Tat, so heißt es, hätten sie in rechtsradikalen Kreisen im Jugendclub „Judith Auer“ verkehrt. Den beiden in U-Haft sitzenden Hauptangeklagten wird Totschlag beziehungsweise versuchter Totschlag zur Last gelegt. Der dritte Angeklagte muß sich wegen Verdachts der Beteiligung an einem Angriff mit Todesfolge verantworten.

Den gestrigen Prozeßverlauf faßte Justizsprecher Bruno Rautenberg nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden Richter mit dürren Worten so zusammen: Die drei Angeklagten hätten sich „zur Sache eingelassen“. Auch daß mit einem Messer hantiert worden sei, hätten sie zugegeben. Mehr habe der Richter jedoch nicht sagen wollen, weil dies einer Tatbewertung vor dem Urteil gleichkäme. Die Vernehmung zum Lebenslauf der Angeklagten sei bewußt bis zum kommenden Freitag zurückgestellt worden, so Rautenberg, damit die beiden dem mit dem Leben davongekommenen Opfer nach ihrer Zeugenvernehmung zuhören könnten.

Am Vormittag hatten sich draußen über hundert zum Teil sehr junge, überwiegend szenetypisch schwarz gekleidete Männer und Frauen zu einer Kundgebung rund um ein großes Transparent versammelt. Aufschrift: „Über 60 faschistische Morde in zwei Jahren. Der Staat lenkt, die Justiz vertuscht. Kein Vergeben, kein Vergessen, greift ein!“ Was die AnhängerInnen antifaschistischer Gruppen am meisten empört, ist, daß die Staatsanwaltschaft nach wie vor jeglichen politischen Tathintergrund leugnet. Denn nicht nur für Silvios Freunde steht fest: Der 27jährige wurde von „zum Umfeld organisierter Nazis“ gehörenden Rechtsradikalen „ermordet“. „Und das“, so eine Kundgebungsrednerin, „wußte die Polizei von Anfang an.“ Wer so zusteche und dabei „Ihr linken Säue schreit“, der „will töten“. Auch daß Silvios Verlobte und seine Eltern in dem Verfahren aufgrund des Jugendgerichtsgesetzes nicht als Nebenkläger zugelassen worden sind, sei Indiz dafür, daß die Wahrheit „hinter verschlossenen Türen“ unter den Teppich gekehrt werden soll. „Die vermeintlichen Rechte der Mörder werden in unglaublicher Weise über die Interessen der Geschädigten gestellt.“ Der auf sechs Verhandlungstage anberaumte Prozeß ist bis Anfang Oktober terminiert. plu

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