Prozess gegen Neuköllner Neonazis: Im Gefängnis verquatscht
Im August startet der Prozess gegen zwei Hauptverdächtige des rechten Terorrs in Neukölln. Einer der Täter entlarvte sich wohl selbst.
Die beiden Neonazis müssen sich in dem am 29. August beginnenden Prozess für die Brandstiftungen an den Autos des Linken-Politikers Ferat Kocak und des Buchhändlers Heinz Ostermann in der Nacht des 1. Februar 2018 verantworten. Vor allem die Brandstiftung bei Kocak hätte dabei auch tödlich enden können: Direkt neben dem brennenden Auto, das unter einem Carport am Haus abgestellt war, verlief die Gasleitung in der Hauswand.
Erhärtet hatte sich die Anklage gegen Tilo P. durch eine Aussage, die er im November vergangenen Jahres in Untersuchungshaft gegenüber einem Gesinnungsgenossen getätigt haben soll und die der Verfassungsschutz abschöpfte. Die Behörden wollten ihm „jetzt auch noch wegen den anderen Sachen was anhängen“, soll P. gesagt haben – dabei habe er doch „nur Schmiere“ gestanden.
Die Ankläger gehen davon aus, dass mit „den anderen Sachen“, die Neuköllner Terrorserie mit mehr als 70 Straftaten, darunter etwa 20 Brandstiftungen, meint. Wie der Verfassungsschutz von der Unterhaltung erfuhr, ist nicht bekannt; die Erkenntnisse fasste er in einem sogenannten Behördenzeugnis zusammen.
Der Prozess ist zunächst für zehn Verhandlungstage bis Ende des Jahres angesetzt. Die Generalstaatsanwaltschaft will 90 Zeugen hören. Tilo P. und Sebastian T. wollten sich nach Aussage ihrer Verteidiger zu den Vorgängen nicht äußern. T. wird darüber hinaus vorgeworfen, bei staatlichen Coronahilfen betrogen und staatliche Hilfen für eine untervermietete Wohnung erschlichen zu haben.
Die Ankündigung des Prozessauftakts fällt zwei Tage vor den Auftakt des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die Taten des Neukölln-Komplexes und die Behördenversäumnisse zischen 2009 und 2021 in den Blick nehmen soll. (mit dpa)
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