piwik no script img

Protest gegen Papst-BesuchWarten auf Segen der Polizei

Nach Kritik von Papstgegnern kündigt Polizei Bescheid für deren Demo an. Gericht untersagt Werbung von Katholiken-Verein auf CDU-Plakattafeln.

Das Gewand steht schon der bereit, der Träger kommt noch - nicht zur Freude aller: Das Messgewand des Papstes in Berlin. Bild: dpa

Papstgegner kritisieren die Polizei: Bereits im März habe man eine Demonstration gegen den Besuch des katholischen Kirchenoberhaupts angemeldet - bis heute ohne Antwortbescheid der Polizei. "Zwei Wochen vor der Demo ist das nicht mehr nachvollziehbar", klagt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg. Die Mobilisierung werde gehemmt, man habe Demo-Plakate ohne Ortsangabe drucken müssen. "Das ist absurd."

Mehr als 10.000 Menschen werden am 22. September zu Protesten gegen den Besuch des Papstes in Berlin erwartet. 60 Verbände haben sich zum Bündnis "Der Papst kommt" zusammengeschlossen. Sie kritisieren die "menschenfeindliche" Geschlechter- und Sexualpolitik des Kirchenoberhaupts.

Streit gibt es um die Demo-Route. Parallel zur Papst-Rede im Bundestag wollen die Gegner vom Brandenburger Tor zur Hedwigskathedrale ziehen. Das Brandenburger Tor als Startplatz werde aus Sicherheitsgründen "sehr schwierig", sagt ein Polizeisprecher. Der Papst unterliege der höchsten Gefährdungsstufe. Die Anfahrtswege zum Bundestag seien begrenzt und müssten freigehalten werden, so der Sprecher. Der Auflagenbescheid für die Demonstration werde spätestens am Donnerstag zugestellt.

"Wenn dem so ist, würde mich das freuen", sagt Steinert. Allerdings werde man seit Wochen hingehalten. Werde der Demo-Start am Brandenburger Tor untersagt, werde man dagegen vorm Verwaltungsgericht klagen. "Eine friedliche Demo in Hörweite des Bundestags muss möglich sein." Der Protest befinde sich außerhalb der Bannmeile und bewege sich auch von dem "Gefahrenpunkt" weg.

Christian Pestalozza, Rechtsprofessor der FU Berlin, betont, dass das Versammlungsgesetz keinen Anspruch auf einen Veranstaltungsort garantiere. Auch sehe er keine versammlungshemmende Praxis der Berliner Polizei, so Pestalozza. "Die Rechtsprechung ist hier sehr liberal, das wird auch von der Versammlungsbehörde geachtet." Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts teilt diese Sichtweise. Bei vielen 100 angemeldeten Versammlungen in Berlin gebe es jährlich rund ein Dutzend Streitfälle. "Das ist nicht nennenswert." Auch die Polizei widerspricht dem Eindruck, Versammlungsbescheide zu kurzfristig zu erteilen. Allerdings habe die Versammlungsbehörde im Wahljahr viel zu tun, so ein Sprecher. Gab es 2010 in Berlin 2.364 Demonstrationen, sind es in diesem Jahr bereits 2.800. Da könne es eventuell zu Verzögerungen kommen.

Unterdessen untersagte das Verwaltungsgericht die Nutzung von CDU-Tafeln für Papst-Werbung. Der katholische "Credo"-Verein wollte Großaufsteller der CDU Mitte nutzen, um den Papst "willkommen zu heißen". Die Aufsteller seien nur für Wahlwerbung zulässig, so das Gericht. "Credo" reichte dagegen Beschwerde ein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • T
    Tisbert

    @ MediumSteak: Natürlich gehört zum Pluralismus auch, die Meinung anderer gelten zu lassen. Sogar die eines alten Mannes mit Ansichten aus einem früheren Jahrhundert. Einem viel früheren Jahrhundert. Wenn dieser Mann allerdings die Möglichkeit dazu hätte, würde er meinungen oder Lebensführungen die seinem engstirnigen Weltbild widersprechen sehr wohl verbieten. Er ist der Diktator der demokratiefeindlichsten religiösen Institution auf diesem Planeten. Der große zivilisatorische Fortschritt in Europa war nur möglich, weiul der Einfluss dieser Kirche zurückgedrängt werden konnte. In der heutigen Zeit finde ich es untragbar, wenn eine solche Person auf Kosten aller Steuerzahler (also u.a. auf meine Kosten!) seine engstirnigen Botschaften öffentlich verbreiten darf.

  • I
    Ich

    MediumSteak verstehe ich nicht. Deine Argumentation ist unschlüssig.

  • NW
    Nora Waldschütz

    Was ist eigentlich das Schönste im Leben? Was macht unser Leben glücklich und läßt es gelingen? Und was trägt uns, wenn Krankheiten und Leiden kommen?

     

    Die Liebe Gottes ist der Schlüssel zu diesen Antworten und der Heilige Vater ist ein Wegweiser auf dem Weg zu einem geglückten Leben.

     

    Deshalb freue ich mich auf seinen Besuch! Seine Botschaft wird uns allen gut tun!

  • C
    chandartha

    Die große frage bleibt erstmal: Was will dieser Mann, der als letzter europäischer, alleinherrschender Monarch kommt, im Bundestag eines demokratischen Landes ein "grundsatzpolitische Rede" halten?

    Sind wir ein Gottesstaat? Sind wir das Pendant zum Iran?

     

    Respekt vor diesem Mann? ... Auf welcher Basis denn ... Humanismus? Menschlichkeit?

    Respektvoll ist einzig das Vermögen des Vatikans.

    Auf ideologischer Basis freiheitsbekämpfende Popstars stehen in einem weltanschaulich (angeblich) neutralem Staat nicht auf Augenhöhe mit der Politik, ein Michel Jackson genauso wenig wie ein Papst.

    Finanziell wird diese ganze Popveranstaltung vom staatlichen Steuerzahler (knapp 40% Konfessionsfreie!) getragen - nicht von den Kirchensteuern!

    Diese Rede im Bundestag ist ein offener Schlag ins Gesicht der gegenwärtigen gesellschaftlichen Norm - es ist ein riesiger Schritt zurück ins Mittelalter.

  • NM
    Nur mal so

    was ich ja nach wie vor nicht verstehe, ist, warum sich alle so aufregen über den Papstbesuch und vor allem, warum die Schwulen- und Lesbenverbände derart durchdrehen. Verlangt doch niemand, dass sie an Gott glauben oder auf den Papst oder sonstwen hören. Niemand wird doch zum Glauben gezwungen, oder zur Mitgliedschaft gezwungen. Wenn sie also nicht an die Autorität des Papstes glauben - was solls. Kann ihnen doch völlig egal sein, was ein alter Mann sagt, an den sie nicht glauben, auf den Sie nicht hören und der ihnen nichts zu befehlen hat. Dann sollen sie es doch einfach lassen. Aber warum muss der Papst seine Meinung ändern? Ich versteh es einfach nicht. Bei uns im Rheinland sagt man: Jeder Jeck is anders. Genau, der Schwule ist anders als der Papst. Niemand sagt, dass sie Freunde werden müssen.

  • M
    MediumSteak

    Also man kann ja über den Papstbesuch denken wie man will, eins muss man dem Papst wirklich zugestehen: er ist einer der ganz wenigen, die sich radikal gegen einen Zeitgeist stellen, der sich wirklich zerstörerich auf unsere Gesellschaft auswirkt. Und mir ist eins aufgefallen, nachdem ich mir wirklich mal Gedanken über diesen Mann gemacht habe: nicht Kondome, nicht anti-weibliches Gebärden, nicht Schwule oder sonstwas sind Gegenstand seiner Botschaft - sondern Sinnhaftigkeit (gegen Sinnlosigkeit) unserer Leben, Schutz aller Menschenwürde, die Botschaft eines liebenden Gottes, Aufruf zu Verantwortung, Friedfertigkeit, Glaube, Hoffnung und Liebe.

     

    Und das ist eine Botschaft, die wohl schwer zu ignorieren ist - wie auch immer man zu ihm stehen mag.

     

    Meinen Respekt hat der Mann!

  • AK
    An Karl G.

    Keine Toleranz gegenüber Intoleranten!

     

    Menschen, mit denen man nicht diskutieren kann, können auch nicht toleriert werden. Der Papst ist Vorsitzender einer menschenfeindlichen Organisation. Darauf muss aufmerksam gemacht werden, und zwar immer wieder, bis es endlich begriffen wird - Staaten, die die Menschenrechtecharta nicht unterschreiben, sind kein Umgang!

  • I
    Ines

    @ Susi: find ich gut. Ich will jetzt auch erstmal hören, was der Papst sagt.

     

    @ Dr. MOtte: eine kleine Korrektur: die Kirche zahlt den Papst-Besuch selbst. Dass sie dafür auch Kirchensteuern nutzt, ist natürlich, oder? Dafür sind die Kirchensteuern (auch) da.

    Der Staat zahlt m.E. lediglich die Sicherheitsvokehrungen. Das tut er immer, egal, ob für den Christopher Street Day, für den Besuch der englischen Königin oder für ein stinknormales Fussballspiel.

  • K
    Karl .G.

    Zuhören wenn es um die Würde des Menschen geht. Das wünsche ich mir von uns: egal ob rot, grün, links, schul, katholisch oder gar nichts. Denn das ist Demokratie, das ist auch spannend. Wer nicht katholisch ist, braucht sich doch gar nicht über den Papst aufzuregen, oder? Wo ist die Toleranz der Intelligenten?

  • FJ
    Franz Josef

    Es verwundert mich schon sehr das ein so starker Gegenwind in der Deutschen Hauptstadt gegen den Papst weht. Vor was haben Sie den Angst? Das der Papst erneut zu einem Toleranten verhalten zwischen uns allen aufruft, und uns in unsere doch so verworrenen Zeit mit wirklichen Worten der Hoffnung nährt, die nicht irgendwie mal so entstanden sind, sonder deren Wurzel Christus selbst ist?

    Es fasziniert mich auch sehr wie wehement immer wieder auf die Kosten des Besuchs aufmerksam gemacht wird, obwohl im Gegenzug die Stadt Berlin mit unheimlichen Einnahmen und sogar zusätzlichen Arbeitsplätzen zu rechnen hat! Allein in Edinbourgh und Glasgow wurde dank des Papstbesuchs ein Gewinn von 15 Millionen Pfund bei Kosten von einigen 100.000 Pfund gemacht.

    Was ist nur mir dir los Berlin?

  • S
    Susi1985

    Früher habe ich selbst gegen den Papst Sprechchöre geleitet.... Aber da hatte ich selbst nicht nachgedacht. Dann habe ich mal genau und selbstdenkend hingehört, was er - bzw damals Johannes Paul II - zu sagen hat: und ich war erstaunt!

    Es ist leicht zu demonstrieren und gegen den Papst zu schreien. Aber das ist nur etwas für Mitläufer. Eigenständig Denkende trauen sich gegen den Strom zu schwimmen, zuzuhören, und sich im Anschluss eine Meinung zu bilden (das ist viel schwieriger als bei Sprechchören mitzuschreien). Wer nach seiner Rede(n) einen Grund zum Ärgern hat, soll dies als Diskussionsbeitrag kund tun!

  • S
    Susi1985

    Früher habe ich selbst gegen den Papst Sprechchöre geleitet.... Aber da hatte ich selbst nicht nachgedacht. Dann habe ich mal genau und selbstdenkend hingehört, was er - bzw damals Johannes Paul II - zu sagen hat: und ich war erstaunt!

    Es ist leicht zu demonstrieren und gegen den Papst zu schreien. Aber das ist nur etwas für Mitläufer. Eigenständig Denkende trauen sich gegen den Strom zu schwimmen, zuzuhören, und sich im Anschluss eine Meinung zu bilden (das ist viel schwieriger als bei Sprechchören mitzuschreien). Wer nach seiner Rede(n) einen Grund zum Ärgern hat, soll dies als Diskussionsbeitrag kund tun!

  • GH
    Greißl Helmut

    Schon ein Skandal, dass in einer Stadt, die ihre

    Freiheit und den Fall der Mauer auch zu einem Teil

    dem Wirken von Johannes Paul II. zu verdanken hat,

    sein Nachfolger von Chaoten und Gottlosen so

    schäbig behandelt wird. Wieder zeigt sich, diese

    Stadt hätte nie Hauptstadt der freien Bundesrepublik

    werden dürfen. Bei Reden von Breschnew und Co. gäbe

    es keine Demonstrationen.

  • D
    DrMotte

    Warum die römisch-katholische Kirche den Auftritt ihres höchsten Vertreters nicht selbst bezahlen und sich dies vonSteuergeldern bezahlen lassen, istmir unerklärlich.

  • H
    hopfen

    "Die Rechtsprechung ist hier sehr liberal, das wird auch von der Versammlungsbehörde geachtet."

     

    Was ist denn daran liberal einfach keine Bescheide auszustellen und so Demonstrationen zu verhindern? Wenn es im letzten Jahr schon ähnlich viele Demonstrationen gab ist die Polizei doch vorbereitet. Eine verspätete Abwicklung reduziert die Arbeit auch nicht, es erschwert den Betroffenen nur die Vorbereitung und den Rechtsweg...was sicherlich gewollt ist.