Programmierer vergrätzt: Aufs iPhone darf nur, was Apple will

Apple legt selbst fest, welche Anwendungen auf sein iPhone dürfen und welche nicht. Nachdem einige Produkte verboten wurden, bemängeln Programmierer fehlende Offenheit.

Mail-Software für Googlemail? Nicht auf ihrem Handy, entschied Apple. Bild: dpa

Es begann mit dem Verbot eines virtuellen Furzkissens. Die iPhone-Anwendung namens "Pull My Finger" wurde vom Team des Software-Ladens "App Store", der auf jedem der Apple-Handys zu finden ist, Anfang September offiziell zurückgewiesen, weil sie "nur über einen eingeschränkten Nutzwert" verfüge und unklar sei, ob sie "die breite Masse der Nutzer" auch anspreche.

Der Programmierer der (seiner Meinung nach) durchaus kreativen Software, die unter anderem "16 verschiedene "Zieh an meinem Finger"-Illustrationen" sowie "diverse Darmgeräusche" enthielt, ging mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit und trat damit eine große Debatte um die derzeit heißeste Mobilfunk-Plattform der Welt los - und die Politik des Computerkonzerns Apple, was die Zulassung von Software anbetrifft.

Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Das Problem: Bei iPhone und auch dem ohne Telefonfunktion verkaufen Ableger iPod touch bestimmt allein Apple, welche Anwendungen über den einzigen offiziellen Vertriebsweg, den erwähnten App Store, auf die Plattform gelangen. Die Regeln dazu sind allerdings sehr wage. So wurden in den letzten Wochen gleich mehrere Programme nicht zugelassen, die deutlich weniger kontrovers waren als "Pull My Finger".

Da lehnte Apple beispielsweise durchaus sinnvolle Programme wie eine Mail-Software für den Google-Post-Dienst Gmail oder eine Anwendung für das Herunterladen von Podcasts ab. Begründung: Die von unabhängigen Programmierern entwickelte Software dupliziere Funktionalität, die bereits von Apple komme. Um es mit einem Beispiel aus der PC-Welt zu erklären: Das wäre ungefähr so, als würde Microsoft anderen Herstellern verbieten, neben seinem Büropaket "Office" weitere Textverarbeitungen zu verkaufen. Im Unterschied zu Microsoft ist das Apple technisch und vertraglich sogar erlaubt: Der iPhone-Hersteller darf jedes Programm zurückweisen, dass ihm vorgelegt wird, da nichts ohne den von ihm kontrollierten Software-Laden geht. Auch kann er sogar einmal verteilte Programme später wieder sperren lassen.

Für den Nutzer ist die enge Kontrolle durch Apple durchaus von Vorteil: Er erlebt eine einheitliche Oberfläche und kann auf Fingerdruck neue, interessante Programme laden, die vorher zumindest auf ihre Funktionalität überprüft wurden. Programmierer sehen das hingegen zwiespältig: Zwar sei der App Store ein toller Vertriebsweg, der hochprofitabel sein könne, doch sei man sich bei Apple nie sicher, ob eine mit viel Aufwand entwickelte Anwendung auch zugelassen würde. Zudem dauere es teilweise Wochen, bis Apple neue Programme in seinen iPhone-Laden einstelle.

Hinzu kommt, dass Apple alle Entwickler zu strengstem Stillschweigen verpflichtet: Sie dürfen über die iPhone-Programmierung weder reden noch sich untereinander austauschen, es gilt ein so genanntes "Non-Disclosure Agreement" (NDA). Brent Simmons, ein bekannter iPhone-Programmierer, fragt sich, wieso Apple eine derart strikte Politik fährt, die dem Image der Firma mehr schadet als nutzt. "Das wirkt nicht mehr wie das Unternehmen, für dass ich es so sehr liebe, zu entwickeln."

Im Gegensatz zu Apple geht Google, dessen erstes Internet-Handy in Zusammenarbeit mit T-Mobile und dem taiwanesischen Mobilfunkhersteller HTC in dieser Woche in New York vorgestellt wurde, einen anderen Weg. Die Plattform namens "Android" lässt sich von jedem programmieren, ohne dass man eine Genehmigung von Google einholen müsste. Auch der eingebaute Software-Laden namens "Android Store" ist offen für alle.

Das bedingt allerdings auch, dass hier deutlich mehr Chaos herrscht als bei Apple: Die von Google gezeigten Anwendungen sehen denn auch zum Teil völlig unterschiedlich aus, was man als benutzerunfreundlicher interpretieren könnte. Auch können Android-Handys völlig unterschiedlich sein und beispielsweise über einen Touchscreen verfügen oder auch nicht - es gibt kein einheitliches Design wie beim iPhone, diverse Hersteller dürfen mitmachen.

Dennoch gibt es erste Programmierer, die dem iPhone den Rücken zukehren, um sich in offenere Gebiete vorzuwagen. Der Entwickler der von Apple zurückgewiesenen Podcasting-Anwendung kündigte bereits an, seine Software künftig für Android zu schreiben.

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