Pro und Contra Bankenrettung: Sollen wir fremde Banken retten?
Nicht nur einzelne Eurostaaten benötigen Hilfskredite – auch einige Banken sind so überschuldet, dass sie neues Eigenkapital brauchen. Sollen wir Banken retten?
PRO
J a. Es ist ärgerlich – und trotzdem richtig: Deutschland muss Spanien helfen, seine Banken zu retten. Dies ist keine noble Geste der Selbstlosigkeit, sondern es liegt im nationalen Interesse der Deutschen, den Euro zu stützen.
Um die Rettungsaktionen zu verstehen, muss man wissen, dass zwei ganz unterschiedliche Prozesse ablaufen, die die Banken bedrohen.
ULRIKE HERRMANN ist wirschaftspolitische Korrespondentin der taz. ULRIKE WINKELMANN ist eine von zwei Inlandsressortleiterinnen der taz.
Die erste Gefahr: Manche spanische Banken sind objektiv überschuldet. Sie haben windige Immobilienkredite finanziert, die sie abschreiben müssen. Diese Verluste übersteigen oft das Eigenkapital – was ohne Staatshilfe bedeuten würde, dass auch normale Sparer und andere Anleger einen Teil ihres Geldes verlieren würden.
Theoretisch könnten die Deutschen sagen: „Selber schuld.“ Faktisch jedoch würden Bankenpleiten global Panik auslösen. Keiner würde keinem mehr trauen – und viele Kunden würden ihr Geld vorsorglich bei anderen Banken abziehen. Selbst gesunde Institute würden in den Bankrott treiben. Wie gefährlich dies ist, hat die erste Weltwirtschaftskrise ab 1929 gezeigt.
Es ist also richtig, dass die Spanier Hilfskredite von bis zu 100 Milliarden Euro aus dem Europäischen Rettungsschirm abrufen können, um ihre Pleitebanken zu rekapitalisieren. Dabei muss allerdings klar sein: Der spanische Finanzsektor muss schrumpfen und zum Teil abgewickelt werden.
Zudem spricht nichts dagegen, die Kosten für die Rettungskredite wieder einzutreiben. Da vor allem die Vermögenden in Deutschland und anderswo profitieren, wenn Banken gerettet werden, sollten sie zahlen. Die bewährten Instrumente: ein erhöhter Spitzensteuersatz, eine erhöhte Erbschaftsteuer, eine erhöhte Kapitalertragsteuer auf Zinsen und Dividenden.
Darüber hinaus gibt es aber noch eine zweite Gefahr, die die Banken in den Krisenländern bedroht. Viele Spanier, Italiener und Griechen fürchten, dass ihr Land aus dem Euro gedrängt werden könnte. Also überweisen sie ihre Ersparnisse vorsorglich nach Deutschland oder Österreich. Diese Kapitalflucht bringt völlig gesunde Banken in Bedrängnis, weil sie das Geld ihrer Sparer ja weiterverliehen haben.
Diese Kredite können die Banken nicht plötzlich kündigen – gleichzeitig müssen sie aber die Guthaben ihrer Sparer auszahlen. Damit keine „Löcher“ bei den Banken entstehen, springt die Europäische Zentralbank ein, die Liquiditätshilfen gewährt. Damit ist kein Risiko verbunden – solange die Krisenländer im Euro bleiben. Ulrike Herrmann
CONTRA
Nein. Bislang hat keine Bankenrettung durch den Staat dazu geführt, dass im Gegenzug jene an den Kosten beteiligt wurden, die von den Fehlspekulationen der letzten Jahre am stärksten profitierten. Fast nichts haben die Regierungen bislang daran geändert, dass Banken und Versicherungen ihren Eigentümern die Gewinne sichern, die Verluste aber an die Steuerzahler weiterreichen. Warum also Bankenrettungen noch gutheißen – egal ob es um deutsche oder spanische Banken geht?
Es ist weder notwendig nationalistisch noch sonst wie engherzig, die Brüsseler Gipfelbeschlüsse abzulehnen. Die 100 Milliarden Euro Soforthilfe für Spaniens Banken wird niemand je wiedersehen. Keine Steuererhöhung für Reiche würde das Geld wieder hereinspülen. Den spanischen Banken dazu noch ohne Umweg über die spanische Regierung Geld aus dem ESM-Topf versprechen bedeutet, dass nicht einmal mehr eine politisch haftende Instanz zwischen die Profiteure und die Steuerzahler geschaltet ist.
Damit mag der Teufelskreis unterbrochen sein, dass die Staatsschulden Spaniens automatisch mitsteigen, wenn die spanischen Banken rekapitalisiert werden. Wer diesen rein technischen Schritt aber zum einzig verantwortbaren Weg aufbläst und alle seine Kritiker der mangelnden Solidarität zeiht, hat politische Lösungen für die Finanzkrise komplett aufgegeben.
Es war falsch, Europa erst eine Währung zu geben und zu glauben, der Rest – also die politische Einheit – ergebe sich von selbst. Es haben auch nicht „die Deutschen“ am meisten am Euro verdient. Den eurogetriebenen Boom der Exportwirtschaft haben die meisten Beschäftigten hierzulande mit sinkenden Löhnen bezahlt.
Jetzt behaupten die Verteidiger der Brüsseler Beschlüsse, Ende des Jahres werde eine europäische Bankenaufsicht gebastelt. Ein europäischer Finanzminister samt europäischem Steuersystem würden dann nachgereicht. Irgendwann. Das ist Heuchelei. Das Krisenbewältigungsprogramm läuft auf eines hinaus: Banken first. Die EU-Bankenaufsicht wird, wenn überhaupt, eine Aufsicht durch den kleinsten gemeinsamen Nenner sein.
Die Brüsseler Beschlüsse waren ein Schritt Richtung Bankenunion: Europas Banken sollen europäisch gerettet werden. Aber eine Fiskalunion wird es nie geben. Denn zur Aufgabe nationaler Souveränität sind Spanien, Italien und Frankreich noch weniger bereit als Deutschland. Zeit, sich vom europäischen Traum zu verabschieden. Ulrike Winkelmann
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