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Archiv-Artikel

Proteste gegen Wahlbetrug

HAITI Haitis Wahlkommission sieht den Regierungs-kandidaten Jude Célestin in der Stichwahl um die Präsidentschaft

Auf den Straßen in Port-au-Prince ertönte der Ruf „Hängt Préval!“

VON DOROTHEA HAHN

Schüsse hallten durch die Nacht von Port-au-Prince, und Barrikaden brannten, nachdem die Wahlkommission das „provisorische Ergebnis“ des ersten Durchgangs der Präsidentschaftswahlen verkündet hatte. „Hängt Préval“ – den scheidenden haitianischen Präsidenten –, tönte es auf den Straßen. Das Hauptquartier von Prévals Partei, Inite, wurde in Brand gesteckt. Zwei Menschen kamen ums Leben.

Laut Wahlkommission hat die Oppositionskandidatin Mirlande Manigat am 28. November mit 31,37 Prozent das beste Ergebnis erzielt. An die zweite Stelle setzte die Wahlkommission den umstrittenen Jude Célestin, den der scheidende Präsident zum Wunschnachfolger auserkoren hat. Célestin hat angeblich 22,48 Prozent der Stimmen bekommen: 6.800 mehr als der populäre Sänger „Sweet Micky“ – Michel Martelly –, den sämtliche Umfragen am Wahltag und nach seither durchgesickerten Informationen vor Célestin sahen. Die Stichwahl soll am 16. Januar stattfinden.

Die Wahlkommission hat acht Tage gebraucht, um die Stimmen der WählerInnen in dem kleinen Land zu zählen. Am Dienstagabend verkündete sie ihr Ergebnis erst drei Stunden nach dem offiziellen Beginn einer Pressekonferenz in Port-au-Prince. Das Ergebnis ist „provisorisch“ – die verbliebenen 18 KandidatInnen für das Präsidentenamt können es 72 Stunden lang anfechten.

Nicht nur die Straße reagierte schnell und heftig auf die Verkündung des „provisorischen Ergebnisses“, sondern auch ausländische DiplomatInnen. Aus der US-Botschaft verlauteten am Morgen danach Zweifel an der Rechtmäßigkeit des „provisorischen Ergebnisses“. Der auf den dritten Platz verwiesene Martelly hatte bereits vor der Veröffentlichung des Wahlergebnisses klargestellt, er werde nicht an einer Stichwahl gegen den Kandidaten des Regimes teilnehmen. Und zweitens werde er kein Ergebnis akzeptieren, in dem er entgegen den Auswertungen in sämtlichen ihm bekannten Wahllokalen nicht in die Stichwahl komme.

Martelly hat eine stark mobilisierte und junge Anhängerschaft. Er ist besonders populär bei jungen Leuten und in den nach dem Erdbeben entstandenen Zeltstädten der Hauptstadt, in denen 1,3 Millionen Menschen leben.

Die erste Wahlrunde am 28. November war von schweren Fälschungen überschattet. Unter anderem konnten zahlreiche WählerInnen nicht wählen, weil sie entweder keine Wahlkarte bekommen hatten oder weil ihre Namen von den Listen verschwunden waren. In vielen Lokalen hatte es Überfälle mit Zerstörung und Raub von Wahlzetteln gegeben. Andernorts waren schon am frühen Morgen Urnen, die voller ausgefüllter Wahlzettel waren, aufgetaucht.

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