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Prozess gegen Ex-PostchefZumwinkel gesteht

Der Ex-Postchef räumt ein, über 900.000 Euro an Steuern hinterzogen zu haben - und entschuldigt sich für den "größten Fehler seines Lebens". Das Urteil gibt es am Montag.

Jetzt ist es offiziell: Zumwinkel lagerte ein Teil seines Vermögens unversteuert im idyllischen Vaduz in Liechtenstein. Bild: reuters

BOCHUM taz Im Prozess um Steuerhinterziehung über eine Stiftung in Liechtenstein hat der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Post, Klaus Zumwinkel, ein Geständnis abgelegt. Bereits am ersten Prozesstag bekannte sich der Bundesverdienstkreuz-Träger schuldig, allein von 2002 bis 2006 insgesamt 917.361 Euro Einkommenssteuer sowie 50.454 Euro Solidaritätszuschlag unterschlagen zu haben. "Das war der größte Fehler meines Lebens", sagte Zumwinkel vor der 12. großen Strafkammer des Bochumer Landgerichts.

Der "Manager des Jahres" 2003 räumte ein, bereits 1986 im liechtensteinischen Vaduz die "Devotion Familiy Foundation" (Familienstiftung Hingabe) gegründet zu haben, um in der Bundesrepublik weniger Steuern zahlen zu müssen. "Ich war der Ansicht, dass schon einmal versteuertes Geld nicht noch einmal versteuert werden sollte." Das Vermögen der "Familiy Foundation", die mit einem Stiftungskapital von nur 30.000 Schweizer Franken ausgestattet war, belief sich Ende 2006 auf genau 11.893.007, 71 Euro.

Dabei ist der Fall Zumwinkel nur einer von hunderten Verfahren, die von der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Schwerpunktstaatsanwaltschaft Bochum eingeleitet wurden. Auf DVDs mit Kundendaten der exklusiven liechtensteinischen Privatbank LGT, die der Bundesnachrichtendienst BND seinem Informanten Heinrich Kieber abkaufte, basieren über 450 bis heute eingeleitete Strafverfahren, über 110 weitere Steuerhinterzieher zeigten sich selbst an. Bis heute wurden über 147 Millionen Euro Steuern nachgezahlt.

Auch Zumwinkel betonte, er habe nach der publikumswirksamen Durchsuchung seiner Kölner Villa vor laufenden Fernsehkameras sofort mit der Steuerfahndung kooperiert und seine "Steuerschulden nebst Zinsen" bezahlt. "Wenn ich alles abziehe, was ich schon bezahlt habe und noch bezahlen werde", sagte der einstige Berater der Bundesregierungen Schröder und Merkel, betrage sein Vermögen rund acht Millionen Euro. Hinzu käme noch eine Burg am Gardasee, deren Wert Zumwinkel auf etwa fünf Millionen Euro schätzte, eine Yacht und zwei Autos. Die "größte Strafe" hätte er und seine Familie aber schon erlitten, klagte der Ex-Postchef: "Es gab persönliche Bedrohungen, Brief- und Telefonterror, Hausbelagerungen und persönliche Verfolgungen."

Gleichzeitig gab sich der ehemalige Spitzenmanager aber erstaunlich selbstbewusst: So belehrte er den Vorsitzenden Richter Wolfgang Mittrup, sein liebsten Hobby sei nicht "Bergwandern", sondern "Bergsteigen". Wie zuvor die Staatsanwaltschaft hatte Mittrup selbst schon zu Prozessbeginn betont, zwischen Gericht und Verteidigung habe es keinen Deal über das Strafmaß gegeben.

Insider berichten dagegen hartnäckig, Zumwinkel müsse lediglich mit einer Haftstrafe zwischen einem Jahr und sechs bis acht Monaten sowie eine Geldauflage in Millionenhöhe rechnen. Dabei schien dem Ex-Postchef zunächst sogar Gefängnis zu drohen: Die Ermittler hatte ihm zunächst Steuerhinterziehung in Höhe von 1,2 Millionen Euro vorgeworfen. Ab einem Schaden von mehr als einer Million Euro können Strafen üblicherweise nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, entschied der Bundesgerichtshof noch im Dezember.

Das Bochumer Gericht aber erklärte einen Teil der Vorwürfe für verjährt -- und will am kommenden Montag nicht nur die Plädoyers hören, sondern bereits das Urteil fällen.

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7 Kommentare

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  • E
    emil

    Noch ein Beispiel zum Thema Konten, Steuern u.s.w. sind die Konten, die die Citibank für die Familie des verstorbenen nigerianischen Diktators Abacha unterhält. Mit der Hilfe von Banken hat der Ex-Diktator Abacha Nigeria ca. 5.000.000.000 (fünf Milliarden) US-Dollar gestohlen und dem Land gleichzeitig Zig-Milliardenschulden aufgebürdet.

     

    Kapitalberatungsunternehmen wie die KPMG haben sich sogar darauf spezialisiert, wie Unternehmen Staaten Steuergelder am geschicktesten vorenthalten können.

  • A
    Amos

    Man kennt es doch. Man muss entweder Macht oder Einfluss haben um billig davon zu kommen. Optimal ist natürlich, wenn man beides hat.

  • B
    Burkart

    Dieses Verfahren ist mehr als eine Frace. Da werden ca. 250.000 Euro herausgenommen damit die Grenze von 1.000.000 Euro nicht überschritten wird, weil dann ein anderes Strafmaß gelten würde. Diese herausnahme von 250.000 Euro wird gerechtfertig, das dies schon verjährt wäre und zwar um einen Tag. Da wird uns eine Verjährungsfrist von 5 Jahren hingestellt. Nur bei einer Steuerhinterziehung tritt halt die Verjährung laut Abgabenordnung erst nach 10 Jahren ein. Laut Gesetz tritt eine 5 jährige Verjährung bei einer leichtfertigen Verkürzung ein ($ 169 AO). 250.000 sind also bei einem Herrn Zumwinkel eine leichtfertige Steuerverkürzung. In diesen Genuss kommen auch nicht viele in diesem Lande, und warum auch? Sowas kann man auch als eine Strafvereitelung von Amts wegen ansehen. Es stellt sich sowieso schon lange die Frage, ob mit unserer Justiz überhaupt ein Rechtsstaat zu machen wäre, vorausgesetzt der wäre gewollt. Es gibt eine Menge die nicht für unsere Justiz sprechen.

  • E
    emil

    Sogenannte Steueroasen nenne ich lieber Kapitalsümpfe, in denen sich unnötig viel Wasser sammelt und Blutsaugende Stechmücken (vielleicht auch Heuschrecken) nährt. Dazu gehören dann auch Konten, oder Konten-Cluster auf denen Zig-Millionen US Dollar oder ähnliche Werte je Person "lagern".

     

    Also: Kapitalsümpfe austrocknen! Weltweit! Inklusive Aufhebung aller Bankgeheimisse!

     

    Ja, ich weiß, das ist utopisch ... allein schon einige Milliardäre aus Kuwait oder Texas würden dagegen Methoden anwenden, wie sie sonst z.B. Anwälte von russischen Menschenrechtlerinnen betreffen (und viele unbekanntere), bzw. genauer gesagt tun sie es ja längst ... (nur eben so effektiv, dass es nicht immer gleich herauskommt).

     

    1 interessantes Beispiel das mir dazu einfällt, ist wie beim Aufbau der Bath Partei in arabischen Ländern (im 20. Jh.) "westliche" Unterstützung geleistet wurde, auch, um "linke" Kritiker "auszuschalten" - naja, "kalter Krieg" nannte sich das unter anderem und fairerweise muss man sagen, dass auch "linke" Kritker oft Stalinisten oder ähnliches waren, aber eben keineswegs alle und oft wurden sie ja von "beiden Seiten" gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden. Wie dem auch sei -

     

    jedenfalls ist es trotzdem sinnvoll, die Forderung nach oben genannten Austrocknungen zu erheben. Schließlich handelt es sich hier ja nicht um Naturschutzgebiete. Allein, damit mehr Menschen merken, wo ein Großteil des Vermögens angehäuft wird. In Krisenzeiten erst recht, denn gerade wer weniger hat, muss eher was billig verkaufen (Kapital oder Arbeitskraft) und wer mehr hat und die Krise leichter (mit mehr Kapitalfettpolster) verschmerzen kann, kann noch billig einkaufen, und daraus dann wieder neue Gewinne machen ... und so noch reicher werden, als vorher. So läuft das. Das ist ungefähr - wie mathematisch (Spieltheorie) nachweisbar ist - wie bei Roullette u.a. Glücksspielen: Langfristig werden die reichen reicher und die Armen ärmer - ohne besonders "bösen Willen" der Reichen übrigens (wie nebenbei auch der alte Marx schon sagte und hier hatte er sogar mal recht - auch sonst manchmal).

  • HW
    Hans Wulsten

    Zumwinkel hat gestanden: Er hat knapp eine Million Euro Steuern hinterzogen, sagte der Ex-Post-Chef beim Prozessauftakt. "Das war der größte Fehler meines Lebens."

     

    Damit ist er bei mir unten durch. Entweder man macht so was und lässt sich auch von den staatsbezahlten Rechtsverdrehern in seiner Auffassung nicht kirre machen, oder man lässt es.

     

    Er hat es also, der Schluss liegt nahe, allein aus Geldgier getan und nicht aus Überzeugung. Schade. Tax is stolen money. Und mit seinem Handeln hat er der herrschenden politischen Klasse einen Teil ihrer Handlungsmittel entzogen. Die hätte das Geld ohnehin nur benutzt um sich zu unterhalten und ihre ausgesuchten Wählergruppen zu alimentieren.

     

    Schade, dass er nun einknickt!

  • HR
    Helmut Ruch

    Einmal im Internet suchen nach "Hartz IV" und „Gefängnis“ führt zu folgendem Text:

     

    „Weil eine Wiesbadener Hartz IV-Betroffene aus dem kargen 347 Euro-Regelsatz eine 32 Euro-Ordnungswidrigkeit nicht bezahlen konnte, soll sie nun 3 Tage Erzwingungshaft abbüßen und zusätzlich die durch Mahnungen verdoppelte Summe von 66 Euro zahlen. Das sei ein „übliches Druckmittel“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hartmut Ferse, gegenüber der Frankfurter Rundschau vom 12. April.“

     

    Themenvorschlag für fächerübergreifenden Unterricht für die mitlesenden Lehrer: wenn diese Frau 3 Tage ins Gefängnis muss für 32 Euro, wie lange müsste Herr Zumwinkel dann einsitzen für 1,3 Mio Euro (Mathe), und warum muss er das nicht (Politik, Ethik)

  • A
    Acki

    Es gab keine 'Absprachen', lediglich 'Vorgespräche', hieß es. Der Witz is gut. Das Urteil steht fest, aber es is noch geheim. Und den Zuschauern wird Rechtsstaatlichkeit vorgegaukelt.