piwik no script img

Proteste in ÄgyptenBlutiger Machtkampf auf der Straße

Ägypten kommt nicht zur Ruhe. In der Nacht gab es blutige Auseinandersetzungen, mehrere Menschen sollen dabei gestorben sein. Doch die Demonstranten bleiben auf dem Tahrir-Platz.

Verletzt aber siegessicher: Anti-Mubarak-Demonstrant in Kairo. Bild: reuters

KAIRO dpa | Die Lage auf dem Tahrir-Platz in Kairo hat sich in der Nacht weiter zugespitzt. Vier Menschen sollen durch Schüsse ums Leben gekommen sein, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arbija unter Berufung auf Helfer und Augenzeugen. Nach Angaben des Senders CNN sprach auch das ägyptische Gesundheitsministerium am Donnerstag von vier Toten. Zunächst war aber unklar, ob es sich dabei um die Opfer seit Mittwoch handelte oder um die Zahlen der Nacht.

Bei CNN hieß es, in der Nacht seien auch Schüsse auch aus schweren Maschinengewehren abgefeuert worden. Überall gebe es Verwundete. Ein CNN-Reporter berichtete, Ärzte behandelten Verletzte direkt auf der Straße, nähten ihre Wunden. Mehrere Rettungswagen fuhren auf den Platz.

Bei Tagesanbruch beruhigte sich die Lage zunächst wieder. Nach Ende der Ausgangssperre am Morgen waren wieder Hunderte Menschen auf dem Platz. Überall waren aus der Nacht noch Barrikaden und ausgebrannte Fahrzeuge zu sehen Vorher waren auf Fernsehbildern Demonstranten zu erkennen, die sich mit Molotow-Cocktails, Steinen und anderen Gegenständen bewarfen. In einem Gebäude in der Nähe des Ägyptischen Museums auf dem zentralen Tahrir-Platz waren Flammen zu sehen, berichtete CNN am frühen Donnerstag.

Am Mittwoch waren bei blutigen Zusammenstößen mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 1.500 Verletzte soll es laut Medienberichten gegeben haben. Das Gesundheitsministerium nannte die Zahl von 639 Verletzten.

Inmitten der Krise suchen die USA weiter Einfluss auf die Regierung in Kairo zu nehmen. Am Mittwoch (Ortszeit) telefonierte US-Außenministerin Hillary Clinton mit dem neuen ägyptischen Vizepräsidenten Omar Suleiman. Clinton habe von Suleiman eine Untersuchung der Übergriffe in Kairo verlangt.

Die Außenministerin habe dabei abermals die Gewalt verurteilt und die ägyptische Regierung aufgefordert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Außenamtssprecher Philip Crowley. Er wiederholte den Standpunkt der US-Regierung, wonach der politische Übergangsprozess sofort beginnen müsse. "Morgen ist nicht gut genug", sagte Crowley. Es müssten "sobald wir möglich" Wahlen stattfinden. "Wir wollen einen glaubwürdigen Prozess sehen, der zu freien, fairen und legitimen Wahlen führt", erklärte Crowley weiter.

Angesichts der Exzesse forderte Oppositions-Vertreter Mohammed el Baradei die Armee auf, weitere Angriffe der Mubarak-Anhänger auf die Demonstranten zu unterbinden. Die Armee müsse eingreifen, um das Leben ägyptischer Bürger zu schützen, sagte El Baradei in einem Interview mit Al-Dschasira. "Es gibt eindeutige Beweise, dass die Polizei ihre Männer in Zivilkleidung auf die Demonstranten gehetzt hat", sagte der Friedensnobelpreisträger.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • A
    and_justice_for_all

    pulitzer-preis-verdächtig das foto - sagt alles, nämlich dass mubarak's tage gezählt sind und der widerstand der ägyptischen bevölkerung nicht zu brechen sein wird. geht unter die haut.

     

    solidarität mit allen mubarak-gegnern! auf das mubarak und seine gewissenlosen schergen noch zur rechenschaft gezogen werden für die jahrzehntelangen an ägyptens menschen verübten sozialen, juristischen, menschrechtsverletzten verbrechen und die aktuell verübten gewalttaten!

  • MD
    maria daubenbüchel

    was hat eine friedliche demonstration mit chaos zu tun?ich glaube hier hat jemand nicht verstanden,um was es in ägypten geht.wenn menschen dreißig jahre lang unterdrückt werden,dann ist es nicht schwer zu verstehn,daß nun schluß sein muß mit diktatur und unterdrückung.man kann dieses auflehnen gegen ungerechtigkeit mit den montagsdemonstrationen in der ehemaligen ddr vergleichen.da haben alle beifall geklatscht.auch das ägyptische volk bedarf nun unseres beifalls,vor allen dingen sollten die westlichen politiker incl. amerika klar stellung beziehen für die demonstrierenden ägypter,statt sich (beispiel schweden )

    vornehm zurückzuhalten und nur um den eigenen profit zu bangen. mubarak hat sein volk betrogen,indem er die verhasste polizei und gekaufte ägypter gegen friedliche demonstranten aufgehetzt hat. statt aufzugeben,hält er an der macht fest.wie lange noch?

  • EB
    E. Bischof

    Mein Herz ist bei der demokratischen Protestbewegung. Es wird Zeit, es Südamerika nachzumachen und sich von korrupten, unterdrückerischen und von den USA gestützten Despoten zu trennen.

    Ägypten hat die Chance, es z.B. Chile gleich zu tun und einen Diktator (von den U.S.A. gestützten!) davon zu jagen.

    Die Zukunft? Allen lateinamerikanischen Staaten, die sich befreit haben, geht es heute deutlich besser! Ägypten auf dem Weg zum Brasilien Nordafrikas?

    EB

  • P
    Paulson

    @Fatima

     

    Soll das heißen du veruteilst Menschen die ihr Schicksal in die Hand nehmen und für eine bessere Zukunft kämpfen? Wenn ja kannst du mir nur schwer Leid tun.

  • DW
    Deutsche Waffenexporte an die ägyptische SA und Polizei

    Deutschland gehört zu den Hauptwaffenlieferanten der ägyptischen Machthaber. Die Bundesregierung genehmigte im Jahr 2009 mehr als eine Verdoppelung der Lieferungen von Waffen und Rüstungsgütern an Ägypten. -

     

    Die ägyptische Polizei verfügt über Maschinenpistolen des Typs MP5, entwickelt von Heckler & Koch in Oberndorf. Ägypten hat allein im Jahr 2009 weitere 884 Maschinenpistolen und Bestandteile erhalten. - Die Machthaber in Kairo erhielten Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, militärische Landfahrzeuge und Kommunikationsausrüstung aus Deutschland.

     

    Anmerkung:

    Der Bundesaußenminister Westerwelle erklärte, "der Weg zur Stabilität führt über die Wahrung der menschen- und Bürgerrechte" (Focus Online vom 26.01.2011).

     

    Trotz alledem!

  • M
    Markus

    Hey Fatima,

     

    das hier ist die taz, nicht die Bildzeitung!

  • F
    Fatima

    Kann man die linken Chaoten aus Berlin nicht nach Kairo schicken? Das können sie mit Gleichgesinnten fremdes Eigentum zerstören!