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Proteste gegen CoronamaßnahmenSchwur­b­le­r*in­nen in ganz Berlin

3.000 Menschen protestieren berlinweit gegen die Coronapolitik, etwa vor dem ZDF und an der Gethsemanekirche. Es gibt zugleich viel Gegenprotest.

Protest gegen die Coronapolitik am Alexanderplatz am Montag Foto: ap

Berlin taz | Die Zeit der großen Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen in Berlin scheint vorbei zu sein. Zurückgezogen haben sich die Protestierenden jedoch nicht: Statt auf zentrale und angemeldete Kundgebungen setzen sie auf lokale und vermeintlich unorganisierte „Montagsspaziergänge“. Doch es gibt auch viele Gegendemonstrationen.

So bleibt im Kiez rund um die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg der Protest der Co­ro­na­ver­harm­lo­se­r*in­nen auch am ersten Montag im neuen Jahr nicht unbeantwortet. Die An­woh­ne­r*in­nen treffen sich hier jede Woche zum Gegenprotest. Sie wollen verhindern, dass die Gethsemanekirche, Symbol der friedlichen Revolution von 1989, von jenen vereinnahmt wird, die sich in einer Coronadikatur wähnen. Zwischen zwei Laternen spannt an diesem Montagabend eine Schnur, an die die Teil­neh­me­r*in­nen ihre Wünsche für 2022 hängen: Entlastung der Krankenhäuser, das Ende der Pandemie, mehr Solidarität, steht darauf.

Letzteres fordert auch die Gegenseite, die nicht lange auf sich warten lässt. „Miteinander statt Gegeneinander“ steht auf dem Schild einer Demonstrantin, die sich mit Handykamera vor der Brust unter die An­woh­ne­r*in­nen mischt. Mit dabei ist auch die Szenegröße Michael B. alias „Captain Future“, Coronaleugner und Anführer der verschwörungsideologischen „Freedom-Parade“, die in Berlin immer wieder zu Protesten aufruft.

Dass die Querdenker hier montags protestieren und Kerzen ablegen, hat uns schon lange geärgert“, sagt Wiebke, eine der Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen der „Initiative Gethsemanekiez“. Ihren Nachnamen will sie lieber nicht nennen. Denn erst im Dezember eskalierte hier ein Querdenker-Aufmarsch: Co­ro­nal­eug­ne­r*in­nen rissen Kirchenmitgliedern die Masken vom Gesicht, spuckten sie an und bedrohten Anwohner*innen. „Da hat es uns gereicht. Seitdem sind wir jeden Montag hier, um denen etwas entgegenzusetzen.“

Am Rande der Versammlung am Montag streiten An­woh­ne­r*in­nen mit Querdenker*innen. Es geht um angebliche Impfschäden, die Medien und angeblich gezüchtete Viren. „Das glaube ich erst, wenn Gates und Merkel heiraten und Putin Trauzeuge ist“, murmelt ein Anwohner. Weil die ungebetenen Gäste von Masken und Mindestabständen nichts halten, muss die Polizei immer wieder dazwischengehen.

Abmarsch unter Applaus der An­woh­ne­r*in­nen

Um 18.30 Uhr haben sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite um die 30 Co­ro­nal­eug­ne­r*in­nen versammelt, einer von ihnen spielt „Die Gedanken sind frei“ auf der Ziehharmonika. Als ein Mannschaftswagen der Polizei anrückt, spazieren sie unter dem Applaus der An­woh­ne­r*in­nen davon.

Sie dürften noch mal Anschluss gefunden haben: In Berlin haben am Montagabend nach Angaben der Polizei rund 3.000 Menschen an verschiedenen Orten gegen die Coronapolitik demonstriert. Die mit 320 Personen größte Gruppe traf sich am Alexanderplatz und zog zu einer angemeldeten Kundgebung vor dem ZDF-Hauptstadtstudio. Dort skandierten die Impf­geg­ne­r*in­nen „Lügenpresse“, die Polizei ließ sie gewähren. Anders verlief der Abend in Spandau: Die Polizei löste eine Kundgebung am Rathaus mit 160 Teil­neh­me­r*in­nen wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen auf.

Nächste Woche ist wieder eine Kundgebung vor dem ZDF-Gebäude geplant. Auch die Initiative Gethsemanekiez lädt wieder ein: Eine Pfarrerin wird sie kommenden Montag unterstützen.

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