Prostest gegen Agenda 2010: Linke Initiative gegen Leiharbeit

Die Bremer Linkspartei bilanziert: Die Sozialpolitik des Kanzlers Schröder hat das Arbeitslosengeld verkürzt und die Leiharbeit legalisiert. Hartz IV brachte mehr Armut.

Zwei Dutzend Menschen protestierten vor der Bürgerschaft gegen die rot-grüne Hartz-IV-Gesetzgebung. Bild: kawe

BREMEN taz | Vor zehn Jahren hat die Bundesregierung von Gerhard Schröder die Hartz-IV-Gesetze im Bundestag von der rot-grünen Koalition beschließen lassen – vor der Bremischen Bürgerschaft hatte die Linke aus diesem Anlass gestern eine kleine Protestaktion organisiert und spielte dazu per Lautsprecher die damalige Bundestagsrede von Schröder ab.

Die rot-grünen Reformen sollten ein Zukunftsprojekt werden, geradezu „großspurig“, so erklärte die Fraktionschefin der Linken, Kristina Vogt, sei es „Agenda 2010“ genannt worden. Nicht erst im Jahre 2010 habe sich herausgestellt, dass das Instrumentarium keineswegs „mehr Arbeit“ schaffen würde – eine „Lüge“ sei die entsprechende Ankündigung Schröders gewesen. Es sei ein großer Bereich prekär Beschäftigter entstanden, die Zahl der Leiharbeiter habe sich verdreifacht, bei den unteren Einkommen habe es einen Einkommensverlust von 10 Prozent gegeben. Seit dieser „Reform“ wird das alte Arbeitslosengeld nur noch ein Jahr bezahlt – das wirke als „soziale Abstiegsangst“ und mache enormen Druck auf die Beschäftigten.

Mehr als 13.500 „Leiharbeiter“ gibt es inzwischen in Bremen, die Agentur für Arbeit zahlt mehr als fünf Millionen Euro jedes Jahr „aufstockend“ an Leiharbeiter, die weniger als das Existenzminimum verdienen. Auch in boomenden Branchen wie der Windenergie führt Leiharbeit dazu, dass weniger feste Arbeitsplätze entstehen – 20 Prozent der Beschäftigten in diesem Bereich sind „Leiharbeiter“.

14 Prozent der Bevölkerung in Bremen lebt inzwischen von Hartz IV. Wenn man Sozialgeld und Grundsicherung im Alter hinzunimmt, kommt man auf eine „SGB-II-Quote“ von insgesamt 18 Prozent.

Die Hartz-Gesetzgebung hat also nicht wie versprochen „Impulse für mehr Arbeit“ gegeben, sondern sie hat „zur sozialen Spaltung beigetragen“, sagt der Sozialreferent der Linken, Manfred Steglich. Das System wird von den Betroffenen als höchst ungerecht empfunden – am Sozialgericht Bremen machten die Hartz-IV-Klagen im Jahre 2012 insgesamt 60,2 Prozent der eingehenden Verfahren aus. Gleichzeitig beobachtet die Linke mehr „Gleichgültigkeit der Nichtbetroffenen“, Arbeitslosigkeit wird als individuell zu verantwortendes Schicksal interpretiert.

Die Abschaffung des Hartz-IV-Systems und sein Ersatz durch eine diskriminierungsfreie Grundsicherung gehörte von Anfang an zu den Kernforderungen der Linkspartei. Gegen die Leiharbeit hat die Fraktion nun einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht. Im Bundesrat soll der Bremer Senat die generelle Abschaffung der Hartz-I-Gesetze, die die Leiharbeit regeln, fordern. Der Senat soll aber auch konkret in Bremen handeln: Ähnlich wie beim Mindestlohngesetz sollen keine Aufträge mehr an Firmen vergeben werden, die Leiharbeiter beschäftigen. Und die Wirtschaftsförderung Firmen diskriminieren, die eine bestimmte Leiharbeitsquote überschreiten. Ausgerechnet das CDU-regierte Thüringen macht vor, dass das geht: Bei 30 Prozent Leiharbeitsquote ist dort Schluss mit Wirtschaftsförderung, und wer über 10 Prozent Leiharbeiter hat, kann nur eine Minimalförderung beantragen.

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