Protesttag in Kenia: Nairobi zwischen Regen und Tränengas
Kenias Protestbewegung „Generation Z“ hat erneut zu Massenprotesten aufgerufen. Der 7. Juli hat für das Land seit 1990 eine historische Bedeutung.

„Bleiben wir friedlich, respektvoll und wachsam. Vor allem dürfen wir nicht zulassen, dass uns das Schurken- und Faulheitsregime unsere verfassungsmäßigen Rechte entzieht. Wir müssen unsere Bewegungsfreiheit schützen“, schreibt auf X die Generation Z.
Dementsprechend hatten die Sicherheitsorgane Vorkehrungen getroffen. Das Regierungsviertel in Kenias Hauptstadt Nairobi wurde weiträumig mit Stacheldraht und Nagelketten abgeriegelt, vor Polizeistationen landesweit Sicherheitskräfte abgestellt. Sämtliche Überlandstraßen nach Nairobi wurden gesperrt, niemand kam mehr durch.
Jugendliche, die an der Küste des Indischen Ozeans über das Wochenende auf einem Festival gefeiert hatten, wurden am Sonntagabend daran gehindert, in den Zug nach Nairobi zu steigen. Kenias Eisenbahngesellschaft erklärte später, es habe einen technischen Defekt entlang der Strecke gegeben. Die Verbindung wurde am Montag früh wieder aufgenommen.
7. Juli, Kenias Kampftag für Demokratie
Es ist kein zufälliger Protesttag. „Saba Saba Day“, Swahili für den Tag des 7. Juli, ist ein historischer Gedenktag in Kenia seit 1990, als an diesem Tag Kenianer landesweit gegen die damalige Einparteiendiktatur auf die Straße gingen und die Einführung des Mehrparteiensystems erzwangen. 35 Jahre später koordiniert sich Kenias heutige Protestjugend unter dem Motto #SabaSaba2025 oder #77NiNumbers.
Ein besonderer Mobilisierungsgrund ist der Fall Albert Ojwang. Der Lehrer und Online-Blogger hatte im Juni in einem Post den Vize-Polizeichef wegen der zunehmenden Polizeigewalt kritisiert. Daraufhin wurde er verhaftet und im Auftrag der Polizeiführung in seiner Zelle zu Tode geprügelt. Nach dem Tod Ojwangs ging die Jugend erneut auf die Straße.
Weil „Saba Saba Day“ kein gesetzlicher Feiertag in Kenia ist, mussten eigentlich abertausende Beamte, Lehrer, Geschäftsleute in Nairobi am frühen Montagmorgen in die Innenstadt zur Arbeit wie immer. Die Regierung hatte im Vorfeld ihre Beamten davor gewarnt, nicht von der Arbeit fernzubleiben, sonst müssten sie mit Konsequenzen rechnen. Innenminister Onesimus Kipchumba erklärte, die Polizei würde sich zurückhalten, solange die Proteste friedlich blieben. Gegen Plünderungen und Ausschreitungen werde man aber mit Gewalt vorgehen.
Schlägertrupps gegen Menschenrechtskommission
Trotz Regen und Nebel marschierten Jugendliche also im Morgengrauen aus allen Richtungen zu Fuß in Richtung Nairobi. Auf den Hauptstraßen in Richtung Innenstadt kam es bereits am Vormittag zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten. Tränengas und Gummigeschosse flogen. Reifen wurden angezündet.
„Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen!“, mahnte Kenias Menschenrechtskommission (KHRC), nachdem ihr Gebäude am Sonntagnachmittag von einer Horde Schlägertruppen gestürmt worden war – gerade in dem Moment, als sie eine Pressekonferenz zu den anstehenden Protesten abhielt. „Sie sind Teil einer vom Staat angeheuerten Miliz!“, so KHRC. Bereits bei den letzten Protesten vor zwei Wochen hatten mit Schlagstöcken bewaffnete Jugendbanden Läden in Nairobi geplündert und waren gegen Protestierende gezielt vorgegangen.
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