Proteste in Griechenland: Zusammenstöße mit der Polizei
Am zweiten Tag des Generalstreiks haben rund 100.000 Menschen vor dem Parlament in Athen demonstriert. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei.
ATHEN dpa/afp/rtr | Bei Protesten gegen die drastische Sparpolitik der griechischen Regierung und die Forderungen der internationalen Gläubiger vor dem Parlament in Athen hat es am Mittwochabend gewalttätige Zusammenstöße zwischen kleinen Gruppen von vermummten Demonstranten und der Polizei gegeben. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, gingen Bereitschaftspolizisten mit Tränengas gegen Demonstranten vor, die unter anderem Brandflaschen in ihre Richtung schleuderten.
Zuvor hatten vor dem Parlament ca. 100.000 Menschen bei strömendem Regen über zwei Stunden lang friedlich vor dem Parlament gegen das Sparprogramm demonstriert. Ein entsprechender Gesetzentwurf sieht bis zum Jahr 2016 weitere Einsparungen in Höhe von 18,5 Milliarden Euro vor. Damit will Athen den Forderungen der Gläubigertroika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds nachkommen, die vom Sparkurs weitere Hilfsmaßnahmen abhängig machen.
Im Parlament in Athen soll am späten Abend in namentlicher Abstimmung über das Sparprogramm entschieden werden. Griechische Medien rechneten mit einer knappen Mehrheit für das Sparpaket. Bei einem Nein wäre Griechenland praktisch pleite.
Abgeordnete des oppositionellen Bündnisses der radikalen Linken (Syriza) hängten vor das Parlament ein großes Transparent mit dem Spruch „Ihr zerstört das Land - geht jetzt weg“. Anschließend gingen sie zu den Demonstranten und begrüßten sie.
Demonstranten forderten ein Nein zum Sparprogramm: „Schafft es ab und haut ab“, skandierten sie in Richtung Parlament. „Es schlägt die Stunde des Umsturzes“, riefen andere Demonstranten. Die Proteste verliefen zunächst friedlich, berichteten griechische Medien unter Berufung auf die Polizei. Auch in der Hafenstadt Thessaloniki gingen nach lokalen Medienberichten mehrere tausend Menschen auf die Straße.
EU prognostiziert Wachstum
Der Generalstreik hat das öffentliche Leben auch am zweiten Tag in Folge stark beeinträchtigt. Fähren blieben in den Häfen, der Flugverkehr war gestört, in der Hauptstadt Athen stand der öffentliche Nahverkehr still. Auch Banken, Museen und antike Stätten waren vom Generalstreik betroffen. Apotheken waren geschlossen, die Krankenhäuser arbeiteten mit einer Notbesetzung. Den streikenden Staatsbediensteten schlossen sich Müllmänner und Postbeamte an. Es war bereits der fünfte Generalstreik in Griechenland in diesem Jahr.
Unterdessen prognostizierte die EU-Kommission, dass die griechische Wirtschaft im Jahr 2014 erstmals wieder um 0,6 Prozent wachsen könnte. Für dieses und das kommende Jahr sind der in Brüssel veröffentlichten Herbstprognose zufolge noch heftige Einbrüche des griechischen Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 6,0 und 4,2 Prozent zu erwarten.
Die Arbeitslosenrate steigt demnach nach durchschnittlich 23,6 Prozent in diesem Jahr noch einmal auf 24,0 Prozent im kommenden Jahr, bevor sie 2014 auf 22,2 Prozent zurückgeht. Griechenlands Schuldenstand steigt den Berechnungen zufolge von 176,7 Prozent der Wirtschaftskraft in diesem Jahr auf 188,9 Prozent im Jahr 2014. Damit rückt das Ziel der internationalen Geldgeber von einem Schuldenstand von 120 Prozent im Jahr 2020 offenbar in weite Ferne.
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