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Proteste gegen „Spiegel“

■ Grass verbietet nach Ranickis Rezension den Abdruck eines Interviews

Hamburg (dpa) – Der Schriftsteller Günter Grass hat dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel den Abdruck eines bereits geführten Interviews untersagt. Grass ließ mitteilen, er wolle nicht „mit einem eigenen Beitrag in einem Magazin erscheinen, auf dessen Titelseite das ekelerregende Zerreißen eines Buches bildhaft gemacht wird“. Eine Fotomontage zeigt, wie der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki mit beiden Händen Grass' neuen Roman „Ein weites Feld“ in Stücke reißt. Im Spiegel ist eine Rezension des neuen Grass- Romans von Ranicki abgedruckt.

Scharfe Kritik an Ranickis Rezension übte gestern auch die Industriegewerkschaft Medien. Der Gewerkschaftsvorsitzende Detlef Hensche sprach in Hamburg von einer „ärgerlichen Entgleisung“. „Nicht das Buch steht auf dem Prüfstand, sondern der Autor und politische Mensch Günter Grass“, sagte Hensche. Ranicki betreibe „das Geschäft einer politischen Polemik der üblen Art“.

Drei Schriftsteller protestierten gestern vor dem Spiegel-Verlagshaus gegen die Berichterstattung über den Roman. In einem Flugblatt, das der Bremer Jürgen Alberts und seine Hamburger Kollegen Uwe Friesel und Regula Venske vor dem Gebäude verteilten, hieß es: „Wir protestieren gegen diese schlimme Art der ,Literaturkritik‘, die zu einer Hetzjagd gegen unseren Kollegen aufruft. Wer Bücher öffentlich zerreißt, will Autoren psychisch zerstören.“ In seiner Rezension, die Reich-Ranicki als Brief an Grass angelegt hat, schreibt er: „Aber, mein lieber Günter Grass, ich kann es einfach nicht fassen: In Ihrem ,Weiten Feld‘ finden sich Tausende von Sätzen über Fontanes Epik – und darunter, sage und schreibe, kein einziger, der originell oder geistreich wäre.“

Kommentar Seite 10

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