Protestler verhindern Nazi-Demo: Zeichen gesetzt

Ziviler Protest und konsequente Polizei vermasseln der schleswig-holsteinischen NPD ihren Wahlkampfhöhepunkt in Neumünster. Es gab mehr als 2.000 Gegendemonstranten.

Kein Durchkommen: Unter anderem mit Sitzblockaden (l.) stellten sich Tausende den rechtsextremen Demonstranten (r.) entgegen. Bild: dpa

NEUMÜNSTER taz | So hatte sich die NPD ihre Wahlveranstaltung vermutlich nicht vorgestellt. Um 13.30 Uhr ließ die Polizei am Dienstag in Neumünster durchsagen: „Diese Veranstaltung ist aufgelöst.“ Es fehle an einem Verantwortlichen, erklärte ein Polizeisprecher. Zuvor waren mehrere Gespräche geführt worden über den Verlauf der NPD-Aufmarschroute an diesem 1. Mai und über die anhaltenden Proteste gegen das rechtsextreme Treiben.

Die Polizei entschied, den NPD-Umzug zu beenden, nachdem der NPD-Bundesvize und Fraktionschef im Schweriner Landtag, Udo Pastörs, der Polizei erklärt hatte: „Wir können die Situation eskalieren lassen.“ Eine Drohung mit Folgen: 105 Neonazis nahm die Polizei in Gewahrsam. Sichtlich verbittert ließ sich Pastörs als erstes zu einem Gefangenentransporter führen. „Nazis fahren Knasti-Bus – schalala“, riefen prompt Gegendemonstranten auf dem nahen Hansaring. Auch die NPD-Spitzenkandidaten zur Landtagswahl, Jens Lütke und Ingo Stawiz, wurden von Beamten zum Bus eskortiert – unter Beifall der Demonstranten. Äußerst bereitwillig waren die zuvor der Anweisung der Polizei nachgekommen, doch „die Sitzblockade so nach hinten zu verlegen, dass der Weg zu dem Bus frei wird“.

Die Blockade war eine der vielen Aktionen gegen das NPD-Event: Bei strahlendem Sonnenschein waren den Tag hindurch mehr als 2.000 Menschen auf den Straßen – für soziale Gerechtigkeit und gegen die Rechtsextremen. Auf dem Großflecken versammelte sich morgens um 10 Uhr die traditionelle 1.-Mai-Demonstration des DGB, am Nachmittag wurde dort ein Konzert „Rock gegen rechts“ statt.

„Das ist unsere übliche Route, mien Jung“, sagte ein alter Gewerkschaftler und schob nach: „Wir lassen uns von den Nazis doch nichts vorschreiben.“ Am Ziel der Demonstration, vor dem örtlichen Gewerkschaftshaus, sagte auch Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB-Bezirks Nord: „Der 1. Mai ist unser 1. Mai.“ Landtagspräsident Torsten Geerdts (CDU) adelte den 1. Mai gar zum künftigen „Tag der Demokratie“: Der Protest von Neumünster sei ein „Aufstand der Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus“.

Über 30 Initiativen und Organisationen rund um den „Runden Tisch für Toleranz und Demokratie“ boten an vielen Orten der Stadt die unterschiedlichsten Aktionen an – von Konzerten, Gottesdiensten, Fußballturniere, Flohmarkt, Basar, Straßentheater bis Paddelaktion. Auch Parteiprominenz war unterwegs gegen rechts, drängte sich trotz der anstehenden Landtagswahlen aber nicht in den Vordergrund.

Die NPD hatte ihren Aufzug als Veranstaltung für die am 6. Mai in Schleswig-Holstein anstehende Landtagswahl deklariert. Nur etwa 30 NPD-Anhänger aber erschienen nach Polizeiangaben am angemeldeten Veranstaltungsort. Etwa 100 Rechte dagegen hätten versucht, über eine nicht genehmigte Route zum Treffpunkt zu gelangen: Statt vom Hauptbahnhof seien sie vom Südbahnhof aus losgezogen. Und waren auf dem Weg durch Neumünster wiederholt mit den Gegendemonstranten aneinander geraten.

In einer Seitenstraße des Hansarings schubsten Polizeikräfte Gegendemonstranten vor sich her, um den Neonazis die Straße frei zu machen. Auf dem Hansaring blieb der Tross von Polizei und Neonazis dann stehen. „Die Rechtsextremen nahmen an einer nicht genehmigten Kundgebung teil“, erklärte ein Polizeisprecher.

Die Nachricht, dass die zentrale Wahlkampfveranstaltung der NPD gescheitert sei, ohne dass auch nur eine einzige Rede gehalten wurde, verbreitete sich bei den Protestierenden schnell. Stefan Beitz, Pressesprecher der Stadt, bewertet den Verlauf kurz und doch vollmundig: „Der Tag war ein voller Erfolg.“

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