Prozess gegen Sprinter Pistorius: Gericht lässt Berufung zu
Der Staatsanwaltschaft reichen fünf Jahre Haft für Oscar Pistorius nicht aus. Sie will den beinamputierten Sprinter wegen Mordes verurteilt sehen.
PRETORIA afp/ap | Der Prozess gegen den wegen Totschlags zu fünf Jahren Haft verurteilten südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius geht in die zweite Runde. Die Richterin Thokozile Masipa gab am Mittwoch in Pretoria einem Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft teilweise statt. Die Anklage will durchsetzen, dass Pistorius im Zusammenhang mit der Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp wegen Mordes verurteilt wird.
Das oberste Berufungsgericht muss nun prüfen, ob mit dem Urteil wegen Totschlags das Gesetz korrekt angewendet wurde. Masipa ließ dagegen keine Berufung gegen die fünfjährige Haftstrafe zu. Die Staatsanwaltschaft hatte mindestens 15 Jahre Gefängnis gefordert.
Pistorius war Ende Oktober nach einem weltweit mit Spannung verfolgten Prozess wegen Totschlags zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er könnte bereits nach zehn Monaten aus dem Gefängnis entlassen und unter Hausarrest gestellt werden. Der 28-Jährige hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag 2013 in seinem Haus durch die geschlossene Toilettentür erschossen. Er beteuert, hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und in Panik geschossen zu haben.
Nach südafrikanischem Recht entscheidet die Richterin selbst, ob sie eine Berufung gegen ihr eigenes Urteil zulässt. Bei der Anhörung zum Berufungsantrag am Dienstag hatte Chefankläger Gerrie Nel Masipas Urteil als „schockierend unangemessen“ bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft warf Masipa vor, Urteil und Strafmaß beruhten auf einer falschen Auslegung des Gesetzes. Dieses verlange, dass ein Angeklagter wegen Mordes verurteilt werden müsse, wenn er habe vorhersehen können, dass er mit seinen Handlungen jemanden zu Tode bringen könnte und sie trotzdem fortgesetzt habe.
Die Verteidigung hatte dagegen beantragt, Masipa solle die Einwände der Staatsanwaltschaft zurückweisen. Deren Argumente seien fehlerhaft. Die Richterin habe das Gesetz korrekt angewendet. Urteil und Strafmaß sollten nicht überprüft werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!