piwik no script img

Proteste in SyrienHoffnung auf Reformen

Die Kurden in Syrien erhalten die Staatsbürgerschaft – damit macht Präsident Assad eine wichtige Konzession. Das Regime will zudem Kontakte zur Opposition aufnehmen.

Videostill von der Trauerfeier für acht getötete Demonstranten in Damaskus. Bild: reuters

DAMASKUS taz | Um neuen Protesten und einer Eskalation der Lage vorzubeugen, melden staatliche syrische Medien seit zwei Tagen kleine Reformschritte. Der bislang wichtigste erfolgte am Donnerstag. Der kurdischen Minderheit, die rund 10 Prozent der Bevölkerung stellt, wird erstmals seit 1962 die syrische Staatsbürgerschaft zugestanden. Dafür reiste Präsident Baschir al-Assad eigens in die Provinz Hasaka, den kurdisch bewohnen Nordosten des Landes, und traf sich mit dortigen Führern.

In dieser Region gab es bereits Wochen, ehe die Proteste in Deraa und Latakia begannen, die ersten getöteten Demonstranten zu beklagen.Trotz des Zugeständnisses, von dem rund 250.000 Menschen betroffen sind, riefen die drei kurdischen Parteien erneut zu weiteren Freitags-Demonstrationen auf. Neben der Staatsbürgerschaft foderten sie außerdem "Demokratie und Einheit" für ganz Syrien.

Unterdessen erklärte die Herausgeberin der staatlichen Zeitung Al-Tischrin, Samira al-Masalama, sie sei von der Regierung beauftragt worden, Gespräche mit Oppositionellen zu organisieren. Sie habe zwei prominente Autoren, Fayez Sara und Louai Hussein sowie den Philosophen At-Tayib Tizini kontaktiert, die wegen ihrer politischen Arbeit bereits inhaftiert waren. Al-Masalama fügte hinzu, sie hoffe, dass auch einer der prominentesten Regimekritiker, Michel Kilo, an Gesprächen teilnehmen könne.

Mazen Darwisch, Direktor des Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit, zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP angetan von dem Vorschlag des Regimes. Es sei "gut, dass sich die Behörden nun der Belange der Menschen auf der Straße annehmen", sagte er. Es sei der fehlende Dialog gewesen, der das Land in die Situation gebracht habe, in der es sich befinde.

Der auf einigen revolutionären syrischen Websites geforderte Sturm auf die Parteizentralen der herrschenden Baath-Partei blieb am Donnerstag, dem Jahrestag ihrer Gründung, bis zum Redaktionsschluss am Nachmittag aus. Obwohl auch am Mittwoch wieder eine Trauerkundgebung aufgelöst wurde, scheint es nun tatsächlich Hoffnung auf Reformen zu geben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • H
    Huss

    Nur, was können sich die Kurden für eine Staatsbürgerschaft am Ende kaufen? Es ist ein Fortschritt, da besteht kein Zweifel, aber was für einer.

    Eine weitere Frage wäre auch, ob die Kurden aus Beirut die syrische Staatsbürgerschaft bekommen könnten? (Die Türkei wird sie nämlich nicht geben)