Protest gegen Vattenfall in Hamburg: Aktivisten wollen Radler bremsen
Klimaschützer wollen das diesjährige "Cyclassics"-Radrennen des Atom- und Kohlekonzerns Vattenfall in Hamburg stören. Der soll nicht vom Öko-Image des Radsports profitieren.
HAMBURG taz | Klimaschützer wollen dem Energiekonzern Vattenfall in die PR-Suppe spucken. Ein Aktionsbündnis Stop Greenwashing hat für das Radrennen Vattenfall Cyclassics am Sonntag zu Protesten aufgerufen. Der Konzern, der Atom- und Kohlekraftwerke betreibt, soll nicht vom ökologischen Image des Radsports profitieren.
Die ebenfalls beteiligte Kampagne Gegenstrom 10 hat angekündigt, dass sie das Profirennen unterbrechen und die Fahrer zu Denkpausen zwingen will. "Sie sollten wissen, dass es in diesem Jahr sehr wahrscheinlich keinen sportlichen Sieger geben wird", schreibt sie in einem Brief an die "sehr geehrten Profi-Radsportler".
Zu den Cyclassics kommen in diesem Jahr 160 Profis und 20.000 Amateure. Das Rennen gehört zu einer Reihe von imagefördernden Vattenfall-Veranstaltungen wie Lesetagen und auch eine Klimaakademie. Gegenstrom wirft dem Konzern vor, er versuche damit von seiner zerstörerischen CO2-Bilanz und seinem "riskanten Geschäft mit der Kernenergie" abzulenken.
Vattenfall betreibt die seit 2007 abgeschalteten Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. In der Lausitz verstromt der Konzern Braunkohle, wodurch besonders viel CO2 freigesetzt wird. Und in Hamburg baut er das Kohlekraftwerk Moorburg - eines der größten der Republik. Die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk versuchte das Projekt über das Genehmigungsrecht zu stoppen. Daraufhin verklagte der Konzern die Stadt vor dem Schiedsgericht der Weltbank auf Investitionsschutz. Streitsumme: 1,4 Milliarden Euro.
Gegenstrom hatte vor zwei Jahren kurzzeitig das Kraftwerksgelände von Vattenfall besetzt. "Wir werden die Radler rechtzeitig ausbremsen", verspricht Aktivist Jens Fischer. Die Radrennfahrer sollten durch "physische Präsenz" am Weiterfahren gehindert werden. Die Kampagne wolle niemanden gefährden, keine eskalierenden Konflikte mit Ordnern, der Polizei oder gar den Radsportfans. Im Gegenteil: Im Vorfeld wollen Aktivisten Schweißbänder mit dem Schriftzug "Tschüss Vattenfall" an Profis und Jedermann-FahrerInnen verteilen, "so dass klar wird, dass das keine isolierte Aktion ist", sagt Fischer.
"Wir gehen davon aus, dass wir das Rennen reibungslos über die Bühne bekommen", sagt Reinald Achilles vom Veranstalter Upsolut in einer ersten Stellungnahme. Die Polizei und die eigenen Ordner seien "sensibilisiert für das Thema". Die Agentur muss dafür sorgen, dass die Strecke frei bleibt. Etwa 1.000 Ordnungskräfte hat sie nach eigenen Angaben am Tag des Rennens dafür zur Verfügung. Vattenfall verzichtete auf einen Kommentar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“