Proteste in Südafrika dauern an: Gewerkschaften eröffnen zweite Front
Ein landesweiter unbefristeter Streik in Südafrikas öffentlichem Dienst verstärkt den Druck auf Präsident Jacob Zuma nach den Protesten in armen Townships letzte Woche.
JOHANNESBURG rtr/dpa/taz Südafrika kommt nicht zur Ruhe. Wenige Tage nach einer Serie teils gewaltsamer Proteste in armen Townships hat am gestrigen Montag ein landesweiter, unbefristeter Streik im öffentlichen Dienst begonnen, der 150.000 Angestellte betrifft. Die Arbeitnehmer fordern 15 Prozent mehr Lohn sowie einen monatlichen Mindestlohn von 5.000 Rand (ca. 500 Euro). Die Arbeitgeber haben mit 11,5 Prozent etwas über den Inflationsausgleich geboten.
"Es sieht so aus, dass die Mehrheit der Belegschaft streikt, wenn nicht 90 Prozent", sagte Mthandeki Nhlapo, Generalsekretär der Gewerkschaft Samwu (South African Municipal Workers Union). "Die Müllabfuhr ist schwer getroffen, der Busverkehr ist schwer getroffen. Auch andere Dienstleistungen wie Strom sind getroffen." Seit vergangener Woche bestreikt wird bereits der Chemiesektor; in der Ölindustrie, bei Telcom, dem größten Telekommunikationsunternehmen, sowie im Bergbau drohen Ausstände. Ein Eisenbahnerstreik wurde hingegen gestern Mittag wieder ausgesetzt.
Rund 5.000 öffentliche Bedienstete mit Knüppeln und T-Shirts mit der Aufschrift "Kämpfen ums Überleben" marschierten durch das Zentrum von Johannesburg und sangen alte ANC-Revolutionslieder. Ähnliche Demonstrationen fanden in der Hauptstadt Pretoria sowie in Kapstadt, Bloemfontein und Polokwane statt. In Polokwane schoss die Polizei mit Gummigeschossen.
Mit den Streikaktionen stellen sich Südafrikas Gewerkschaften gegen Präsident Jacob Zuma, den sie bislang unterstützt haben. Am höchsten soll die Streikbeteiligung in Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal sein.
Am Samstag hatte sich Zuma zum ersten Mal seit Ausbruch von Unruhen in den Townships zu Wort gemeldet und gesagt, es gebe "keine Rechtfertigung für Gewalt und Zerstörung". Die Regierung werde auf das Volk hören, versprach Zuma weiter, warnte aber: "Selbst wenn nächstes Jahr die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt, werden wir noch warten müssen, bevor die Schaffung von Arbeitsplätzen spürbar zunimmt."
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