Prozess gegen südafrikanische Bergleute: Mordanklage wird fallen gelassen
Nach dem Polizeimassaker an 34 Bergleuten in Südafrika sollten die Überlebenden wegen Mordes angeklagt werden. Nach Protesten wird die Anklage jetzt doch fallengelassen.
JOHANNESBURG/PRETORIA dpa/taz | Nach der blutigen Gewaltwelle in einer südafrikanischen Platinmine will die Staatsanwaltschaft die Mordanklagen gegen 270 Kumpel vorerst fallenlassen. Bei der nächsten Anhörung am Montag würden die inhaftierten Minenarbeiter auch freigelassen, teilte die Staatsanwaltschaft am Sonntag mit. Ein genauer Termin für die Anhörung wurdejedoch nicht genannt. Die Mordanklagen hatten für Empörung in Südafrika gesorgt.
Nomgcobo Jiba, stellvertretende Leiterin der Anklagebehörde, sagte Reportern in Pretoria, die Anklagen könnten jedoch erst dann formell widerrufen werden, wenn die Ermittlungen der von Präsident Jacob Zuma eingesetzten Untersuchungskommission abgeschlossen seien. Wenige Stunden zuvor hatte Zuma die Freilassung der Kumpel noch abgelehnt.
Den Minenarbeitern war der Tod von 34 Kollegen während eines wilden Streiks in der Lonmin-Mine westlich von Pretoria zur Last gelegt worden. Die Bergleute waren bei den Ausschreitungen am 16. August aber von der Polizei getötet worden. Die Ordnungskräfte hatten angegeben, in Notwehr gehandelt zu haben.
Zehn weitere Menschen waren bereits in den vorangegangenen Tagen bei Zusammenstößen gestorben. Die Ausschreitungen gelten als die schlimmste Gewaltwelle dieser Art seit dem Ende des Apartheid-Regimes 1994. Die Arbeiter hatten eine deutliche Lohnerhöhung verlangt.
Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin mitgeteilt, dass sich all diejenigen, die an den Unruhen teilgenommen hätten, mitschuldig am blutigen Ausgang der Zusammenstöße gemacht hätten. Die Mordanklagen gegen die Kumpel hatten nach Aussage von Justizminister Jeff Radebe „Schock, Panik und Verwirrung“ in der südafrikanischen Gesellschaft ausgelöst.
Die von den Anwälten der Bergleute geforderte Freilassung hatte Präsident Zuma am Samstag noch abgelehnt. Er wolle nicht die Arbeit der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission stören, hatte sein Büro mitgeteilt.
Das britisch-südafrikanische Unternehmen Lonmin fördert über zehn Prozent des weltweiten Platinbedarfs. In Südafrika befinden sich etwa 80 Prozent der weltweit bekannten Reserven des Edelmetalls, das unter anderem zur Herstellung von Katalysatoren, Laborgeräten und Schmuckwaren verwendet wird.
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