Prozess im Iran: Anklage gegen US-Journalistin
Roxana Saberi, amerikanische Bürgerin iranischer Abstammung, wurde beim Kauf von Wein festgenommen. Jetzt steht sie wegen Spionage vor Gericht.
Im Iran hat am Montag ein Prozess gegen die iranisch-amerikanische Journalistin Roxana Saberi begonnen. Dies gab ein Sprecher der Justiz am Dienstag in Teheran bekannt. Die Journalistin stehe wegen Spionagetätigkeit unter Anklage, sagte Alireza Dschamschidi der Presse. Die Beweisaufnahme sei abgeschlossen, auch die Angeklagte habe ihr Plädoyer bereits vorgetragen, das Urteil werde bald, spätestens in zwei Wochen verkündet.
Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auf die Frage, ob Journalisten wenigstens Akteneinsicht erlaubt werde, sagte Dschamschidi, die Prozessbeteiligten könnten jederzeit die Akten einsehen. Doch es gebe kein Gesetz, das Journalisten den Zugang zu Gerichtsakten gestatten würde.
Die 31-jährige Journalistin wurde laut Aussage ihres Vaters, der mit seiner Familie in Fargo im US-Staat North Dakota lebt, am 1. Februar beim Kauf von einer Flasche Wein festgenommen. Sie lebt seit sechs Jahren im Iran und war für US-Medien und die britische BBC tätig. Sie wollte nach der Vollendung eines Buchs über den Iran noch in diesem Jahr in die USA zurückkehren, sagte ihr Vater.
Der Stellvertreter des Teheraner Staatsanwalts, Hassan Haddad, erklärte am 6. März, die Untersuchungen im Fall Saberi seien abgeschlossen, sie werde bald freigelassen. Und Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi erklärte, Saberis Aktivitäten seien seit 2006 illegal gewesen. In jenem Jahr sei ihre Pressekarte nicht verlängert worden, damit sei ihr nicht erlaubt gewesen, weiterhin Informationen und Material zu sammeln.
Am 24. März teilte Saberi ihrem Vater in einem Telefongespräch aus dem Gefängnis mit, dass sie im Falle der Fortsetzung ihrer Haft in einen Hungerstreik treten werde. "Ich bin sehr besorgt, ich spüre, dass sie mit dem Gedanken spielt, Selbstmord zu begehen", sagte der Vater der Nachrichtenagentur Reuters.
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Politiker haben sich bislang um die Freilassung von Saberi bemüht, darunter auch US-Außenministerin Hillary Clinton. Sie sagte in einem ABS-Interview, sie werde alle Hebel in Bewegung setzen, um sie frei zu bekommen.
Anfang April reiste Saberis Vater in den Iran und forderte die Freilassung seiner Tochter. Bis dahin werde er das Land nicht verlassen, sagte er der Fernsehnachrichtenagentur Aptin am 8. April. Am selben Tag erklärte Haddad, Roxana Saberi habe unter dem Vorwand journalistischer Arbeit spioniert. Die Angeklagte habe diese Vorwürfe gegen sich eingeräumt. Saberis Anwalt, Adololsamad Chorramschahi, zeigte sich von dem Spionagevorwurf überrascht und kündigte an, er werde Akteneinsicht beantragen und dann voraussichtlich auch seine Mandantin treffen. Bis dahin könne er sich zu dem Fall nicht äußern. US-Außenministerin Clinton äußerte sich "tief besorgt" über die Anklageerhebung und forderte abermals die sofortige Freilassung der Journalistin.
Spionagetätigkeit und Kollaboration mit ausländischen Geheimdiensten sind Vorwürfe, die seit geraumer Zeit gegen sämtliche Kritiker des Regimes angewendet werden. Die iranische Staatsführung ist zwar zu der Meinung gelangt, dass die Gefahr eines militärischen Angriffs auf das Land nicht mehr aktuell sei, wohl aber die einer "sanften Revolution". Es herrscht geradezu eine panische Angst, der Westen könnte durch die zahlreichen Auslandssender und einheimische Kollaborateure auf die iranische Gesellschaft Einfluss nehmen und damit die Basis der herrschenden Macht unterhöhlen. Kein Wunder, dass jede Verbindung zum Ausland unter Spionageverdacht gerät.
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