Protest bei der "Frankfurter Rundschau": Die Redaktion steht auf
Die JournalistInnen der "FR" wollen den Verlust ihrer Überregionalität nicht kampflos hinnahmen. Am Donnerstagmittag ist eine Aktion vor den Verlagsgebäude geplant.
BERLIN taz | Über den Karl-Gerold-Platz weht an diesem Donnerstag ein Hauch von High Noon: Auf dem nach dem legendären Gründer der Frankfurter Rundschau (FR) benannten Stückchen von Frankfurt wollen um 12 Uhr mittags die JournalistInnen der FR vor ihrem Verlagsgebäude, "über die Situation informieren". So harmlos steht es in einer gemeinsamen Erklärung von Redaktion und Betriebsrat.
Doch die Situation ist dramatisch: Der Hälfte der Redaktion droht die Kündigung, bis auf die Regionalteile wird die FR künftig beim Schwesterblatt Berliner Zeitung in der rund 550 Kilometer entfernten Hauptstadt gemacht. Verhandlungen zwischen Verlag und Gewerkschaften laufen, doch zu viel ist noch unklar: "Eine beantwortete Frage wirft drei neue auf", heißt es in Frankfurt. Jetzt meldet sich die Redaktion hörbar zu Wort. Sie schöpft Hoffnung aus vielen Protestmails von Lesern und Einträgen im FR-eigenen Bronski-Blog, der wie der taz-Hausblog funktioniert.
"Die Rundschau muss in Frankfurt bleiben", fordern nun Redaktion und Betriebsrat, das gelte vor allem für die vom Umzug nach Berlin bedrohte Mantelredaktion, die den überregionalen Teil der Zeitung bestreitet. Auch die Berichterstattung aus der Region müsse in den Händen der Frankfurter Rundschau bleiben – hier ist geplant, einzelne Lokalausgaben in eigenständige Tochterunternehmen auszulagern.
"Aus den zahlreichen Gesprächen und Zuschriften in den vergangenen Tagen geht für die Journalisten der FR eindeutig hervor, dass die Verlagerung der Ressorts von weiten Teilen der Leserschaft abgelehnt wird", heißt es in der Erklärung weiter. "Auch ist uns nicht klar, welchen Vorteil die alleinige Produktion des überregionalen Teils der FR am Standort Berlin im digitalen Zeitalter eigentlich haben soll".
Um weiter glaubwürdig zu sein, müsse "die Rundschau in Frankfurt geschrieben und produziert" werden. "Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Verlagerung nach Berlin die wirtschaftliche Situation der FR nicht verbessern, sie vielmehr weiter verschlechtern würde", schreiben die RedakteurInnen.
Bestärkt werden sie durch Leserzuschriften – etwa von Berzhold Steinborn, der sich vom "Verlust der Eigenständigkeit" seiner Zeitung "maßlos enttäuscht" zeigt: "Wenn ich eine überregionale Berliner Zeitung lesen wollte, hätte ich dies schon längst tun können", schreibt er: "Das Tabloid-Format hat zwar schon zu Inhaltsverlusten geführt, doch das neue Layout und die ideenreiche Grafik versöhnten mich mit der neuen Gestalt. Was tun? Noch ein, zwei Jahre dem Sterben der FR zusehen und dann die Süddeutsche abonnieren?"
Der Kölner DuMont-Konzern, zu dem FR und Berliner Zeitung gehören, hatte am 1. April angekündigt, die Redaktion in Frankfurt wegen nochmaliger Verluste des Blattes in zweistelliger Millionenhöhe drastisch zu verkleinern und den überregionalen Teil der FR künftig von der Redaktion der Berliner Zeitung machen zu lassen. Anders, so Verleger Alfred Neven DuMont, sei "die Existenz der Zeitung nicht zu sichern". Was den Frankfurtern jetzt fehlt, ist ein Sheriff vom Schlage Gary Coopers. Denn der starke Mann für beide Blätter heißt Uwe Vorkötter. Er wird als Chefredakteur beide Titel leiten – und kommt von der Berliner Zeitung.
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