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Prozess gegen Pussy RiotStaatsanwalt fordert drei Jahre Haft

Im Prozess gegen den russische Punkband Pussy Riot fordert der Staatsanwalt drei Jahre Haft. Die drei Frauen hätten die Gefühle von Gläubigen grob verletzt.

Hinter Gittern: Die drei angeklagten Pussy-Riot-Musikerinnen beim Prozess in Moskau. Bild: dpa

MOSKAU dpa | Im umstrittenen Moskauer Prozess gegen die Punkband Pussy Riot hat die Staatsanwaltschaft jeweils drei Jahre Haft wegen Rowdytums aus religiösem Hass für die drei Angeklagten gefordert. Die Frauen hätten die Gefühle von Gläubigen absichtlich und grob verletzt, sagte der Staatsanwalt am Dienstag vor dem Chamowniki-Gericht. Mit dem beantragten Strafmaß blieb die Anklage unter der Höchststrafe von sieben Jahren Lagerhaft.

Die Schuld von Maria Aljochina (24), Nadeschda Tolokonnikowa (22) und Jekaterina Samuzewitsch (29) sei erwiesen, sagte der Staatsanwalt bei der live im Internet übertragenen Sitzung. Die Musikerinnen hatten ihr etwa einminütiges Punkgebet gegen Kremlchef Wladimir Putin und Patriarch Kirill in der wichtigsten russischen Kathedrale als politische Aktion verteidigt.

Die Frauen - zwei von ihnen Mütter kleiner Kinder - hatten die Vorwürfe als absurd und unrechtmäßig zurückgewiesen. Sie hätten die Gefühle russisch-orthodoxer Christen mit der Aktion am 21. Februar nicht verletzen wollen. Der russische Präsident Putin hatte zuletzt angemahnt, die Frauen dafür nicht zu hart zu bestrafen.

Menschenrechtler und unabhängige Juristen sowie die russische Opposition sprechen von einem beispiellosen Justizskandal in der jüngeren Geschichte des Landes. Der Prozess stehe für politisch-religiöse Willkür wie im Mittelalter, hieß es in Kommentaren. Die Frauen sind von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International als politische Gefangene anerkannt.

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6 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Free the Pussen

    Ja, das nächtliche Glockengeläut geht mir auch auf den Geist. Aber die orthodoxen Kirchen machen das nicht, die haben weder Uhren auf ihren Türmen noch läuten die regelmässig.

     

    Es geht hier überhaupt nicht um den Staatschef. Was einige verzogene Moskauer Mädchen von Putin halten, interessiert mich absolut nicht. Hunderttausende Russen sind gegen Putin, glauben Sie echt, gegen Putin zu sein sei etwas Besonderes? Oder gar strafbares?

     

    Es geht hier um ein Hassverbrechen: Aus Hass gegen Andersdenkende, gegen eine bestimmte soziale Gruppe (die Gläubigen) wurde dieses Verbrechen begangen, hatten die Pussen die Menschenwürde der Gläubigen grob verletzt. Mord, z.B. an einem Priester, wäre dann die nächste Stufe.

  • M
    marie

    spätestens seit den büchern "in putins land und russisches tagebuch" von anna politkovskaja, ist eigentlich klar,wie sehr putin im gerichtssaal mitbestimmt.

    in diesem fall fühlte er sich persönlich beleidigt und das hatte folgen.

    die rolle der kirche,wenn man sie denn ernst nimmt ,sollte ja eigentlich eine versönliche sein,das heißt ,es gibt immer die mögichkeit einer disskusion,da aber die russische kirche total mit dem regiem verfilzt ist,nimmt kirche jede gelegenheit war ,sich eines putins würdig zu erweisen. das gleiche sieht man ja auch in anderen ländern,wo kirche diktatoren unterstützt.

    man mag zu kirche stehn,wie man will,es ist auf alle fälle lächerlich,wegen einer solchen lappalie drei menschen einzusperren noch dazu,wenn es sich um frauen handelt,die kleine kinder haben.

  • FT
    Free the Pussys

    Welchen Respekt vor Andersdenkenden zeigt den die Kirche mit ihrem morgendlichen Glockegeläut an Sonntagen würden manche jetzt sagen ? Aber darum geht es doch hier überhaupt nicht, es geht um Kritik am Staatschef, es geht um Gewaltenteilung zwischen Kirche und steht...Free Pussy Riot !!

     

    achso ja und nochein dreifaches doffdööööö für "Hassverbrechen"...was ist dann Mord und Totschlag für Sie, wenn das schon ein Hassverbrechen ist.

  • B
    Benz

    @Pater Brown

    Ja, die Kirche hat schwere Fehler begangen. Besonders die Katholische, man denke etwa an die Kreuzzüge, Hexenverfolgungen und Zwangsbekehrungen (Dinge, die es in der Orthodoxen Kirche nie gab).

     

    Ich kann ihre Kritik also nachvollziehen. Nun ist aber der entscheidende Unterschied zwischen Ihnen und den Pussen, dass Sie nicht in Kirchen rumhopsen, sondern Ihre Sicht der Dinge zivilisiert vorbringen. Ich begrüsse das sehr und wünschte mir, dass sich Subjekte wie die Pussen ein Vorbild an Leuten wie Ihnen nehmen.

  • PB
    Pater Brown

    @ Benz: Sie armer Mensch! Die Religion hat Ihre "Gläubischen" mit ihrem Aberglauben jahrtausendelang abgestumpft und degradiert und die anderen mit Feuer und Schwert auszurotten versucht. Fortschritt und Kirche schließen sich aus!

  • B
    Benz

    Die Täter haben die Gefühle und Menschenwürde der Gläubigen ohne Zweifel grob verletzt, zeigten keinerlei Respekt vor Andersdenkenden.

     

    Ein solches Hassverbrechen, finde ich, müsste mit mehr als nur 3 Jahren bestraft werden. Nach dem russ. Gesetz wären auch 5 Jahre möglich gewesen.

     

    Aber am wichtigsten ist: RU stellt sich der Verblödung, Abstumpfung und kulturellen Degradierung entgegen, ahndet gesellschaftsfeindliches Verhalten. Das ist ein Fortschritt, ein Schritt auf dem Weg zur Gesundung der russ. Gesellschaft. Insgesamt kann man mit dem bisherigen Prozessverlauf zufrieden sein.