piwik no script img

Proteststreiks und Trauer in Manila

■ Ausstand in der philippinischen Hauptstadt nur teilweise befolgt / Landesweiter Generalstreik am Donnerstag angepeilt / Liberale Minister angeblich auf der Todesliste / Aquino erwägt Abbruch der Friedensverhandlungen mit der Guerilla

Manila (taz/wps/ap) - Tausende von Arbeitern, Angestellten und Schülern haben am gestrigen Montag in der philippinischen Hauptstadt Manila gegen die Ermordung des linken Gewerkschaftsführers und Politikers Rolando Olalia protestiert und auf Streikversammlungen den Rücktritt des umstrittenen Verteidi gungsministers Enrile gefordert. In der Innenstadt herrschte „Sonntagsstimmung“: der Verkehr war zu etwa 30 der Betriebe und alle Schulen blieben geschlossen. Gruppen von Demonstranten zogen durch die Straßen und eine Stadtautobahn wurde von Textilarbeitern blockiert. Nur die Geschäfte waren wie ge wohnt geöffnet. Die Proteste werden von der neugegründeten „Coalition against the Resurrection of Fascism“ (Bündnis gegen die Wiederauferstehung des Faschismus, darunter werden die politischen Verhältnisse der Marcos– Ära verstanden) koordiniert. Dem Bündnis gehören neben dem linken Gewerkschaftsdachverband KMU und der legalen Linkspartei PNB (deren Vorsitzender Olalia war) die liberale im Aquino–Kabinett vertretene Partei PDP–Laban sowie verschiedene Aktionsgruppen an. Die sozialdemokratische Bandila–Gruppe erwägt eine Zusammenarbeit. Gelbe, kirchliche und unabhängige Gewerkschaften haben sich jedoch bisher mit Ausnahme der Transportgewerkschaften nicht an dem Ausstand beteiligt. Nachdem sich die Protestaktionen der vergangenen vier Tage auf die Hauptstadt konzentrierten, sollen am heutigen Dienstag Streiks in den Provinzhauptstädten Cebu, Bacolod, Davao und Ilo ilo folgen, anläßlich der Beerdigung Olalias am Donnerstag wird ein landesweiter Generalstreik angestrebt. In Gewerkschaftskreisen wird der Ermordete unter Bezugnahme auf den 1983 erschossenen liberalen Ehemann der heutigen Präsidentin, Benignos Ninoy Aquino bereits als „Ninoy der Arbeiter“ gefeiert . Tausende von Trauernden drängen sich ständig in der Studentenkapelle der University of the Philippines in Manila, wo die gefolterte und grausam entstellte Leiche Olalias aufgebahrt liegt. Die Aktionen der letzten Tage sollen die Peoples Power revitalisieren, die gewaltfreie Volksbewegung, die zu Marcos Sturz beitrug und jetzt zur Kontrolle des machthungrigen Verteidigungsministers Enrile eingesetzt werden soll. Es wird damit gerechnet, daß nach Olalia noch weitere prominente Linke und Liberale ermordet werden, darunter auch die heutigen Minister Sanchez, Arroyo und Pimentel. Unterdessen mehren sich die Anzeichen, daß Präsidentin Aquino dem Militär in der Frage der Guerillabekämpfung entgegenkommen will. Nachdem sie selbst auf einer Kundgebung am Sonntag erklärte, sie sei „willens, jetzt gegen die kommunistischen Aufständischen Kriege zu führen“, verlauteten am Montag aus Kabinettskreisen weitere Details, die auf einen baldigen Abbruch der Friedensverhandlungen von Regierungsseite hindeuten. Die anonyme Quelle berichtete, die Unterhändler der Regierung hätten der Präsidentin nahegelegt, dem Militär freie Hand zu lassen und gleichzeitig auf regionaler Ebene weiterzuverhandeln. Unterdessen teilte Satur Ocampo, der die Guerilla bei den Verhandlungen vertritt, mit, er sei nach wie vor zu weiteren Treffen bereit. Ocampo hatte am vergangenen Donnerstag ein für Freitag geplantes Treffen aus Protest gegen die Ermordung Olalias abgesagt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen