Prozess gegen Münchener U-Bahnschläger: "Am Ende einen Kick"
Der Prozess gegen zwei Männer, die in der U-Bahn einen Renter zusammengeschlagen haben sollen, beginnt mit Geständnissen und Entschuldigungen.
MÜNCHEN taz Spyridon L. müht sich. Das Deutsch ist gebrochen, aber er redet, antwortet auf die Fragen des Richters und des Staatsanwalts, manchmal mit Unterstützung des griechischen Dolmetschers. "Ein, zwei Fäuste - und am Ende einen Kick. Ich konnte in diesem Moment nicht denken. Sein Gesicht ich habe gar nicht gesehen." Mit Geständnissen und Entschuldigungen hat am Montag der Prozess gegen die beiden Burschen begonnen, die am 20. Dezember 2007 an der Münchner U-Bahn-Haltestelle Arabellapark den 76-jährigen Pensionär Hubertus N. beinahe zu Tode getreten hatten. Die beiden sind wegen versuchten Mordes angeklagt.
Während der in München geborene Türke Serkan A. eine Erklärung von seinem Anwalt verlesen lässt und dem Prozess ruhig folgt, ist dem in Thessaloniki geborenen Spyridon L. die Anspannung anzumerken. Vor einem halben Jahr soll er den Kopf von Hubertus N. laut Anklageschrift "nach Art eines Fußballers" getreten haben. Stockend schildert der inzwischen 18-Jährige, wie er sich am Nachmittag des 20. Dezembers mit Serkan A. betrunken hat und schließlich den Streit mit dem Pensionär begann.
Sie hätten in der Spielhalle einige Runden gezockt und dazu getrunken. Mit jeweils acht Halben intus seien sie dann kurz vor zehn in die U-Bahn gestiegen. Als Hubertus N. dort Spyridon anspricht wegen einer Zigarette, die sich der Grieche ansteckt, da fängt der Streit an. "Hurenbastard", habe er den Mann beschimpft. "Dann hab ich ihn geschlagen. Es tut mir leid. Ich habe an gar nichts gedacht in dem Augenblick." Das sei nicht ungewöhnlich, ab vier bis fünf Bier werde er oft aggressiv. Ein paar Tage nach der Tat hätte er dann mit Serkan A. Zeitung gelesen. "Boah, der ist 76, der könnte mein Opa sein", habe er sich dabei gedacht und ab da jeden Tag gebetet, dass der Mann nicht sterbe oder im Rollstuhl bleibe.
Bier und Aggression haben Spyridon in den letzten Jahren immer wieder in psychiatrische Behandlung gebracht. Seine psychotischen Zustände wurden zeitweise mit Haldol und Diazepam behandelt. Am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung