Protest gegen Trasse: Idealisten in der Feuerpause
Die Baumbesetzer im Altonaer Gählerpark sind nach dem Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht vorsichtig optimistisch und planen ihren Rückzug
Es herrscht eine entspannte Atmosphäre im Altonaer Gählerpark. Viele Baumbesetzer sind nicht zu sehen, letzte Nacht hat es gestürmt. "Es hat ganz schön gewackelt, und die flatternde Plane hat mich vom Schlafen abgehalten", sagt Erik, 27, Robin-Wood-Aktivist. Eigentlich kommt er aus Freiburg, doch seit Januar lebt er in den Bäumen.
Es waren aufregende Wochen für die Baumbesetzer. Jederzeit rechneten die Protestler gegen die Moorburgtrasse mit der Räumung durch die Polizei. Für den Tag X, wie die drohende Gefahr genannt wurde, war sogar eine SMS-Alarmkette eingerichtet worden. Doch seit vergangenen Mittwoch können sie durchatmen. Der BUND-Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg wurde stattgegeben, die drohende Abholzung dadurch vorerst gestoppt (taz berichtete). Zwar wollen sowohl Vattenfall als auch der BUND die Urteilsbegründung des Gerichts zunächst prüfen, doch im Grunde gehen die Baumbesetzer von einem Erfolg aus. "Die Dauer spricht eigentlich für eine inhaltliche und tiefer gehende Begründung", sagt Palle Schlüter von der Initiative "Moorburgtrasse stoppen".
Die Aktivisten sind dankbar für den Stopp. "Die Feuerpause nutzen wir, um uns neu zu ordnen und Kräfte zu sammeln", sagt Stefan, ebenfalls Besetzer. In dem Nachbarschaftshaus, das die Aktivisten benutzen dürfen, hat er gerade das Mittagessen aufgetischt. Man hat das Gefühl, in einer WG-Küche zu stehen. "Die Stimmung ist total umgeschlagen", sagt Erik, "vor dem Urteil waren wir sehr angespannt, jetzt sind wir erleichtert." Fällen dürfte Vattenfall die Bäume nach der Hamburger Baumschutzverordnung sowieso nur noch bis zum 15. März, danach nur noch mit Sondergenehmigung.
Auch über einen möglichen schnellen Abbau machen sich die Aktivisten bereits Gedanken. "Wenn das Urteil aus unserer Sicht positiv ist, dann setzen wir die Baumbesetzungen erstmal aus und es gibt einen geordneten Rückzug", sagt Schlüter. Die Aktivisten versprechen zudem, den Park aufzuräumen.
Noch thronen die acht Plattformen über den Passanten, die immer mal wieder anhalten und sich über die Aktion und deren Fortschreiten erkundigen. Erik erklärt einer Schulklasse das Abseilen vom Baum, er habe das bei Greenpeace gelernt, sagt er. Früher war er schon an anderen Protesten beteiligt, aber dieser sei anders. "Normalerweise finden die Aktionen in menschenleeren Gebieten statt, doch hier sind wir mitten in der Stadt. Das ist schon super", sagt er. Baumbesetzen ist aber nicht nur Abenteuer. Zu den Schattenseiten gehört neben Stürmen auch die Witterung. "Als es noch so kalt war, ist das Kondenswasser gefroren, jetzt wachen wir immer in nassen Schlafsäcken auf", sagt Stefan. Entschädigung für unbequeme Nächte sind die vielen Gespräche und Aktionen. Kindergeburtstage wurden hier gefeiert, es gibt Probeklettern und Diskussionsrunden bei einem Bier um ein brennendes Fass.
Doch bei allem Optimismus über die OVG-Entscheidung wäre die Sicherung des Baumbestands im Gählerpark nur ein Teilerfolg für die Initiative. "Wir wollen, dass die Trasse gar nicht gebaut wird", sagt Schlüter und Erik fängt an zu träumen: "Wenn wir die Trasse verhindern können, dann wird das Kraftwerk vielleicht nie in Betrieb genommen."
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