Produkt-Plagiate: Betrug mit falschen iPhones
Wer bei eBay und Co. nicht aufpasst, kann sich schnell ein gefälschtes "Wunderhandy" einhandeln. Die Geräte aus China sehen echt aus, laufen aber mit einer völlig anderen Software.
Wir leben in einer globalisierten Welt - und das gilt erst recht für den Handel mit populären IT-Produkten. Wer bei eBay und anderen Online-Shops nach günstiger Hardware sucht, landet inzwischen nicht selten bei ausländischen Anbietern, die gerne bereit sind, ihre Produkte in wenigen Tagen nach Deutschland zu schicken.
Das Computermagazin "c't" hat nun den Test gemacht und ein solches Produkt, das als "Geheimtipp" durch Foren und Chaträume geisterte, bestellt: Ein aktuelles iPhone 3G des Herstellers Apple, das mit 16 Gigabyte Speicher für nur 265 Dollar angeboten wurde. Ein Schnäppchen: Normalerweise werden dafür in den USA 300 Dollar fällig - mit teurem Zweijahresvertrag. Als zusätzliches Goodie sollte das aus Shenzhen verschickte "Wunderhandy" auch noch ohne Sim-Lock ausgeliefert werden, also mit jedem Mobilfunknetzbetreiber und nicht nur mit dem hiesigen Apple-Partner T-Mobile zu verwenden sein.
Was dann inklusive Zollgebühren 220 Euro kostete, erwies sich nach zweiwöchiger Lieferzeit allerdings keineswegs als günstiger Kauf: Die "c't"-Redakteure hielten zwar eine Verpackung in den Händen, die der des echten iPhone stark glich, doch stand dort nur "Phone" statt "iPhone" und das "3G" für die UMTS-Nutzung war ebenfalls weggelassen worden. Auch ausgepackt sah das chinesische Gerät nur von weitem aus wie ein echtes iPhone - selbst das Apple-Logo war nur aufgeklebt. Dafür ließ es sich im Gegensatz zum Original öffnen, der Hersteller hatte sogar einen zweiten Akku mitgeliefert. Und sogar die Möglichkeit, zwei Sim-Karten einzustecken, war vorhanden. (Apple bietet beide Features nicht.)
Ein Blick auf die Funktionsweise zeigte dann, dass es sich um ein ganz normales GSM-Mobiltelefon ohne UMTS und mit ganz spezieller chinesischer Software handelte. Die sah zwar so aus wie Apples Original, hatte mit dem dort verwendeten OS X-Betriebssystem aber nichts zu tun. Das Display war zudem auf Stiftbedienung ausgelegt und bot nur ein schlechtes Bild. Fazit: Eine plumpe Fälschung, bei der kaum Chancen bestehen, sie umzutauschen.
Und Apple kämpft nicht nur beim iPhone mit chinesischen Produktpiraten. Besonders beliebtes Fälschungsobjekt ist auch der MP3-Spieler iPod. Dessen Plagiate gibt es im asiatischen und immer häufiger auch im deutschen Einzelhandel in großer Zahl. Der Look ist dabei stets ähnlich, die intern verbaute Technik eine ganz andere, was bedeutet, dass auch Apples populäre Jukebox-Software iTunes mit solchen Geräten nicht funktioniert - wer beim Kauf nicht aufpasst, hat zuhause dann den Salat und hoffentlich ein Rückgaberecht vereinbart.
Manch asiatischer Hersteller ist sogar so aggressiv, dass er sich auf Rechtsstreitigkeiten einlässt. Luxpro, ein taiwanesischer Anbieter, zeigte auf der Computermesse Cebit 2005 einen Musikspieler, der Apples kurz zuvor erschienenem damaligen iPod shuffle wie aus dem Gesicht geschnitten war - einige Beobachter mutmaßten damals gar, er könne aus der gleichen Fabrik stammen. Apple ließ das Gerät daraufhin verbieten. In diesem Oktober verklagte Luxpro Apple nun vor einem amerikanischen Gericht, weil der Computerkonzern mit seinem "Monopol" den Markt für MP3-Spieler beherrsche und Luxpro aus dem Geschäft gedrängt habe. Apple kommentierte die Klage bislang nicht.
Erleichtert wird die Piraterie auch dadurch, dass kaum ein US-Hersteller mehr im eigenen Land produziert. Die meisten Herstellungsstätten liegen in China, Vietnam und Thailand und werden von so genannten OEMs betrieben - das heißt, dass ein großer Anbieter wie Apple eine Drittfirma beauftragt, seine Geräte zu produzieren. Die Chancen, dass dabei Produktskizzen und Baupläne an Billignachahmer geraten, erhöhen sich dadurch natürlich deutlich.
Erstaunlich ist dabei die Geschwindigkeit, mit der die Fälscher auf neue Produkte reagieren. Beim iPhone 3G dauerte es nur wenige Wochen, bis erste Nachahmungen auf dem Markt erschienen und in den Westen verschifft wurden. Während der Verkauf hier zu Lande eher über eBay oder kleinere Händler erfolgt, werben in China die Anbieter offen mit ihren Geräten - ein iPhone-Klon wurde beispielsweise in einer Fernsehverkaufsshow angeboten.
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