Prozess gegen Waffenlobbyist: Schmieriges Geld
Nach zehn Jahren Flucht steht Karlheinz Schreiber wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Der frühere Waffenlobbyist zeigt sich gut gelaunt und bricht sein Schweigen.
Es wirkt, als sei dieser Prozess aus seiner Zeit gerissen worden, aus einer längst vergilbten Vergangenheit. Der Staatsanwalt verliest die Anklageschrift vom 9. 3. 2000. Er eilt durch Verträge von Rüstungsfirmen, die längst vom Markt verschwunden sind. Er hastet durch zwanzig Jahre alte Überweisungen, penibel aufgelistet in D-Mark. Die Verteidiger reden von Politikern, die schon lange nicht mehr leben. Von Franz Josef Strauß oder Ludwig Huber. Huber war einmal bayerischer Finanzminister, in den Siebzigern.
Karlheinz Schreiber, 75, der Angeklagte, ist seit diesen für ihn goldenen letzten Jahren der alten Bundesrepublik selbst recht alt geworden. Seine verbliebenen Haare sind dünn und weiß, seine Haut fleckig. Über 14 Jahre nachdem er vor der Justiz erst in die Schweiz, dann nach Kanada floh, begann am Montag vor dem Augsburger Landgericht der Prozess gegen den früheren Rüstungsberater. Als er den Gerichtssaal betritt, lächelt Schreiber freundlich in die Kameras.
Schreiber vermittelte in den 1980er- und 90er-Jahren deutschen Rüstungsfirmen für Millionenprovisionen lukrative Aufträge. Ob bayerische Hubschrauber für die kanadische Küstenwache, Airbus-Jets für das thailändische Militär oder "Fuchs"-Spürpanzer für Saudi-Arabien, Schreiber verdiente mit. Die Zahlungen gingen an Tarnfirmen in Liechtenstein und Panama. Von da an wird es neblig. 1 Million Mark aus Schreibers Kassen landeten beim damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep und lösten vor zehn Jahren den berühmten Parteispendenskandal aus. Schreiber will auch 100.000 Mark an den heutigen Finanzminister Wolfgang Schäuble gezahlt haben. Beweisen konnte er das nie.
Die Staatsanwaltschaft erwähnt den Namen Schäuble gar nicht. Sie wirft Schreiber vor allem vor, zwischen 1988 und 1993 24,1 Millionen Mark an Steuern hinterzogen zu haben. Schreiber habe auch Beihilfe zu Betrug und Veruntreuung geleistet und den Verteidigungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls bestochen. Schreiber lässt die Vorwürfe durch seine Anwälte bestreiten.
Schreiber habe mit seinen Tarnfirmen ein "für das Finanzamt undurchschaubares Lügengebäude" errichtet, sagt Staatsanwalt Marcus Paintinger. Man müsse die damaligen "politischen Rahmenumstände" beachten, meint dagegen Schreibers Anwalt Jens Bosbach. "Eine Bewertung allein aus heutiger Sicht wäre zu kurz gegriffen." Die Richter müssten auch berücksichtigen, so Bosbach, "welches Gedankengut und welche Gepflogenheiten" herrschten "in der Zeit des Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß."
Karlheinz Schreiber hat eine offizielle Erklärung zum Prozess mitgebracht. Seine Anwälte lesen sie vor. "Derartige Geschäfte können nicht durch die Vermittlung einer Einzelperson zustande kommen", erklärt Schreiber. "Wo man hinsieht, waren Politiker involviert." Er habe eine wichtige Rolle gehabt, allerdings nur "bei nicht mir gehörenden Geldern", meint Schreiber. "Bei mir sollten die Gelder nicht bleiben." Und: "Es ging um gezielte Einflussnahme." Er könne nur leider nicht beweisen, welcher Politiker denn von ihm Geld genommen habe, so Schreiber. Dann benennt er den großen Hintermann hinter seinen Geschäften. Eine echte Sensation. Hätte Schreiber das vor 25 Jahren enthüllt.
"Franz Josef Strauß war der wichtigste Partner auf deutscher Seite", lässt Schreiber sagen. "Der war an allen Geschäften beteiligt." Bis auf die berühmte Lieferung von 36 "Fuchs"-Spürpanzern an Saudi-Arabien. Dass Strauß den Abschluss der von ihm eingefädelten Airbus-Deals nicht mehr erleben könne, "bedauere ich außerordentlich", meint Schreiber.
Schreiber droht in seiner Erklärung schon einmal, sich im Lauf der Hauptverhandlung noch weitergehend zu äußern. Da werden seine Geschäftspartner von damals sicher erzittern. Franz Josef Strauß, Ludwig Huber und die anderen. Wo auch immer sie jetzt sein mögen.
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