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Proteste in FrankreichDas Pflaster wird heißer

Am Wochenende gingen wieder Millionen Franzosen gegen die geplante Rentenreform auf die Straße. Die Zeichen stehen auf einer Radikalisierung der Proteste.

Wie hier am Samstag in Paris, nehmen auch in anderen französischen Städten immer mehr SchülerInnen an den Protesten gegen die Rentenreform teil. Bild: reuters

PARIS taz | Die Protestbewegung gegen die Rentenreform in Frankreich steht an einem Wendepunkt. Am Samstag hatten wieder an die 3 Millionen (laut Organisatoren) gegen die Erhöhung des Ruhestandsalters und die drohenden Rentenkürzungen demonstriert.

Noch immer will die Regierung weder diskutieren noch verhandeln. Für die Gewerkschaften und Linksparteien, die ebenso wenig gewillt sind, nachzugeben, stellt sich mit aller Dringlichkeit die Frage nach einer Strategie für die Fortsetzung. Die beiden Führer der großen Gewerkschaftsverbände CFDT und CGT, François Chérèque und Bernard Thibault, hatten bisher gemeinsam eine gemäßigte Position vertreten und von der Regierung "nur" Verhandlungen gefordert.

In den Demonstrationen wird nun der Ruf nach einem Generalstreik immer lauter, um die sture Staatsführung in die Knie zu zwingen. Chérèque macht für diese Radikalisierung die Regierung verantwortlich. Sie sei schuld daran, wenn Frankreich nun blockiert werde.

Für Dienstag sind neue oder fortgesetzte Streiks vor allem in den für Störungen besonders empfindlichen Sektoren der Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes angekündigt: bei Bahn und Post, in den Erdölraffinerien sowie Seehäfen Marseille, Fos-sur-Mer, Saint-Nazaire. Rund 250 Tankstellen haben kein Benzin und Diesel mehr. Die von den Gewerkschaften der Lastwagenfahrer angekündigten Verkehrsbehinderungen könnten die Angst vor Versorgungsengpässen in dieser Woche verschärfen. Nach den Mittelschülern könnten sich auch Studenten der Ablehnungsfront anschließen. Sie könnten neue Forderungen stellen und auch auf radikalere Kampfaktionen zurückgreifen. Seit einigen Tagen macht sich die wachsende Spannung im Land auch durch gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei bemerkbar.

Eine unkontrollierbare Jugendbewegung ist das Letzte, was Präsident Nicolas Sarkozy auslösen wollte. Er hatte seine Minister seit dem Sommer angewiesen, auf Anzeichen einer "Mobilisierung der Jungen zu achten". Die Regierung hat die Möglichkeit unterschätzt, dass auch Schüler gegen eine Reform kämpfen würden, die sie als eine zusätzliche Verschlechterung ihrer Zukunftsperspektiven sehen.

Der Verlauf der Auseinandersetzung bestätigt, dass in Frankreich soziale und politische Konflikte mangels Dialog durch Kraftproben ausgetragen werden. Seit dem Mai 68 lautet die Parole: "Die Macht liegt auf der Straße." "In einer repräsentativen Demokratie wie in Frankreich sind außer Wahlen Demonstrationen die einzige Möglichkeit für die Bürger, sich politisch Gehör zu verschaffen. Das kann man bedauern, und vielleicht sind die Volksbefragungen, wie sie in Ländern mit der semidirekten Demokratie existieren, beneidenswert", sagt der Politologe Olivier Fillieule. "Aber in der gegenwärtigen Lage sind soziale Bewegungen und politische Proteste auch Ausdruck einer Vitalität der Demokratie. Sie widerlegen total das Gejammer über ein Desinteresse oder eine mangelnde Beteiligung an der Politik."

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5 Kommentare

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  • B
    Bernd

    @Sebastian: Immer wenn Sie hier Kommentare posten, wiederholt sich der Inhalt genauso wie Sie auch heute wieder schreiben.Ich habe Ihre Kommentare bestimmt schon 20 Mal lesen müssen.Es ist immer der selbe Aufbau: Das es ein Glück ist, d. in Deutschland diese Zustände nicht existieren, die Menschen, die arbeiten, deshalb ganz schlecht dran sind, und natürlich diejenigen, die die Steuern zahlen....

    Es fällt langsam auf, dass du es mit Absicht machst, nur wozu ?

  • M
    Mark

    Wir bräuchten hier drüben mal ein paar Franzosen in unseren Demonstranten-Reihen! :D

  • X
    Xalo

    Zum Glück lebe ich in Frankreich.

    70 Prozent aller Arbeitnehmer im Land unterstützen die Streik- und Protestbewegung (laut Umfragen tendenziell eher konservativer Medien und Institute). Die Steuerzahler heissen hier gleichberechtigte und kritische Staatsbürger und bezahlen ohnehin schon sämtliche staatlichen Rechnungen, nicht nur wenn Steuerabschläge in Millionenhöhe an die Oberschicht verteilt werden — wie quasi überall auf der Welt, im Übrigen.

     

    Um meinen Kommentar zum vorangegangen Artikel zum Thema zu wiederholen:

    "...was in Paris seit dem 2. Oktober (eigentlich schon seit dem 1. Mai) vor sich geht, ist von ganz anderem Kaliber als nur der Protest gegen die Rentenreform.

     

    

Die Millionen, die seit Wochen überall im Land auf die Straße gehen, fordern den Rücktritt des Präsidenten Sarkozy und seiner Regierung. Für dessen klientilistische und rassistische Politik und Attitüde empfinden viele Franzosen Wut und Scham. 



     

    Die Demonstranten (aller Generationen) üben zudem eine Fundamentalkritik an der ungerechten Verteilung des erwirtschafteten Wohlstandes, angesichts enormer und ständig steigender Profite. Hier ist eine öffentliche politische Reflexion im Gange, über die es sich lohnen würde, mehr zu berichten."

  • T
    Tatjana

    Es wäre an der Zeit das die Deutschen Staatsbürger auch mal so auf die Barikade gehen würden und nicht immer alles sang und klanglos hinnehmen würden...

    Es braucht einmal auch bei uns eine so genannten *Wakeup Call * damit auch unsere Politiker merken das sie nicht tun können was Sie wollen ... Ich finde es richtig das die Bürger aus Frankreich sich zur wehr setzen...

  • S
    Sebastian

    Zum Glück wohne ich nicht in Frankreich. Was das für ein volkswirtschaftlicher Schaden verursacht. Traurig, am Ende bezahlen es eh die Steuerzahler. Auch an die ganzen Arbeitnehmer die momentan nur schlecht zur Arbeit kommen denkt wohl niemand. Ich wünsche denen auf jeden Fall viel Kraft. Ich hoffe das Deutschland nicht durch irgendwelche EU Gelder für den ganzen Schaden aufkommen müssen.