Prozess gegen Betrüger: Milde für Bewährungsversager
Obwohl er 400.000 Euro an Steuern hinterzogen, Schecks gefälscht und die Bagis um 17.000 Euro betrogen hat, kommt ein 67-jähriger mit Bewährungsstrafen davon
Steuerhinterziehung, Betrug, Urkundenfälschung. Die Liste der Anklagepunkte gegen Hans-Joachim B. ist lang. Und es geht dabei um fünf-, sechsstellige Summen. Aber irgendwie ist das schon lange her. Und B. mittlerweile ein älterer Herr von 67 Jahren, der von sich behauptet, nur eine schmale Rente zu beziehen. Ja, er müsse sich Geld von Freunden borgen, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Anfang des Jahrtausends war B. noch Geschäftsführer, Inhaber mehrerer Firmen aus der Baubranche mit wohlklingenden Namen. Verdient hat der gelernte Speditionskaufmann damit offenbar ganz gut, zumindest so viel, dass zwischen 2001 und 2005 fast 400.000 Euro allein an Umsatz- und Gewerbesteuer zusammengekommen seien. Doch B. hat gar keine Steuererklärung gemacht, und "beigetrieben" werden, wie Juristen das nennen, konnte das Geld auch nicht mehr. Wo es abgeblieben ist - vor dem Amtsgericht wird diese Frage nicht geklärt.
Etwas später dann, 2007, beantragte B. bei dem damals noch Bagis genannten Jobcenter Bremen einen Eingliederungszuschuss. Mit Hilfe gefälschten Unterlagen hatte er der Behörde weisgemacht, bei der "Arthos business + financial solutions ltd" mit Sitz in Berlin angestellt worden zu sein.
Tatsächlich aber war er ihr Chef, ein Bekannter hatte ihm die Firma "besorgt". 17.100 Euro zahlte ihm die Bagis. In Berlin war seine Firma aber gar nicht registriert - hat, nein, nicht die Bagis, sondern die Krankenkasse später herausgefunden. Amtsrichterin Ellen Best zeigt sich "verwundert", dass die Behörde den Zuschuss offenbar problemlos ausgezahlt hat. "Die Bagis hat es ihnen sehr leicht gemacht", sagt die Richterin in ihrem Urteil. Und schließlich habe er Anspruch zwar nicht auf Eingliederungszuschuss, aber doch auf Sozialleistungen gehabt.
Doch dann war da noch ein gefälschter Scheck über 300.987,90 Dollar, den B. laut Anklage 2009 bei der Dresdner Bank eingereicht hatte. Den Scheck habe er von einem US-Investor bekommen, sagt B. - "bewusst wahrheitswidrig", sagt die Anklage. Die Sache bleibt offen.
2002 wurde er schon mal wegen Betrugs verurteilt, Ende der Neunziger wegen "Beitragsvorenthaltung" und Verstoßes gegen das GmbH-Gesetz. Und ein anderes Gericht hat gerade eine Bewährung widerrufen - B. hat die letzte Rate einer Geldstrafe nicht rechtzeitig bezahlt. "Eigentlich" sei B. ein "Bewährungsversager", sagt der Staatsanwalt. Doch nun habe der sich zur Ruhe gesetzt, weiteren Straftaten seien nun nicht mehr zu erwarten. Also beantragt die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen - vier Monate für den Betrug an der Bagis, zwei Jahre für die Steuerhinterziehung. Der Rest wird eingestellt.
Im Gegenzug zeigte B. sich geständig, gab die Vorwürfe pauschal zu. Sein Anwalt Wilfried Behrendt ist vor allem darauf bedacht, dass B. "in seinem hohen Alter" nicht auch noch ins Gefängnis "einmarschieren" müsse. Und hat Erfolg: Der Prozess bleibt "sehr schlank", wie Best das nennt. Und B. ein freier Mann. Behrendt, sagt B. am Rande noch, sei der richtige Mann für solche Fälle. Einer, der einen da "raushauen" könne.
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