piwik no script img

Prozess gegen Timoschenko in der Ukraine"Sorge über Rechtsstaatlichkeit"

Der Antrag auf Aufhebung der Untersuchungshaft für Julia Timoschenko wurde abgelehnt. Tausende demonstrierten gegen die Inhaftierung der früheren Ministerpräsidentin.

Protestcamp gegen die Inhaftierung Julia Timoschenkos in Kiew. Bild: reuters

KIEW dpa/rtr/dapd | In dem umstrittenen Prozess gegen die ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hat das Gericht in Kiew eine Aufhebung der Untersuchungshaft abgelehnt. Für den von der Verteidigung beantragten Schritt gebe es keinen Grund, entschied Richter Rodion Kirejew. Das berichteten Medien in Kiew am Montag aus dem Gerichtssaal.

Die EU hat sich besorgt über die Verhaftung Timoschenkos geäußert. Von einem Land, dass den EU-Beitritt anstrebe, erwarte man hohe Standards, hieß es am Montag in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und des EU-Kommissars für Nachbarschaftspolitik, Stefan Füle.

Die Verhaftung sei "ein Anlass zur Sorge über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine". Ashton und Füle betonten die Notwendigkeit von "fairen, transparenten und unabhängigen Gerichtsprozessen". Von der Ukraine, die ein Assoziierungsabkommen mit der EU anstrebt, erwarteten sie "hohe Standards".

Der Prozess gegen die 50-Jährige war unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen fortgesetzt worden. Timoschenko drohen bis zu zehn Jahre Haft. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben am Montag Tausende Menschen gegen die Inhaftierung protestiert. Die Demonstranten versammelten sich vor dem Gerichtsgebäude und blockierten die Hauptverkehrsader von Kiew.

Die des Amtsmissbrauchs angeklagte 50-Jährige war am Freitag wegen Missachtung von Verfahrensregeln inhaftiert worden. Sie hatte sich geweigert aufzustehen, bevor sie sich an das Gericht wandte, und den Vorsitzenden Richter mehrfach beleidigt. Auf Anordnung des Gerichts wurde Timoschenko daher am Freitag von Polizisten umringt und aus dem Gerichtssaal gebracht.

Timoschenko wird Machtmissbrauch im Zusammenhang mit einem Gas-Abkommen mit Russland aus dem Jahr 2009 vorgeworfen. Sie hat die Vorwürfe zurückgewiesen und wirft Präsident Viktor Janukowitsch vor, sie mithilfe des Gerichtsverfahrens an der Teilnahme von Wahlen abzuhalten zu wollen.

Der Richter hatte die Haft am Freitag nach wiederholten Störungsversuchen der Oppositionsführerin angeordnet. Die Entscheidung gegen die Galionsfigur der pro-westlichen Orangenen Revolution von 2004 stößt international auf Kritik. Dagegen sagte die Staatsanwaltschaft, an den Gründen für die Haft habe sich nichts geändert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • B
    Benz

    Tja, es ist eben immer die alte Leier: Kaum steht ein prowestlicher Politiker aus Osteuropa wegen Korruption oder sonstwas vor Gericht, wird er in Westeuropa als Held gefeiert: Wer prowestlich/antirussisch ist, könne doch unmöglich korrupt sein, völlig ausgeschlossen!

     

    Timoschenko sich ihren Spitznamen ''Gasprinzessin'' dank ihren krummen Gasgeschäften zurecht verdient.

  • D
    Demokrat

    Warum Sorge um Rechtsstaatlichkeit? In meinen Augen ist die Ukraine vorbildlich in Sachen Rechtsstaatlichkeit. In Deutschland würden solche Schwerkriminellen wie Timoschenko, aber auch wie Chodorkowski in Russland doch nie ins Gefängnis kommen.

     

    Ich fände es gut wenn Russland und Ukraine zusammen arbeiten würden und Timoschenko auch ins Straflager zu Chodorkowski verfrachten würden!

  • KF
    Klaus From

    Diese Frau ist hoch umstritten, mit Sicherheit nicht die gute und zu unrecht verfolgte Person die hier gezeichnet wird. Ich möchte daran erinnern, Frau Timoschenko war bevor sie in die Politik einstieg wesentlich im Energie - Gashandel tätig und wurde unter anderem von Russland wegen aktiver Korruption über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben - die damals einhellige Mainstream-Meinung des Westens: ein russisches Komplott gegen die westlich orientierte Politikerin, damals pro-westliche Premierministerin der Ukraine. Das ihr früherer Partner im Energiegeschäft eben wegen aktiver Korruption eine langjährige Haftstrafe absitzt sollte uns jedoch zu denken geben ... und zwar nicht in Russland, in den USA ... auch eine politische Verschwörung gegen JT?

     

    Ich hatte Gelegenheit in der Ukraine zu arbeiten und mir wurde glaubhaft versichert und aufgezeigt, die Regierung Timoschenko war hochgradig korrupt. Allein im Hafen von Odessa rechnete man mit einer Million € von Bestechungsgeldern täglich ... und das meiste ging nach Kiew ...

     

    Also keine Krokodilstränen für diese Frau ... auch in Deutschland wäre sie bei ihrem Verhalten vor Gericht von jedem Richter wegen Missachtung des Gerichts belangt worden ...