Protest gegen Internetzensur in Vietnam: Mutter zündet sich an
Der Suizid der Mutter einer regimekritischen Bloggerin macht die Internetzensur in Vietnam öffentlich. In der kommenden Woche soll der Tochter der Prozess gemacht werden.
BERLIN taz | Am Montag hat sich im Süden Vietnams die Mutter einer inhaftierten Bloggerin vor dem Sitz des lokalen Volkskomitees selbst angezündet. Sie sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, berichten übereinstimmend verschiedene Nachrichtenagenturen und Exilmedien unter Berufung auf Familienangehörige und Freunde der inhaftierten Ta Phong Tan.
Demnach war die 64-jährige Dang Thi Kim Lieng verzweifelt über den Prozess gegen ihre 43-jährige Tochter, der am 7. August beginnen soll. Die frühere Polizistin Tan sitzt seit September 2011 im Gefängnis. Zuvor war sie mehrfach von der Staatssicherheit drangsaliert worden. Jetzt wird sie mit zwei weiteren regimekritischen Bloggern angeklagt.
Den drei Aktivisten des verbotenen Freien Journalistenclubs wird „Propaganda gegen den Staat“ vorgeworfen. Darauf stehen bis zu 20 Jahren Gefängnis. Das frühere KP-Mitglied Tan prangerte in ihren Blogs die Korruption und Ungerechtigkeit im vietnamesischen Polizei- und Rechtssystem an.
Lieng sei am Morgen in die Provinstadt Bac Lieu im Mekong-Delta gefahren. Dort habe sie sich ohne Ankündigung vor dem Regierungsgebäude angezündet, berichtete ihre zweite Tochter. Sie sagte dpa: „Meine Mutter war verzweifelt wegen der Anklage und wegen eines Streits um Land. Sie wollte meine Schwester besuchen, aber die Behörden erlaubten es nicht.“
Der öffentliche Suizid wirf ein Licht auf die Unterdrückung kritischer Blogger in dem Einparteienstaat. „Vor dem Hintergrund der Proteste in den arabischen Ländern und der demokratischen Reformen in Birma fürchtet die vietnamesische Regierung den freien Informationsaustausch im Internet und verstärkt die Repression gegen kritische Journalisten und Blogger“, erklärte kürzlich Reporter ohne Grenzen.
Die Organisation zählt Vietnam zu den „Feinden des Internets“. Neben China und Iran gelte es als „größtes Gefängnis für Internetaktivisten weltweit“. 18 säßen in Haft. Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation belegt Vietnam Rang 172 von 179.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers