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Proteste gegen Israels SiedlungspolitikGroßdemonstration in Ostjerusalem

Tausende Palästinenser, unterstützt von israelischen und internationalen Aktivisten, demonstrieren im Viertel Scheich Dscharrah gegen die Übernahme von Häusern durch israelische Siedler.

Maskierte Palästinenser werfen Steine auf israelische Polizisten: Der Protest gegen die Räumung zweier Häuser ist Ostjerusalem nimmt immer größere Ausmaße an. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Der Protest gegen die Räumung zweier Häuser im Ostjerusalemer Viertel Scheich Dscharrah nimmt immer größere Ausmaße an. Mehrere tausend palästinensische Demonstranten zogen am Samstagabend Seite an Seite mit linken Israelis und ausländischen Friedensaktivisten in die Nähe der beiden inzwischen von einer Gruppe nationalreligiöser Israelis bewohnten Häuser. Die anfängliche Solidarität mit den im August 2009 vertriebenen palästinensischen Familien ist zum Symbol für den Kampf gegen die Siedlungspolitik in Ostjerusalem geworden.

Die israelische Regierung verweigert die - international unterstützte - Forderung der Palästinenser nach einer Einstellung des Siedlungsbaus in Jerusalem. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen bislang daran knüpfte, den Siedlungsbau in der umstrittenen Stadt zumindest auf Eis zu legen, gab jetzt dem Druck der USA nach und signalisierte vergangene Woche seine Bereitschaft zu einem indirekten Dialog. Am Sonntagnachmittag votierte das Fatah-Zentralkomitee mehrheitlich für viermonatige, indirekte Verhandlungen und folgte damit einer ähnlichen Entscheidung der Arabischen Liga.

Der US-Sondergesandte George Mitchell landete am Samstagabend in Tel Aviv, wo er zunächst mit Israels Verteidigungsminister Ehud Barak zusammentraf. Abbas wird vermutlich im Laufe des Montag seine Entscheidung bekannt geben. In Jerusalem wird vermutet, dass die Gespräche, bei denen Mitchell zwischen Jerusalem und Ramallah pendelt, noch diese Woche aufgenommen werden.

In der palästinensischen Bevölkerung sind die Erwartungen eines Gelingens der Gespräche sehr gering. Nicht unumstritten ist vor allem die Entscheidung von Abbas, die Verhandlungen trotz der Entwicklungen in Jerusalem aufzunehmen.

Mit roten Flaggen, Che-Guevara-Bildern und Lautsprechern ausgerüstet, forderten die friedlichen Demonstranten in Scheich Dscharrah ein Ende der Häuserräumungen und Häuserzerstörungen in der Stadt. Allein in Scheich Dscharrah harren acht Familien der gewaltsamen Räumung ihrer Häuser, denn freiwillig wollen sie ihre Sachen nicht packen. Die Eigentumsverhältnisse in dem Viertel sind verworren. Die Häuser wurden zwischen 1948 und 1967, als palästinensischen Flüchtlingsfamilien hier ihre Unterkünfte zugewiesen wurden, von Jordanien verwaltet.

Rund 100 Polizisten hielten am Samstag eine Gruppe Rechtsreligiöser von der zuvor genehmigten Kundgebung fern. "Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts haben hier Juden gelebt", wetterte der rechtsnationale Parlamentarier Michael Ben-Ami gegen die "heuchlerischen linken Israelis, die Juden aus ihren Häusern vertreiben wollen". Einige Nationalreligiöse schimpften die linken Demonstranten Nazis und den Propheten Mohammed ein Schwein.

SUSANNE KNAUL

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12 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    > Im Zweifelsfall immer gegen Israel und USA.

     

    Das ist im übrigen kein Argument - so wie der Rest auch.

     

    Wenn Sie ausnahmsweise was zur Sache sagen wollen - dann nur zu.

  • A
    Achmed

    Der Vergleich Israels "mit einem Bankräuber" und Teilen Ostjerusalems als dessen "Beute", lieber Tom, bedient absichtlich oder unabsichtlich, schlimmste antisemitische Klischees, wie sie immer wieder in der sog. "Nahost-Debatte" auftauchen. Gerade von Seiten der Israel-Kritiker_innen erwarte ich eine differenziertere Sicht- und Ausdrucksweise.

    Das Vorgehen der israelischen Regierung schürt meines Erachtens bewusst, weiter diesen Konflikt. Denn: Ebenso wie die Hamas, ist auch die israelische Rechte auf den "äußeren Feind"/"die äußere Bedrohung" politisch angewiesen. Jede Entspannung schwächt die Antisemiten auf der einen und (teils rassistischen) Hardliner_innen auf der anderen Seite. Die Herrschenden beider Seiten werden den Frieden weder erreichen können, noch erreichen wollen.

    Was hier noch helfen kann, ist die alte Parole: "Against dominion - for peace and freedom!"

    Für die Null-Staaten-Lösung!

  • RS
    Rote Socke

    Ich würde mir wünschen, dass es bei Diskussionen, die ein solch wichtiges Thema für tausende von Menschen bedeuten etwas zivilisierter und vernüftiger zu gehen würde.

    Es sollte nicht um eine Aufrechnung gehen, wer hat mehr Menschen massakriert, vertrieben, gefoltert etc., sondern darum einen Lösungsansatz zu finden, mit dem alle Parteien in Frieden leben können.

     

    Blinde und bedingungslose Solidarität helfen da nicht weiter, genauso wenig wie Debatten in Online Foren irgendetwas bewegen!

     

    Wer den Mensche vor Ort tatsächlich helfen möchte, sollte sich im Bereich der Völkerverständigung einsetzen und Vorurteile abbauen. Mehr können wir von hier nicht tun!

  • F
    Flo

    "In Anlehnung an eine sehr altes Motto: "Wenn der Palästinenser über die Klinge springt, des Deutschen Seele in den Himmel springt.""

     

    Nicht ganz. Wenn es in Deutschland bzw. Europa eine Leitkultur in dieser Richtung gibt, dann ist es der Hass auf Amerika und alles vermeidlich amerikanische.

    Nur noch getoppt durch den Hass auf Israel. DIESE beiden Sachen sind deutscher/ europäischer Mainstream. Und das von Kirchen bis Gewerkschaften, von der Ober- bis zur Unterschicht und von Rechts bis Links. Im Zweifelsfall immer gegen Israel und USA. Selbst Schröder hatter seinerzeit bei der Wiederwahl ordentlich gepunktet im dem er gegen angeblich amerikanische Verhältnisse gewettert hat. Wo die große Ablehnung gegenüber Palästina sein soll, kann ich nicht erkennen...

  • T
    TOM

    Gespräche des Gesrpäches Willen sind für die Katz flo. Einfach nur etwas labern um gelabert zu haben mag das Gewissen von vielen Menschen beruhigen, meines jedoch nicht. Es wurde alles gesagt und geklärt, nur Israel hält sich eben nicht an das gesagte. So sieht es aus! Und weil Israel sich nicht an Abmachungen, Regeln und Gesetze hält, muss man also weiterreden? Worüber bitte? Einfach mal daran halten und so sieht es aus!

     

    als nächstes fangen wir dann an mit einem Bankräuber über die Höhe der Rückgabe seiner Beute zu verhandeln, oder? So sieht es aus!

     

    Es ist genug geredet, will Israel zeigen das es Frieden möchte sollen Sie endlich Frieden schaffen und die Regeln beachten. So sieht es aus! In der Zwischenzeit kannst du noch einmal die Friedensgespräche der letzten Jahrzehnte durchgehen und mal nachschauen worum es jedesmal ging. SiedlungsstopSiedlungsstopSiedlungsstop SiedlungsstopSiedlungsstopSiedlungsstopSiedlungsstopSiedlungsstop.....

     

    Na? Wie wird es weitergehen bei den nächsten ach so wichtigen Gesprächen? Schon draufgekommen?

  • M
    max

    @flo:

     

    auch wenn du es sicher selber weißt: das bild ist schlecht gewählt, weil eine nach allen aussagen friedliche demonstration nicht sinnvollerweise mit einem bild unetrlegt werden muss, wo jemand gewalt anwendet. das ist alles. ganz einfach.

     

    im übrigen ist der einsatz der usa nicht schlimm, weil sie initiative ergreifen, sondern, weil die usa die kraft im rücken israels sind, ohne deren schützende hand die ganzen rechtsbrüche, enteignungen, vertreibungen etc. gegenüber der palästinensischen bevölkerung nicht möglich wären. wenn sie ihre macht nutzen würden, um auf beide seiten druck auszuüben, damit ein sinnvoller dialog mit ergebnissen entsteht, dann wäre das erfreulich. so nutzen sie ihre macht nur, israel auch dann weiter zu protegieren, wenn in den zeiten des diplomatischen schweigens die politik der besatzung und vertreibung weiter getrieben wird.

  • E
    end.the.occupation

    >> Was soll das für ein Titelbild sein ???

     

    Na was schon.

     

    Die taz hätte natürlich auch das Bild des 14-jährigen Jungen aus Nabi Saleh zeigen können, dem isr. Grenzer am Freitag - bei einer Demonstration gegen den Diebstahl der Wasserquelle des Ortes - durch das Auge ein Gummigeschoss in den Kopf geschossen haben - wahrscheinlich aus c. 20 Meter Entfernung.

     

    Aber solche Bilder bedienen halt nicht das Interesse der taz, die Palästinenser als Aggressoren erscheinen zu lassen.

     

    Die Palästinenser einzusperren, auszurauben, zusammenzuschlagen und zu vertreiben - Platz für Siedler zu schaffen - das geschieht schliesslich im isr. Staatsinteresse. Und das muss die taz beschützen, die Realität dieses Staates verbergen und auf den Kopf stellen - um jeden Preis.

     

    Denn nur damit beweist die taz ihr Eintreten für den Kampf gegen den Antisemitisus - das moralisch höchststehende - singuläre - Projekt überhaupt.

     

    Derartig hoch stehend, dass die Opferung des Lebens einiger hundert oder tausend Palästinenser - wie etwa in Gaza - geradezu als eine quantite negligable erscheint.

     

    In Anlehnung an eine sehr altes Motto: "Wenn der Palästinenser über die Klinge springt, des Deutschen Seele in den Himmel springt."

     

    Wer kann das Angebot schon ablehnen?

  • M
    mehrdad

    ich finde es beschämend, dass niemand die lage der juden nennt, als ostjerusalem zwischen 1948-1967 arabisch besetzt war:

     

    -alle synagogen ostjerusalems wurden gesprengt.

    -jüdische wohnhäuser unbewhohnbar gemacht.

    -ostjerusalem judenrein gemacht.

    -juden aus aller welt durften nicht die klagemauer besuchen.

    -jüdische friedhofssteine wurden als strassenbelag missbraucht.

     

    dieselben leute, die sich darüber aufregen, wenn palis, die sich weigern, ihre miete zu bezahlen, durch zwangsräumung zurechtgewiesen werden, geht es am a... vorbei, dass juden unter dem schwert des islam ausgelöscht und vertrieben wurden.

  • F
    Flo

    Propaganda schrieb:

    "@ Taz

    Was soll das vor ein Titelbild sein ???"

     

     

    Wieso beschwerst du dich???

    Ihr steht doch sonst immer so auf Bilder von steinewerfenden Kiddies als Zeichen des Widerstands gegen den imperialistischen Aggressor. Wieso ist das Bild also verkehrt? Oder dürfen solche Bilder nur gezeigt werden, wenn sich nicht zu agressiv aussehen?

     

    Und wieso wird sich andauernt über die USA aufgeregt. Oder ist das Neid, dass Israel einen starken und vorallem verlässlichen Partner hat und Pal. nicht? Immerzu hört man "Die USA sind nicht die richtigen um die Friedensgespräche zu leiten". WIESO?

    Die USA ergreifen wenigstens die Initiative. Wann kommt von eurer Seite mal ein Partner der die Sachen in die Hand nimmt und neue Friedensgespräche einfädelt? Seid doch froh das USA permanent auf Gespräche setzt.

  • R
    rugero

    Es wird aus gehen wie immer. Ein bißchen Lärm, ein paar Schlagzeilen, ein paar milde mahnende Wort aus Washington in Richtung Israel, aber passieren wird gar nichts in der Siedlungsfrage.

     

    Die Israelis wissen genau, daß sie in ALLEM rückhaltlos gedeckt werden vom großen Bruder. Warum also sollten sie plötzlich beginnen die Palestinenser wie Menscher zu behandeln ?

  • US
    Ulrich Stauf

    Wie kann es eigentlich sein, dass die Nachricht von einer der größten Demonstrationen gegen die israelische Siedlungspolitik, durchgeführt von Palästinensern u n d Israelis, so wenig Beachtung in den Medien findet? Wer "macht" die Nachrichten, wer verbreitet sie? Und wer hat ein Interesse, dieses Ereignis mehr oder weniger totzuschweigen? Gerade die deutsche Presse "glänzt" durch Abwesenheit! Dabei wäre es doch die Pflicht derselben, aufgrund unserer Geschichte der Regierung Israels tagein tagaus vorzuhalten, dass sie in ihren Methoden der Besatzung und "Landeinnahme" nicht weiter dem Weg des - Gott sei Dank - vergangenen nationalsozialistischen Unrechtsstaat folgen darf.

  • P
    Propaganda

    @ Taz

     

    Was soll das vor ein Titelbild sein ???

     

    Zeigen Sie doch auf Fotos, wie die Bulldozer die Häuser (Altbauten die unter Kulturerbe und Denkmalschutz stehen) abrreissen, die Soldaten und Polizisten die die Familien (natürlich nur arabische) aus Ihren Wohnungen schlagen (WORT WÖRTLICH GEMEINT), die seit einiegen Tagen demütiegenden Attacken gegen friedliche betende Muslime in der heiliegen Moschee Al-Aqsa, die Enteignung einer der ältesten Moscheen des Islam aus Hebron, die jetzt von Siedlern besetzt wird und umgestaltet wird (sehr beleidigend)....

     

    Frau Knaul, wieso sehen sie den Elefanten im Wohnzimmer nicht, oder besser gesagt wieso wollen Sie ihn nicht sehen ???

     

    MAn könnte schon denken, dass Sie einen anderen Weg haben finanziell unabhängig zu werden, und das hat nichts mit Journalismus zu tun !