piwik no script img

Pro Reli IReligionsunterricht ist Glaubenssache

Seit Montag läuft das Volksbegehren "Pro Reli". Die Initiatoren der Kampagne zur Einführung von Religion als Wahlpflichtfach sind engagierte Christen - und Christdemokraten.

Müssen sich alle Schüler ab der ersten Klasse in Zukunft zwischen Ethik und Religion entscheiden? Das will die Initiative "Pro Reli". Bild: AP

Auf dem Hof hinter der Parochialkirche rüsten sich die Kirchenvertreter zum basisdemokratischen Angriff. Es ist schon dunkel. Rund 25 Christen aus Mitte und Pankow stehen vor einem Lieferwagen Schlange. Einer nach dem anderen nehmen sie die Kartons entgegen. Jeweils 750 Unterschriftenbögen befinden sich darin. "Jeder erst mal nur einen Karton", dirigiert der junge Mann, der die Bögen herausreicht. Christoph Lehmann, der Chef von "Pro Reli", hält sich etwas abseits und scherzt: "Das ist ja wie bei der Armenspeisung."

Seit dieser Woche läuft das Volksbegehren für Religion als Wahlpflichtfach an den Schulen. Vier Monate haben die Initiatoren von "Pro Reli" Zeit, um 170.000 Unterschriften zu sammeln. Auf den Straßen und in den Kirchengemeinden wollen sie für ihr Anliegen werben. Bekommen sie genug Unterstützer zusammen, findet nach der Abstimmung über die Schließung von Tempelhof im nächsten Jahr der zweite landesweite Volksentscheid statt.

Lehmann und seine Mitstreiter touren nun jeden Abend durch die Gemeinden, um die ehrenamtlichen Helfer über die Ziele der Kampagne zu informieren. So auch am Mittwochabend in der St.-Petri- und St.-Marien-Gemeinde in Mitte. Nachdem die Unterschriftenlisten verteilt sind, versammeln sich alle im Gemeindehaus. Neben einem hölzernen Altar haben die "Pro Reli"-Initiatoren schon ihren Laptop aufgebaut.

Was sind das für Leute, die hinter dem Volksbegehren stehen? Lehmann trägt einen dunklen Anzug mit Schlips, er ist groß und schlank. Höflich begrüßt er die Kirchenvertreter. Man merkt, es bereitet ihm keine Mühe, vor Gruppen zu sprechen: Der 47-Jährige arbeitet als Rechtsanwalt, er hat eine Kanzlei in bester Kudamm-Lage.

Religion ist in Berlin - anders als in den meisten Bundesländern - seit der Nachkriegszeit freiwilliges Zusatzfach. Der Senat hat 2006 einen verpflichtenden Ethikunterricht für die Klassen sieben bis zehn eingeführt. Die Initiatoren von "Pro Reli" wollen erreichen, dass die Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können. Beide Fächer sollen gleichberechtigt nebeneinander stehen - und zwar vom ersten Schuljahr an.

Man könnte meinen, ein so religiöses Begehren habe in einer weltoffenen, zu großen Teilen atheistisch geprägten Stadt wie Berlin keine Chance. Aber die Initiatoren von "Pro Reli" machen es ihren Gegnern nicht leicht. Lehmann nimmt deren Argumente und dreht sie um: "Berlin ist eine tolerante Stadt. Jeder sollte hier nach seiner Facon selig werden." Genau deshalb müssten die Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können. "Wer kulturelle Vielfalt ernst nimmt, der sollte den einzelnen Gruppen auch die Möglichkeit geben, sich in ihrer Religion zu bilden", wirbt er.

Zwar kann auch zurzeit schon jeder den freiwilligen Religionsunterricht besuchen. Doch Lehmann bemängelt, dass die Belastung der Schüler schon jetzt so groß sei, dass viele sich vom zusätzlichen Religionsunterricht abmeldeten.

Das Volksbegehren organisiert Lehmann neben seinem Job als Anwalt. Er arbeite oft 10 bis 12 Stunden am Tag, erzählt er. Seine Frau, eine promovierte Pharmazeutin, kümmert sich zu Hause um die vier Kinder. Warum sich Lehmann die Arbeit antut? "Ich habe gesehen, ich kann da etwas bewegen, also mache ich es." Er wolle nicht einfach so dahinleben, sagt er, das entspreche nicht seinem Glauben als überzeugter Katholik. "Ich habe mein Leben schließlich vor Gott zu verantworten und werde irgendwann Rechenschaft ablegen müssen."

Lehmann stemmt das Begehren nicht allein. Er ist Mitglied der CDU und hat für die Initiative auch Parteifreunde um sich geschart. Die Geschäftsführung des Vereins übernahm Martin Schröder, ein energischer 31-Jähriger, er kennt Lehmann von den Christdemokraten in Charlottenburg-Wilmersdorf. Für "Pro Reli" hat er seine Doktorarbeit in Politikwissenschaften auf Eis gelegt und kümmert sich jetzt hauptberuflich um das Volksbegehren.

Ganz Profi ist dagegen der Dritte im Bunde. Der Kampagnen-Manager, Matthias Wambach, war früher Landesgeschäftsführer und Sprecher der Berliner CDU. Auch Erfahrung mit Basisdemokratie bringt der PR-Mann mit: Er leitete bereits die Kampagne zum Volksentscheid für den Erhalt des Flughafens Tempelhof.

Ist "Pro Reli" also eine Art außerparlamentarische Opposition, eine Vorfeldorganisation der CDU?

"Politisch bewegt mein Mann mit dem Volksbegehren viel mehr als früher", sagt Petra Lehmann, die Frau des Vereinschefs. Sie sei froh, dass er nicht mehr in der Partei aktiv mitmache. "Da gab es so viele Personalquerelen." Wambach sagt, es gehe ihm natürlich um die Sache. Er sei wie Lehmann ein "christlicher Überzeugungstäter".

Lehmann selbst will nicht, dass die Initiative in die Nähe der CDU gerückt wird. Er weiß: Das kann Stimmen kosten. Denn wenn er und seine Mitstreiter erfolgreich sein wollen, brauchen sie Unterstützer in anderen politischen Lagern. Da könnte ein zu starker Bezug zur CDU abschrecken.

Schon in den Gemeinden treffen die "Pro Reli"-Organisatoren auf andere Milieus: Wambach und Lehmann sind die Einzigen, die im Anzug zum Treffen in der Gemeinde am Mittwochabend kommen. Junge Männer mit Dreitagebart und Pferdeschwanz sitzen in den Stuhlreihen. Frauen tragen bunte Tücher um den Hals.

Lehmann verabschiedet sich an diesem Abend bald, er muss noch zu einer anderen "Pro Reli"-Veranstaltung. Wambach, ein freundlicher kleiner Mann mit Bauch, stellt sich vor den Altar und präsentiert die Kampagne: Logo, Spruchbanner, Kugelschreiber. Viele im Raum nicken zustimmend. Es gibt sogar Aufkleber für Bananen. "Glaube ist nicht Banane" steht darauf. Einige schmunzeln.

Eine junge Frau will wissen, warum der Slogan "Freie Wahl zwischen Ethik und Religion" lautet. Es behagt ihr nicht, dass diese beiden Dinge als Gegensätze erscheinen. "Eigentlich geht es doch nur um den Unterricht, aber das wird im Logo nicht deutlich."

Wambach erklärt: Man habe geprüft, welche Argumente am ehesten mehrheitsfähig seien. "Kommt es zum Volksentscheid, brauchen wir auch die Stimmen von den Leuten, die nichts mit Religion am Hut haben." Das Thema Wahlfreiheit würde auch diese Menschen ansprechen, deshalb setze die Kampagne darauf.

Die meisten sind mit der Stoßrichtung des Begehrens offenbar einverstanden. Was die Kirchenmitglieder mit den Pro-Reli-Leuten verbindet, ist der Wunsch, den Glauben jungen Menschen näherzubringen.

Sie könnten dem rot-roten Senat in der Schulpolitik tatsächlich einigen Ärger machen. Denn anders als beim Streit um den Flughafen Tempelhof wäre das Ergebnis eines Volksentscheids über den Religionsunterricht für den Senat bindend. Bei Tempelhof entschieden die Berliner nicht über ein Gesetz, sondern über einen Vorschlag ohne rechtliche Wirkung. Selbst wenn im April dieses Jahres genug Stimmen für den Erhalt des Flughafens zusammengekommen wären, hätte der Senat sich nicht an den Entscheid halten müssen.

Bei "Pro Reli" dagegen würden die Bürger über einen Gesetzentwurf abstimmen. Wäre der Volksentscheid erfolgreich, müsste der Senat Religion als Wahlpflichtfach einführen.

Ein junger Mann in grünem Parka und schwarzen Turnschuhen hört sich Wambachs Vortrag an. Später wird er sagen, dass er doch etwas skeptisch sei. Die Kirchen bekämen vom Staat ja nur die Religionslehrer bezahlt, die gebraucht würden. "Da ist auch viel Geld im Spiel. Vielleicht sorgen sich die Kirchen vor allem um ihre Finanzen?" Er jedenfalls werde aus der Kampagne nicht schlau.

Am Ende des Abends sagt Matthias Wambach: "Ich glaube fest daran, dass wir das gemeinsam schaffen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

60 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    Henriette

    @ Bill:

     

    die Frage ist ja nicht, ob der eine oder andere sich in Ethik langweilt, weil er oder sie die Themen schon lange kennt. Die Frage ist: wie erreicht eine Gesellschaft mit ihrer Grundordnung den größten Teil ihrer Schüler?

     

    Ich finde gemeinsames Sprechen, Austauschen, Disktieren elementar wichtig, aber in den Rahmenbedingungen des Berliner Modells sind die Voraussetzungen dafür nicht optimal. Wie gesagt: toll, wenn´s an Ihrer Schule gut läuft! Aber es gibt leider viele, viele Gegenbeispiele. Und was glauben Sie, wie toll es wird laufen können, wenn sich zum Beispiel das Modell der Bündnisgrünen ChristInnen durchsetzt. Die unterstützen im Volksbegehren das Modell von Pro Reli und wollen, daß die im Modell vorgesehenen gemeinsamen Unterrichtseinheiten gesetzlich festgeschrieben werden.

     

    Das wäre ein echt progressives Modell, und wenn es dem Senat wirklich um Gemeinsamkeit UND Pluralität geht, könnte er das auch umsetzen. Wenn PRo REli durchkommt, erst recht; dann wäre das ja eine Abwandlung im Sinne des Senats.

     

    Der link zum Papier ist

    http://ethik.gruene-berlin.de/2009/03/10/bundnisgrune-christen-unterstutzen-pro-reli/

  • B
    Bill

    Doch stellt das wirklich ein Problem dar, wenn einige Schüler teile vom Religionsunterricht aus der Grundschule an der weiterführenden Schule im Ethikunterricht später wiederfinden? Es kann doch nur eine Bereicherung sein, wenn man später im Ethikunterricht Religionsthemen auch mit Andersgläubigen und Atheisten diskutieren kann. Denn Ethikunterricht ist größtenteils Meinungsaustausch.

    Ich denke, dass es schade wäre, wenn dieser Dialog verschwinden würde und Schüler nur noch mit Gleichgesinnten lernen und über religiöse Themen diskutieren können.

  • H
    Henriette

    @Bill:

    Ich kenne die Lehrpläne, und jeder weiß, daß Religionsunterricht in Berlin überall gewählt werden kann. Der Punkt ist nicht, daß Ethik was Schlechtes ist, sodern daß Ethik nicht besser als Religion ist und die Schüler es sich aussuchen können sollen, ob sie Ethik oder Religion nehmen wollen.

     

    In Sachsen oder Bayern funktioniert das prima. In Berlin fühlen sich diejenigen Schüler verarscht, die in Ethik das durchnehmen sollen, was sie in Religion schon längst gemacht haben. Zum Beispiel Allgemeinbildung über ReligionEN - das gehört in Religion nämlich dazu.

     

    Daß das Ganze einen parteipolitischen Beigeschmack hat,gefällt mir auch nicht. Aber als Demokratin fühle ich mich dem Selberdenken verpflichtet, keiner Partei.

     

    Toll, wenn der Ethikunterricht an Ihrer Schule was taugt. Es gibt andere Beispiele.

  • B
    Bill

    Ich bin Schüler der neunten Klasse am Primo-Levi-Gymnasium in Berlin und finde es schade, dass die Berliner CDU auf ihrem Egotrip aus lauter Verzweiflung von einem Volksentscheid zum nächsten hechelt, ohne jede Rücksicht auf die wehrlosen Betroffenen. Denn schließlich haben die Schüler, die es betrifft, kein Mitspracherecht in dieser Sache. Ein klarer Vorteil für Pro Reli!

     

    Pro Reli setzt sich nicht nur ebenso armselige, wie beleidigende Mottos ("Werte brauchen Gott!"), sondern ignoriert auch völlig die reale Situation an den Schulen. Fakt ist: An sehr vielen Schulen (sogar im Osten der Stadt) kann Religionsunterricht freiwillig und zusätzlich zu Ethik gewählt werden. Das wird auf Prospekten und Internetseiten von Pro Reli weitgehend verschwiegen. Kein Wundern also, dass viele, die ihre Unterschrift abgegeben haben, sie nach näherem Informieren über die Ziele von Pro Reli gern wieder zurückgezogen hätten.

     

    Natürlich ist der Religionsunterricht mit der Verlegung auf Randstunden unattraktiver geworden, aber für wen stellt das ein Problem dar? Für mich und meine Mitschüler ganz sicher nicht! Ich weiß nicht, ob Henriette die Lehrpläne des Ethikunterrichts in Berlin kennt oder schon mal einen Blick in ein Lehrbuch für Ethik geworfen hat. Jedenfalls befinden sich in meinem ("Leben leben" vom Klett-Verlag) mehrere Kapitel, die sich ausführlich mit ReligionEN beschäftigen!

  • H
    Henriette

    Lieber Thomas Rakow,

     

    Sie haben wieder einmal sehr schön und umfangreich klargestellt, wie Sie denken, wie weit Sie dialogfähig sind und welche Haltung Sie gegenüber zentralen Grundwerten unserer Demokratie - (Pluralismus zum Beispiel, oder Toleranz, oder die Fähigkeit, gegensätzliche Meinungen als ebenso berechtigt zu respektieren) - einnehmen.

     

     

    Danke für Ihre Offenheit! Damit können alle, die mitlesen, sich selbst ein Bild machen. Das wird beim einen oder anderen vielleicht zu einem neuen Nachdenken über das Thema Wertevermittlung an den Schulen führen. Wenn die Gegner eines Wahlpflichfaches so argumentieren wie Sie, dann sollte man vielleicht doch dafür stimmen.

     

    Die pragmatische Fragestellung bezieht sich schlicht und ergreifend auf die vor uns liegende Volksabstimmung. Auch wenn diese in Ihrem Sinne verläuft (was ja nicht unwahrscheinlich ist, weil den meisten Bürgern das Thema wurscht ist), so betrifft das Ergebnis doch nur die Berliner Schüler (deren Schulen ja so oder so hinter denen der meisten anderen Bundesländer zurückhängen).

     

    An bestimmten Grund - Setzungen unseres Landes, zum Beispiel der Religions- und Weltanschauungsfreiheit (die eben sowohl die Freiheit von und als auch die Freiheit zur Religion beinhaltet), können Sie und Menschen Ihrer Denkstruktur nichts ändern.

  • TR
    Thomas Rakow

    @ Henriette:

     

    "mein Beitrag war eine unmittelbare Antwort auf Hartmut Slomski und Laura Bittinger,deren Beiträg unmittelbar drunter stehen. Das hätten Sie eigentlich auch nachvollziehen können."

     

    Wollen Sie damit sagen, ich hätte mich nicht äußern sollen? Haben Sie sich auch überlegt, welche Auswirkungen eine "Nichteinmischungsregel" auf den Ablauf von Internet-Diskussionen hätte?

     

    "Die Frage ist nicht: soll in Schulen überhaupt Religionsunterricht angeboten werden?"

     

    Zumindest nicht direkt, aber wer die Abschaffung des Religionsunterrichtes in allgemeinbildenden Schulen anstrebt, mag seine Entscheidung hinsichtlich der vorliegenden "pragmatischen Fragestellung" nach ganz anderen Kriterien treffen als jemand Indifferentes oder beispielsweise SIE.

     

    "oder: Dürfen Eltern ihre Kinder zum Religionsunterricht schicken, obwohl Herr X. Religion für Volksverdummung hält und Herr Y. die theistischen Religionen als solche für totalitär (ein Standpunkt, den Sophie Scholl nicht teilen würde)?"

     

    Na und? Was sagt das über diesen Standpunkt aus? Statt sich gegen den Totalitarismus als solchen zu wenden, hat Frau Scholl eben an jenem totalitären Überzeugungssystem festgehalten, mit dem sie am erfolgreichsten indoktriniert worden war. Auch durfte sie sich als Christin und erst recht als christliche Märtyrerin auf die ewige Seligkeit im Schoße des Allmächtigen freuen - ein Bonusprogramm, mit dem der Nazismus NICHT aufwarten konnte. Allerdings hätte der seine Macht kaum so mühelos entfaltet und erhalten, ohne auf eine jahrhundertelange Tradition des religiösen Irrationalismus, der theistisch inkulturierten Obrigkeitshörigkeit und vor allem des christlichen Antisemitismus zurückgreifen zu können. Auch in diesem Zusammenhang wird deutlich, wie unverzichtbar es ist, Handlungen nicht isoliert und oberflächlich, sondern nach ihrer Motivation zu beurteilen. Was zunächst als "Heldentum" daherkommt, schrumpft bei näherer Betrachtung oftmals zu einem Akt des Egoismus oder der relativen Feigheit, dessen vermeintliche Vorbildhaftigkeit die ursächliche Lösung des jeweils zugrundeliegenden Problems nur immer weiter hinauszögert.

     

    "Wäre es ein besseres Modell, in einem Wahlpflichtfach Ethik/Religion alle hier aufwachsenden Kinder von Anfang an zu einem sich mit Grundwerten beschäftigenden Unterricht zu verpflichten und dabei die religiös gebundenen unter ihnen dort abzuholen, wo sie herkommen - und ihnen von Anfang an zu zeigen und vorzuleben, dass ihre Religion eben nicht im Widerspruch steht zur Demokratie?"

     

    Das wäre ja NOCH eine Falschaussage! Bitte aktivieren Sie ihr logisches Denkvermögen!:

     

    Frage: Warum soll ich 'A' tun?

    Antwort 1: Weil "Gott" es so will.

    Antwort 2: Weil es ein demokratisch legitimiertes Gesetz fordert.

    Antwort 3: Weil es unter den gegebenen Umständen ethisch geboten ist (d.h. am besten dazu geeignet erscheint, einen Ausgleich der Bedürfnisse und Interessen der beteiligten und betroffenen leidensfähigen Wesen zu schaffen).

     

    Frage: "Gott" will 'A', doch es steht im Widerspruch zu der Forderung eines demokratisch legitimierten Gesetzes. Was soll ich tun?

    Antwort 1: Folge dem Willen "Gottes"!

    Antwort 2: Erfülle die Forderung des demokratisch legitimierten Gesetzes!

    Antwort 3: Tu das, was unter den gegebenen Umständen ethisch geboten ist - nötigenfalls auch dann, wenn es mit der Nichterfüllung einer gesetzlichen Pflicht ODER der ->! Nichtinanspruchnahme eines gesetzlichen Rechtes !

  • JB
    Josef Bordat

    Danke, liebe Henriette, dass Sie die Debatte wieder auf den Teppich holen und auf das Thema zurückführen. Eigentlich wollte ich hier noch ausführlicher auf die – m.A.n. sehr fragwürdige – Position des Herrn Rakow eingehen, aber das lasse ich jetzt an dieser Stelle einfach mal sein. Übrigens: Die Idee mit dem „sozialen Lernen“ klingt sehr interessant!

     

    LG, Ihr Josef Bordat

  • H
    Henriette

    @Thomas Rakow:

    mein Beitrag war eine unmittelbare Antwort auf Hartmut Slomski und Laura Bittinger,deren Beiträg unmittelbar drunter stehen. Das hätten Sie eigentlich auch nachvollziehen können.

     

    Schade für Sie, wenn Ihre religiöse religiöse Erziehung Sie so beschädigt hat, dass er bei Ihnen, Ihrer Meinung nach, einen "hirnentleerten Dämmerzustand" (Ihre Worte) hinterlassen hat. Schön, wenn es Ihnen jetzt besser geht. Aber so interessant der auf hohem Niveau geführte Disput zwischen Ihnen und Herrn Borat sein mag (aufgrund dieses Niveaus ist Ihre Attacke gegen mich, pardon, ein plumper Fauxpas), - beim konkreten Anlaß für diesen Disput gibt es eine konkrete, pragmatische (das heißt: handlungsorientierte) Fragestellung: den Gesetzentwurf von Pro Reli, und die dazu zu treffende Wahlentscheidung.

     

    Die Frage ist nicht: soll in Schulen überhaupt Religionsunterricht angeboten werden?

     

    oder: Dürfen Eltern ihre Kinder zum Religionsunterricht schicken, obwohl Herr X. Religion für Volksverdummung hält und Herr Y. die theistischen Religionen als solche für totalitär (ein Standpunkt, den Sophie Scholl nicht teilen würde)?

     

    Die Frage ist auch nicht: soll ein verpflichtendes Schulfach "soziales Lernen" eingeführt werden (das eine meiner Freundinnen, eine Grundschullehrerin, sich wünscht)?

     

    Und die Frage ist nicht: Hat Kant Recht oder Singer? Oder doch John Rawls?

     

    Das sind alles interessante Fragen, aber um die geht es nicht bei dem vor uns liegenden Volksentscheid. Es geht auch nicht um die Frage: sollen Schüler sich angesichts der Komplexität des Themas Werte (die Sie ja sehr schön darstellen) besser mit Mathe beschäftigen als mit dem Thema Werte?

     

    Die Frage ist, vor dem Hintergrund der Entscheidung des Senates, ein verbindliches Fach Ethik für alle ab der siebten Kasse einzuführen, um dadurch gemeinsame Grund - Werte zu vermitteln:

     

    Ist dieses Modell, das herrschende Modell des freiwilligen Religions- oder Weltanschauungskundeunterrichtes ab der ersten Klasse und des verpflichtenden Ethikunterrichts ab der siebten Klasse die beste Lösung, um möglichst viele der hier lebenden Kinder im Wertesystem unserer freiheitlich - demokratischen Grundordnung zu verankern?

     

    Oder ist dieses Modell suboptimal, weil es zu spät einsetzt und die die teilweise vielleicht mehr religiös als demokratisch geprägte Herkunft der Kinder außen vorläßt?

     

    Wäre es ein besseres Modell, in einem Wahlpflichtfach Ethik/Religion alle hier aufwachsenden Kinder von Anfang an zu einem sich mit Grundwerten beschäftigenden Unterricht zu verpflichten und dabei die religiös gebundenen unter ihnen dort abzuholen, wo sie herkommen - und ihnen von Anfang an zu zeigen und vorzuleben, dass ihre Religion eben nicht im Widerspruch steht zur Demokratie?

     

    Und wären die im Pro Reli - Gesetzentwurf ausdrücklich vorgesehenen gemeinsamen Unterrichtseinheiten das bessere Modell, Gemeinsamkeit erlebbar zu machen, als wie jetzt in der siebten Klasse Kinder, die sechs Jahre lang Religionsunterricht oder Lebenskunde besucht haben, mit Kindern, die sechs Jahre lang nichts dergleichen gemacht haben, in den gleichen Unterricht zu setzen (kein Mensch käme auf die Idee, so ein Modell für Englisch oder Mathe vorzuschlagen)?

     

     

    Ein Wahlfach Religion ab der ersten und ein Pflichtfach Ethik ab der siebten, -

     

    oder ein Wahlflichtfach Ethik/Religion mit gemeinsamem Unterrichtseinheiten ab der ersten -

     

    Das ist die Entscheidung.

  • TR
    Thomas Rakow

    @ Jens:

     

    "Ein Glaube heißt ja deshalb Glaube, weil man es nicht weiß. Sonst wäre es ja eine Wissenschaft"

     

    Erster populärer Irrtum! Jedem Glauben geht ein Wissen voraus und nicht umgekehrt. So bedeutet "ich glaube, daß y" nichts anderes als "ich weiß y und halte y für wahr". Beispiel: die Aussage "ich glaube, daß Quader kugelförmig sind" bezieht sich auf die Behauptung "Quader sind kugelförmig" (die ich natürlich wissen muß, bevor ich glauben kann, daß sie wahr ist). Sofort wird auch offenkundig, daß weder Glauben noch Wissen etwas mit Wahrheit zu tun haben. Jeder Aussage können wir eine Negation gegenüberstellen, und darum wissen wir ebensoviel Wahres wie Falsches. Gleichzeitig ist es möglich, Beliebiges für wahr zu halten, ohne Rücksicht auf dessen tatsächlichen Wahrheitswert. Beispiele:

     

    »Der Planet Uranus löst Naturkatastrophen auf der Erde aus.« - Die Physik wäre grob unvollständig oder komplett falsch, wenn Kräfte mit derartigen Wirkungen bis heute unentdeckt geblieben wären. Wer solches impliziert, muß Generationen von Physikern für Schwachköpfe halten. Jedenfalls verlangt es nach nobelpreisverdächtigen Erklärungen.

     

    »Gott ist allgut und allwissend.« - Es gibt nicht nur begriffliches, sondern auch sensomotorisches und Wahrnehmungswissen. Gott müßte also z.B. wissen, wie es ist, Menschen zu foltern und zu töten. Ein Wesen, das solches Erfahrungswissen besitzt, würden wir allerdings kaum als "allgut" bezeichnen können. Außerdem sind "unendliche Eigenschaften" nicht erkennbar. Entsprechend willkürlich und sinnlos sind alle Aussagen darüber.

     

    »Belladonna D100 ist ein wirksames Medikament." - Physik, Chemie und Biologie wären grob unvollständig oder komplett falsch, wenn die Grundannahmen der Homöopathie zuträfen. Wer solches impliziert, s.o..

     

    »Schwarze Katzen bringen Unglück.« - Kommentar überflüssig.

     

    »Mein Gummibaum spricht mit mir.« - Kommentar überflüssig.

     

    »Juden sind keine Menschen.« - Kommentar überflüssig.

     

    "Der Glaube, dass es Gott nicht gibt hat ebenso seine Berechtigung das es ihn nicht gibt. Seine Existenz ist ebensowenig beweisbar wie seine Nichtexistenz."

     

    Zweiter populärer Irrtum! Um den Gottesbegriff sinnvoll verwenden zu können, müssen wir ihm eine Bedeutung geben. Sobald er etwas bedeutet, müssen wir sein Bezugsobjekt als real oder fiktiv klassifizieren. Ordnen wir es derselben ontologischen Kategorie zu wie Rumpelstilzchen oder König Drosselbart, gibt es kein Problem. Behaupten wir jedoch, es sei ein reales Objekt, lautet die nächste Frage: Welche von "Gottes" Eigenschaften gestatten es uns, ihn zu erkennen und Aussagen über ihn zu treffen? Die Existenz eines Wesens, dessen angebliche Eigenschaften Widersprüche aufweisen, ist von vornherein ausgeschlossen. Dennoch darauf zu beharren, ist blanke Lüge, und unkorrigierbar daran festzuhalten, läßt auf eine Wahnstörung schließen. Wie bereits festgestellt, sind unendliche Eigenschaften nicht erkennbar, denn wie wollten wir beispielsweise ein allwissendes Wesen von einem unterscheiden, das lediglich mehr weiß als wir selbst? Der Wahrheitswert unprüfbarer Aussagen ist also nicht ermittelbar, was auf erkenntnistheoretischer Ebene zu dem selbstwidersprüchlichen Umstand führt, daß jemand eine Aussage trifft, die nichts aussagt. Empirische Anhaltspunkte für die Existenz "übernatürlicher" Wesenheiten gibt es nicht, und darum nehmen die Realwissenschaften auch keinerlei Bezug auf sie. Kurzum: Aussagen über "Gott" sind entweder sinnlos oder logisch falsch oder empirisch vollkommen ungedeckt - wenn das nicht genug "Beweis" für seine Nichtexistenz ist, was würden Sie dann wohl als Beweis für die Nichtexistenz zerfrettelter Grunzwanzlinge akzeptieren? Gibt es keinen Gott, erübrigt sich natürlich auch jeder Streit über Religionsunterricht. Insofern ist Ihr Denkverzicht in dieser Frage Teil des vorliegenden Problems, nicht seiner Lösung.

  • JB
    Josef Bordat

    @ Jens

     

    "Seine [Gottes, J.B.] Existenz ist ebensowenig beweisbar wie seine Nichtexistenz."

     

    Von Herr Rakow konnten wir aber lernen, alle Aussagen über Gott (also auch affirmative, bei denen es um Seine Existenz geht) seien "längst widerlegt", und zwar "logisch aufgrund etlicher Widersprüche und empirisch durch ihre Unvereinbarkeit mit der Gesamtheit wohlbestätigten Wissens über die Welt".

     

    Sie halten die Nichtexistenz Gottes für nicht beweisbar.

     

    Herr Rakow hält die Nichtexistenz Gottes für bewiesen.

     

    Was stimmt denn jetzt?

     

    J. Bordat

  • JB
    Josef Bordat

    @ T. Rakow:

     

    „So habe ich mir eigene Gedanken gemacht und sie zu einem auf Bunges Emergentistischem Materialismus aufbauenden und von Singer angeregten Utilitarismus zusammengeführt.“

     

    Haben Sie die irgendwo publiziert? Können Sie mir einen Hinweis geben, so dass ich mich mal mit Ihren Gedanken etwas ausführlicher vertraut machen kann?

     

    „Die gründlichste Methode zur Beseitigung von Leid, das aus Religiosität erwächst, ist die Beseitigung der Religiosität selbst: durch Bildung, wo sie auf Unwissenheit beruht, und durch psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung nach ihrer Eskalation zur Wahnstörung.“

     

    Grundsätzlich unterscheiden Sie ja nicht zwischen Religiosität und Wahn, oder? Damit wären alle religiösen Menschen – auch ich – in Ihren Augen „wahnsinnig“, richtig? Wie kann dann aber etwas, das bereits eine Wahnstörung ist [Religiosität] zur Wahnstörung eskalieren? Verstehe ich nicht...

     

    Frage: Angenommen, Sie hätten für 24 Stunden die Möglichkeit, Berlin so zu gestalten, wie Sie es wünschen. Welche Maßnahmen würden Sie konkret ergreifen? Wir nehmen mal weiterhin an, dass Sie dabei keinen Restriktionen unterliegen, d.h. genug Menschen, Geld u.a. nach Belieben zur Verfügung hätten, um ihre Vorstellungen umzusetzen.

     

    Mir ist das nämlich doch noch nicht ganz klar, was etwa aus mir und meinen Freunden würde [in einer Gesellschaft, die nach den Prinzipien Ihrer Ethik entwickelt würde], falls wir uns weigerten, dem christlichen Glauben abzuschwören. Erläutern Sie es doch freundlicherweise.

     

    J. Bordat

  • J
    Jens

    @Hartmut

    Zitat: Dann müßten ja z.B. auch jüdische, muslimische oder buddhistische Schüler Religionsunterricht in ihrer Konfession erhalten!

     

    Genau das wäre ja das Ziel.

     

    Ansonsten halte ich eine Diskussion darüber ob es Gott gibt oder nicht für völlig sinnlos. Hierüber haben sich schon viele Philosphen. Ein Glaube heißt ja deshalb Glaube, weil man es nicht weiß. Sonst wäre es ja eine Wissenschaft.

     

    Der Glaube, dass es Gott nicht gibt hat ebenso seine Berechtigung das es ihn nicht gibt. Seine Existenz ist ebensowenig beweisbar wie seine Nichtexistenz.

  • TR
    Thomas Rakow

    Lieber Herr Bordat!

     

    "Sie haben jetzt Ihre Position so deutlich gemacht, dass selbst ich sie jetzt einigermaßen verstehe"

     

    Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber mein Eindruck ist ein anderer. Möglicherweise hätten Sie etwas mehr Zeit zum Lesen und Nachdenken gebraucht, denn Sie operieren nach wie vor mit undefinierten Begriffen und erkenntnistheoretischen Leerstellen, während Sie auf viele entscheidende Fragen und Argumente gar nicht eingehen. So haben Sie mir noch immer nicht erklärt, was "Gott" ist, wie man ihn erkennt und weshalb er in den Realwissenschaften nicht vorkommt. Warum wissen SIE so viel mehr über ihn als die Wissenschaftler mit ihren ausgefeilten Methoden und Technologien? Was ist an deren philosophischen und theoretischen Grundlagen falsch oder grob unvollständig? Auch ihre externen Artikel geben über all das keine Auskunft. Bis diese Fragen geklärt sind, bleiben Ihre Argumente leider substanzlos.

     

    Es würde mich tagelang beschäftigen und im Ergebnis den Rahmen einer Internet-Debatte sprengen, wollte ich jeden meiner Einwände gegen Ihren letzten Beitrag und die verlinkten Texte ausführlich begründet geltend machen. Daher möchte ich mich im Folgenden auf Ihre auch als solche formulierten Fragen konzentrieren:

     

    "was soll daran „gut“ oder „böse“ sein, die Liebe Gottes weiterzugeben"

     

    KEINE Handlung ist AN SICH "gut" oder "böse", denn für eine ETHISCHE Bewertung bedarf es ETHISCHER Kriterien. M.a.W.: Ein und dieselbe Handlung kann - je nach Motivation - moralisch gut, moralisch fehlerhaft, UN-moralisch oder ANTI-moralisch sein. Eine religiös motivierte Handlung, die zufällig deckungsgleich mit einer moralisch guten ist, bezeichne ich als "unschädlich". Sie kann mangels ethischer Motivation keinen Vorbildcharakter haben (wie Würfeln auch dann nicht noch nachträglich zum Rechenvorgang wird, wenn das Ergebnis zufällig mit dem einer mathematischen Aufgabe übereinstimmt).

     

    "Sie hingegen sprechen von Vernunft als sei klar, was damit gemeint ist. Meinen Sie in Wahrheit „Logik“?"

     

    Vernunft ist die Fähigkeit und Bereitschaft, sein für-wahr-Halten stets am aktuellen Stand der Wissenschaft (also dem zu jedem Zeitpunkt bestmöglich bestätigten Wissen über die Welt) zu orientieren und die Gesamtheit seiner Kenntnisse fortwährend auf logische Konsistenz zu prüfen. Logik ist also nur ein Teilaspekt der Vernunft.

     

    "Wie wollen Sie da die „richtige“ Ethik identifizieren?"

     

    Ganz einfach: Ich prüfe ihre Voraussetzungen und Implikationen, ihre systemische Kohärenz und ihre Vereinbarkeit mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft - ein Verfahren, das sich in der Moralphilosophie leider noch nicht durchgesetzt hat.

     

    "Wie überzeugen Sie eine Aristotelikerin wie Martha Nussbaum davon, dass Kant (und nur Kant!) am Ende doch Recht hat?"

     

    HAT er ja nicht! Übrigens bin ich mit den gängigen ethischen Theorien durchaus vertraut, kann mich aber keiner von ihnen vorbehaltlos anschließen, weil sie allesamt teils vernichtende Defekte aufweisen. So habe ich mir eigene Gedanken gemacht und sie zu einem auf Bunges Emergentistischem Materialismus aufbauenden und von Singer angeregten Utilitarismus zusammengeführt.

     

    "Was mich als religiösen Menschen betrifft, müssten Sie sich entscheiden: Entweder bin ich „dumm“ (weil ich an Gott glaube, seinen Willen aus der Offenbarung zu erkennen meine und danach handle bzw. zu handeln versuche) oder aber „böse“ (weil ich nicht an Gott glaube, dann aber so tue als ob, um meinen Handlungen eine Basis zu geben)."

     

    Spontan würde ich mich für "dumm" entscheiden, aber wenn Sie möchten, halte ich Sie auch gern für "böse" - da bin ich ganz leidenschaftslos. In Würdigung katholischer Denktraditionen könnte ich mich ausnahmsweise sogar mit dumm UND böse arrangieren. Es wäre dann eben kein Widerspruch mehr, sondern ein "Mysterium".

     

    "Und was ist an „Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie Dich selbst.“ so schwierig?"

     

    Man kann Gefühle nicht befehlen! Abgesehen davon geht es in der Ethik um VERHALTENskontrolle. Gefühle gehören wohl zu den GEGENSTÄNDEN ethischer Reflexion, sind selbst aber kein Element ethischer Methodik.

     

    "Wenn ich meine Frau auffordern würde, mir zu BEWEISEN, dass sie mich liebt, wäre das wohl der erste Schritt in Richtung Trennung! – Dennoch glaube ich, dass sie mich liebt. Ganz ohne Beweis. Bin ich nun – allein schon deswegen – „wahnsinnig“?"

     

    Gäbe es über die bloßen Worte hinaus keine Anhaltspunkte für die Liebe Ihrer Frau, hätten Sie guten Grund, an ihr zu zweifeln. Es liegt in der Natur subjektiver Aussagen, daß sie wesentlich schwieriger zu prüfen sind als objektive. Aussagen über "Gott" SIND aber objektiv und nicht nur unbewiesen, sondern längst widerlegt: logisch aufgrund etlicher Widersprüche und empirisch durch ihre Unvereinbarkeit mit der Gesamtheit wohlbestätigten Wissens über die Welt. Darüberhinaus vermag etwas seinerseits so Erklärungsbedürftiges wie "Gott" nicht auch nur das Geringste zu erklären.

     

    "Noch einige Nachfragen:

     

    „Ich bemühe mich sehr, vor jeder noch so banal erscheinenden Handlung abzusehen, welche direkten oder indirekten Auswirkungen sie auf andere leidensfähige Wesen haben wird und korrigiere sie dann gegebenenfalls.“

     

    Wie bemühen Sie sich?"

     

    Indem ich mein gesamtes Wissen zur Analyse und Beurteilung der Situation heranziehe und ggf. ergänze, sofern es notwendig erscheint und noch genug Zeit dafür ist.

     

    "Woher wissen Sie, dass Sie exakt zu dem Zeitpunkt, wo Sie zu handeln bereit sind, zu einem Ergebnis gekommen sind, aufgrund dessen Sie (moralischer Weise) handeln können?"

     

    Worauf wollen Sie hinaus? Natürlich kann ich meine Entscheidung nur an dem ausrichten, was mir über die vorliegende Situation und ihre weiteren Zusammenhänge bekannt ist. Als Emergentistischer Materialist fühle ich mich analytisch recht gut gewappnet, aber es bleibt nicht aus, daß ich aus Fehlern lernen muß. Wenigstens brauche ich mir nicht vorzuwerfen, sie aus mutwilliger Ignoranz oder wahnhafter Überzeugung begangen zu haben.

     

    "Haben Sie sich vor dem Schreiben dieses Beitrags überlegt, „welche direkten oder indirekten Auswirkungen“ Ihre Worte auf mich haben werden (unterstellt, ich falle für Sie unter den Topos „leidensfähige Wesen“)?"

     

    Selbstredend! Als Ex-Christ weiß ich nur zu gut, was es bedeutet, mit der eigenen Dummheit konfrontiert zu werden, aber was ist schon ein verletztes Ego im Vergleich zu den Verheerungen, die der Irrationalismus anrichtet und an denen man sich als Religiöser mitschuldig macht.

     

    "Das führt mich zu einer grundsätzlichen Frage: Leid, was ist das –Ihrer Meinung nach?""

     

    Ich habe den Begriff einmal als "unerwünschte Empfindung von Schmerz und/oder Angst und/oder Streß und/oder Unbehagen" definiert. Fehlt etwas Wichtiges?

     

    "Wenn wir Leid lindern wollen (und ich bin nach wie vor der Meinung, dass Gott das will und ich – wenn ich mich Ihm als Werkzeug anbiete –genau zu diesem Zweck auch eingesetzt werde – wobei Gott letztlich nicht vom Leid selbst befreit, sondern von der Verzweiflung angesichts des Leids), müssten wir doch, wenn wir uns nicht leiten lassen (von Gottes Willen, von der Liebe), sondern „vernünftigerweise“ handeln wollen (ich tue mal in Ihrem Sinne so, als schlösse sich das aus), eine Definition des Leids angeben können. Können wir das?"

     

    Kleine Haarspalterei: Man definiert keine Sachverhalte, die schlichtweg sind, was sie sind, sondern BEGRIFFE, die Sachverhalte repräsentieren sollen. - Nicht nur KÖNNEN wir den Leidbegriff definieren, wir MÜSSEN es sogar, wenn er keine leere Worthülse sein soll. Überdies führen "Ethiken" ohne Leidensfähigkeit als zentralem Reflexionsobjekt zu faschistischen Unterscheidungen:

     

    • "Arische" Mütter und ihre Kinder mit KdF in die Sommerfrische - jüdische Mütter und ihre Kinder mit Viehwaggons nach Auschwitz

    • Wohlgenährte Menschen in Nordamerika - unterernährte und verhungernde Menschen in Afrika

    • Mit AIDS lebende Menschen in Frankreich - an AIDS sterbende Menschen in Bangladesh

    • Gesunde und entspannte Ziervögel in großen Volieren - kranke und gestreßte Hühner in Massenhaltung

    • Verwöhnte Schweine als Haustiere - sich in ihren Pferchen gegenseitig zerfleischende und mit Krankheiten infizierende Schweine als "Nutztiere"

    • "Heilige" Entrüstung über Säuglingsmord - bestenfalls erhobener Zeigefinger für Katzenmord

    • Viel Gezerre um Stammzellforschung - wenig Gezerre um Tierversuche

     

    "Können Sie sich etwa vorstellen, dass jemand, der nicht mehr zum Gottesdienst gehen kann, weil er gebrechlich ist, darunter leidet (nicht unter dem Gebrechen selbst, sondern unter dem dadurch erzwungenen Verzicht auf Gottesdienste)? Dass jemand, der eine Bibel geschenkt bekommt, dies als Linderung seines Leids ansieht? Würden Sie dies als Leid bzw. als dessen Linderung „akzeptieren“?"

     

    Ersetzen Sie "Gottesdienst" mit "Reichsparteitag" und "Bibel" mit "Mein Kampf", und Ihre Frage sollte beantwortet sein. Die gründlichste Methode zur Beseitigung von Leid, das aus Religiosität erwächst, ist die Beseitigung der Religiosität selbst: durch Bildung, wo sie auf Unwissenheit beruht, und durch psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung nach ihrer Eskalation zur Wahnstörung.

     

    "„Wer hingegen tut, was unter den gegebenen Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid aller beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen“

     

    Woher wissen wir, was „am besten geeignet erscheint“?"

     

    Durch eingehende Analyse der Situation -> Ermittlung der Bedürfnisse und Interessen der beteiligten und betroffenen leidensfähigen Wesen -> ethische Kalkulation -> Bestimmung des Handlungszieles -> Erarbeitung geeigneter Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles -> moralische Handlung -> Aufarbeitung des gesamten Vorganges -> Lernprozeß -> ggf. Korrekturen. - Das ist sozusagen das volle Programm bei schwierigen Entscheidungen.

     

    "Und: Gibt es für Sie hinsichtlich der „empfindungsfähigen Wesen“ eine Stufung, aus der sich Vor- und Nachrangigkeiten ergeben?"

     

    Aber selbstverständlich! Qualitativ variiert moralische Objekthaftigkeit abhängig von Vorhandensein und Ausprägung ethisch relevanter Eigenschaften. Diese sind Leidensfähigkeit, Personalität und Lebensbewußtsein. Alle mit einem hinreichend komplexen neuronalen System ausgestatteten Wesen sind leidensfähig, einige leidensfähige Wesen sind Personen (= ich-bewußt), und einige Personen sind auch lebensbewußt (nach heutigem Kenntnisstand nur der Mensch jenseits einer bestimmten Entwicklungsstufe). Leider bedarf es noch umfangreicher, insbesondere neurobiologischer Forschungsbemühungen, um die notwendigen Differenzierungen auf verläßlicher empirischer Grundlage vornehmen zu können, aber wie überall sonst gilt auch hier: Was wir noch nicht wissen, das kann auch nicht in unsere Handlungsentscheidungen einfließen.

     

    Freundlich grüßend,

     

    Thomas Rakow

  • TR
    Thomas Rakow

    @ Henriette

     

    Man könnte meinen, Ihre Beiträge seien Versatzstücke aus anderen Diskussionen. Jedenfalls drängt sich der Eindruck auf, daß Sie viele Argumente auf dieser Seite entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben.

     

    "Vor Gott sind alle Menschen gleich, egal, was sie für Klamotten tragen."

     

    1. Was IST "Gott"???

    2. Wie kann man ihn erkennen?

    3. Warum kommt er in den Wissenschaften nicht vor?

    4. Weshalb sollte man Religionsunterricht ÜBERHAUPT zulassen, solange die vorstehenden Fragen nicht geklärt sind?

    5. Wie können Sie es wagen zu behaupten, alle Menschen seien vor "Gott" gleich, wenn jedes Jahr Abermillionen von ihnen an Hunger oder armutsbedingten Krankheiten sterben, während andere in phantastischem Überfluß schwelgen?

    6. Wie viele Menschen lassen SIE täglich leiden und sterben, obwohl Sie es verhindern könnten, ohne bedeutsame Einbußen an Lebensqualität hinnehmen zu müssen (mit ECHTER Gleichheit hätte auch das noch lange nichts zu tun!)?

    7. Die überdurchschnittlich reichen Theisten der Welt könnten innerhalb kürzester Zeit die größten Ernährungs- und Gesundheitsprobleme auf der Erde beseitigen. Unterlassen sie das, weil es gegen den Willen "Gottes" verstoßen würde? Schließlich gibt es keinen Mißstand, den "Gott" nicht verursacht oder duldet (es sei denn, er wäre zu schwach, um einzugreifen).

     

    "Das habe ich im Religionsunterricht gelernt,"

     

    Und DESHALB ist es wahr???

     

    "und ich weiß noch, daß mich das damals sehr aufgebaut hat."

     

    Auch mich hat man als Kind so erbarmungslos verblödet, daß mich nicht einmal die eklatantesten biblischen Monstrositäten aus meinem hirnentleerten Dämmerzustand aufschrecken konnten. Ohne die massive Hilfe eines Freundes hätte sich das bis heute nicht geändert.

     

    "Es geht um Werte"

     

    Was sind "Werte"? Was haben sie mit Ethik zu tun? Wie "funktionieren" sie (falls überhaupt)?

     

    "Untericht ab der ersten Klasse - ob die Kinder Religion besuchen oder Ethik, ist Wahlfreiheit."

     

    Ob Kinder lernen, warum sie sich ethisch orientieren und ihr Verhalten entsprechend kontrollieren sollten, oder ob man ihre ethische Entwicklung mittels religiöser Indoktrination bereits im Keim erstickt, sollte der elterlichen Willkür überlassen bleiben? Warum???

  • JB
    Josef Bordat

    Lieber Herr Rakow,

     

    Sie haben jetzt Ihre Position so deutlich gemacht, dass selbst ich sie jetzt einigermaßen verstehe, obwohl sie mir sehr fremd ist.

     

    Mit der Bezeichnung eines religiösen Aktes als außermoralisch käme ich klar, denn was soll daran „gut“ oder „böse“ sein, die Liebe Gottes weiterzugeben – ich tue es einfach bzw. bemühe mich darum. Punkt. Auch wenn die Liebe Gottes unendlich gut ist, es bleibt ja Seine Liebe, deren Wirkungen ich mir nicht als Leistung an die Brust heften kann! Mit der Bezeichnung ALLER religiös motivierten Handlungen als „anti-moralisch“ habe ich allerdings Schwierigkeiten, ebenso wie ich nicht ganz nachvollziehen kann, wie man religiöse Menschen pauschal als „gewissenlos“ ansehen kann. Klar, aus den von Ihnen aufgestellten Prämissen geht das. Was von denen zu halten ist, muss jeder, der sie hört oder liest, selbst entscheiden.

     

    Ich halte sie für falsch. Ich denke mithin, Ihre Religionskritik (mit Blick auf die Moral) scheitert schon an ihren Voraussetzungen, v. a. aber an der Praxis. Weder stimmt es theologisch, dass „die“ Religionen (es gibt etwa 5000) sich in ununterscheidbarer Weise auf ein höheres Wesen beziehen, so dass man alles, was religiöse Menschen denken, sagen oder tun „anti-moralisch“ nennen muss, noch gibt es in der Praxis diese Einschätzung. Wenn Sie jemandem die Geschichte von Franz von Assisi und die Geschichte von Usama Bin Laden erzählen, wird er eben sehr oft nicht reagieren, wie es Ihre These nahe legt: „Ach, diese Religiösen mit ihrem Gottesbezug!“ Und wenn man nach Unterschieden zwischen Franz von Assisi und Usama Bin Laden fragt, wird nur selten die Antwort kommen: „Gibt es keine! Wie sollte es auch: Die beziehen sich ja beide auf Gott.“ Eine solche Reaktion ist das, was man in der analytischen Philosophie kontraintuitiv nennt, alltagssprachlich: schwer vorstellbar! Denn die meisten Menschen können gemeinhin sehr gut unterscheiden zwischen Religion, die zum Guten führt, und dem Missbrauch von Religion, der zum Bösen führt. Vermutlich auch ein Ergebnis der „Gehirnwäsche“ im Religionsunterricht.

     

    Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Sie dabei sind, die vergeblichen Mathematisierungsbemühungen der Ethiker in der Hochaufklärung (etwa Christian Wolff) zu reaktivieren. Dabei gehen Sie sehr unkritisch mit dem Begriff der „Vernunft“ um, den ja nun auch viele Ideologien beansprucht haben, von denen wir heute nicht sagen würden, sie seien so vernünftig gewesen. Das trug der Philosophie den Begriff der „instrumentellen Vernunft“ ein (Horkheimer/Adorno). Sloterdijk sprach auch schon von „zynischer Vernunft“. Ratzinger/Benedikt XVI. spricht (immer wieder) von „erweiterter Vernunft“ und meint damit die christliche Religion. Lopez spricht von „tiefer Vernunft“ und meint damit das gleiche. Sie hingegen sprechen von Vernunft als sei klar, was damit gemeint ist. Meinen Sie in Wahrheit „Logik“?

     

    Wenn Sie den Glauben schon jenseits der Vernunft ansiedeln, dann sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass im Christentum nicht Beliebiges geglaubt werden kann, sondern die Vorstellungen des Christen konsistent sind, jedenfalls konsistenter als manche „wissenschaftliche“ Theorie (denken Sie an den „wissenschaftlichen“ Sozialismus oder die „Rassenlehre“ des Nationalsozialismus).

     

    Ich weiß auch nicht, ob Sie sich darüber im Klaren sind, dass es innerhalb der philosophischen Ethik Richtungen gibt, die alle für sich beanspruchen, vernünftig zu sein (denken Sie an den klassischen Unterschied zwischen teleologischen und deontologischen Ansätzen!). Wie wollen Sie da die „richtige“ Ethik identifizieren? Wie überzeugen Sie eine Aristotelikerin wie Martha Nussbaum davon, dass Kant (und nur Kant!) am Ende doch Recht hat? Und wenn Sie das geschafft haben, müssen Sie nur noch die verschiedenen Deutungstraditionen, die sich an Kants Ethik anschließen, zusammenbringen. Und dann müssen Sie sehen, dass alle anderen diese Universalethik verstehen und zur Grundlage ihrer Moralvorstellungen machen. Sie sprechen m.A.n. von einer Idealethik, die es (ich sage: zum Glück) so nicht gibt und geben kann, weil Menschen keine Logik-Automaten sind, sondern sich u.a. auch von Gefühlen leiten lassen, die Sie nur schwerlich in Ihren „Leidverminderungsalgorithmus“ einspeisen können. Um es deutlich zu sagen: Ich schätze Ihre Klarheit und Konsequenz, auch Ihren Willen, das Leid zu beseitigen (oder zumindest zu mildern), habe aber meine Zweifel an der Praktikabilität Ihres Vorschlags.

     

    Übrigens: Was mich als religiösen Menschen betrifft, müssten Sie sich entscheiden: Entweder bin ich „dumm“ (weil ich an Gott glaube, seinen Willen aus der Offenbarung zu erkennen meine und danach handle bzw. zu handeln versuche) oder aber „böse“ (weil ich nicht an Gott glaube, dann aber so tue als ob, um meinen Handlungen eine Basis zu geben). Beides geht nicht gleichzeitig zusammen. Denn „lügen“ kann man ja nur, wenn man etwas wider besseren Wissen aussagt. Da ich aber Ihrer Meinung nach gar nichts von Gott wissen kann (im strengen Sinne des „wissenschaftlichen Wissens“ haben Sie damit gar nicht mal so Unrecht!), kann ich auch nicht wider ein bestimmtes Wissen reden. Was ich könnte, wäre ein Wissen vortäuschen, das nicht da ist. Hierzu sage ich aber: Die Quellen, aufgrund derer ich von Gott zu „wissen“ glaube, stehen allen Menschen in allen (wichtigen) Sprachen zur Prüfung seit Jahrhunderten offen zur Verfügung. Da kann sich jeder eine Meinung bilden. Ich meine übrigens, dass die Bibel, zumal die Kernbotschaften von der Liebe und Barmherzigkeit, sehr klar formuliert sind und es wohl eher um ein Nicht-verstehen-wollen als um ein Nicht-verstehen-können geht. Der Wille Gottes drückt sich in Seinen Geboten aus, von denen das „doppelte Liebesgebot“ das wichtigste ist. Und was ist an „Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie Dich selbst.“ so schwierig? Außer der Umsetzung in den Alltag!

     

    Hinzu treten aber dann – das ist ungleich wichtiger als die Deutungstradition – ganz persönliche Erfahrungen und das Erleben einer Du-Beziehung zu Gott, die mir – ich kann nur von mir sprechen – Sicherheit über und Geborgenheit im Willen Gottes gibt. Das kann man schlecht erklären, zumal in dem (nicht nur von Ihnen) eingeforderten Sinne eines intersubjektiv anzuerkennenden Beweises. Ich glaube aber auch gar nicht, dass es darum geht, weil ich meine, dass es Bereiche unserer Selbstvergewisserung gibt, in denen wir nicht nur keinen Beweis erbringen können, sondern am besten auch gar keinen Beweis einfordern sollten (Wenn ich meine Frau auffordern würde, mir zu BEWEISEN, dass sie mich liebt, wäre das wohl der erste Schritt in Richtung Trennung! – Dennoch glaube ich, dass sie mich liebt. Ganz ohne Beweis. Bin ich nun – allein schon deswegen – „wahnsinnig“? Weil ich an etwas glaube, nämlich die Liebe meiner Frau zu mir, das sich nicht beweisen lässt?). Jedenfalls reicht mir beides (Offenbarung und Erfahrung) zusammengenommen aus, um mein Leben und Handeln auf Gott hin zu orientieren, indem ich auch im Zweifel der Ungewissheit das Wagnis eingehe, meine (sehr begrenzte!) Einsicht in die Dinge an der Weisheit Gottes zu spiegeln, um mit meiner (sehr begrenzten!) Vernunft nicht fehl zu gehen.

     

    Vieles hängt wohl mit Differenzierungen zusammen, die man macht oder eben nicht (denken Sie an Mittelstraß’ Unterscheidung von Verfügungs- und Orientierungswissen). Ich kann das hier nicht entfalten, ich kann Ihnen aber ein sehr gutes Buch empfehlen, in dem einige Dinge angesprochen werden, die Ihre Schlüsselprämisse von der Sinnlosigkeit des Gottesglaubens und der Annahme, dass jenseits der Wissenschaft das Reich der Beliebigkeit beginnt, etwas in Frage stellen: Richard Schröders „Abschaffung der Religion? Wissenschaftlicher Fanatismus und die Folgen“, erschienen 2008 bei Herder (Freiburg i. Br.).

     

    Die Seite, auf die Sie verweisen, um mal ganz „unabhängig“ über Mutter Theresa zu informieren (.info[sic!]), bezeichnet die Ordensgründerin und Friedensnobelpreisträgerin u.a. als „Todesengel von Kalkutta“ und rückt sie damit in eine Nähe zu Adolf Eichmann („Todesengel von Auschwitz“). Ich glaube dieses Verständnis von „Unabhängigkeit“ lässt sehr gut erahnen, was im Zusammenhang mit dem Berliner Ethik-Unterricht mit „Neutralität“ gemeint ist. Und auch, wie das Thema „Christentum“ im Berliner Ethik-Unterricht eingeführt und besprochen wird – wenn überhaupt (im Lehrplan steht es jedenfalls ebenso wenig wie „Judentum“, „Hinduismus“, „Buddhismus“, „Islam“ – dafür gibt es dann aber die Unterrichtseinheit „Religionen und Ideologien“, wo dann vermutlich das Phänomen „Gewalt“ als gedankliche Klammer dient.). Herr Rakow – ich leide gerade sehr! Ich kann Ihnen das zwar nicht beweisen, aber Sie dürfen das ruhig glauben! Ausnahmsweise mal.

     

    Noch einige Nachfragen:

     

    „Ich bemühe mich sehr, vor jeder noch so banal erscheinenden Handlung abzusehen, welche direkten oder indirekten Auswirkungen sie auf andere leidensfähige Wesen haben wird und korrigiere sie dann gegebenenfalls.“

     

    Wie bemühen Sie sich? Woher wissen Sie, dass Sie exakt zu dem Zeitpunkt, wo Sie zu handeln bereit sind, zu einem Ergebnis gekommen sind, aufgrund dessen Sie (moralischer Weise) handeln können? Haben Sie sich vor dem Schreiben dieses Beitrags überlegt, „welche direkten oder indirekten Auswirkungen“ Ihre Worte auf mich haben werden (unterstellt, ich falle für Sie unter den Topos „leidensfähige Wesen“)?

     

    Das führt mich zu einer grundsätzlichen Frage: Leid, was ist das –Ihrer Meinung nach? Wenn wir Leid lindern wollen (und ich bin nach wie vor der Meinung, dass Gott das will und ich – wenn ich mich Ihm als Werkzeug anbiete –genau zu diesem Zweck auch eingesetzt werde – wobei Gott letztlich nicht vom Leid selbst befreit, sondern von der Verzweiflung angesichts des Leids), müssten wir doch, wenn wir uns nicht leiten lassen (von Gottes Willen, von der Liebe), sondern „vernünftigerweise“ handeln wollen (ich tue mal in Ihrem Sinne so, als schlösse sich das aus), eine Definition des Leids angeben können. Können wir das?

     

    Können Sie sich etwa vorstellen, dass jemand, der nicht mehr zum Gottesdienst gehen kann, weil er gebrechlich ist, darunter leidet (nicht unter dem Gebrechen selbst, sondern unter dem dadurch erzwungenen Verzicht auf Gottesdienste)? Dass jemand, der eine Bibel geschenkt bekommt, dies als Linderung seines Leids ansieht? Würden Sie dies als Leid bzw. als dessen Linderung „akzeptieren“?

     

    „Wer hingegen tut, was unter den gegebenen Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid aller beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen“

     

    Woher wissen wir, was „am besten geeignet erscheint“? Und: Gibt es für Sie hinsichtlich der „empfindungsfähigen Wesen“ eine Stufung, aus der sich Vor- und Nachrangigkeiten ergeben?

     

    Herzliche Grüße,

    Ihr

    Josef Bordat

     

    P.S.: Zwei Empfehlungen – Texte, die vielleicht von Interesse sein könnten.

    1. Manifestationen menschlicher Vernunft. Über das Verhältnis von Religion und Wissenschaft

    http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=11707&ausgabe=200804

     

    2. Ja zum Leben, Nein zum Leiden. Was bestimmt den Menschen?

    http://www.katholisches.info/?p=1972

  • TR
    Thomas Rakow

    Lieber Herr Bordat!

     

    "Wer sagt denn, dass der Wille Gottes „unprüfbar“ ist? Es gibt die Offenbarung (Bibel),"

     

    Indem wir ein Buch lesen - egal, ob die Bibel oder Grimms Märchen - prüfen wir lediglich, was in diesem Buch steht. "Gottes" Willen selbst könnten wir nur dann prüfen, wenn uns "Gott" aufgrund erkennbarer (!) Eigenschaften zugänglich wäre und er seinen Willen in einer uns verständlichen Sprache kundtäte. Allerdings bliebe dann noch zu begründen, warum wir seinem Willen auch folgen sollten. Nichts ist allein deshalb "gut", weil es irgendjemand will, und Gehorsam ist - wie bereits festgestellt - die Antithese zu ethischer Motivation.

     

    "die Deutungstradition"

     

    Auch die gibt keinen Aufschluß darüber, ob die "gedeuteten" Aussagen wahr sind oder durch irgendeine "Deutung" wahrer werden.

     

    "und – als wichtigste Instanz überhaupt – das Gewissen."

     

    Was verstehen Sie unter "Gewissen"? Nach meiner Begriffsdefinition haben Religiöse kein Gewissen, weil es ethische Orientierung voraussetzt.

     

    "Und die Vernunft, mit der wir diese Aspekte richtig einsetzen, um den Willen Gottes so gut wie möglich zu erkennen."

     

    Ein vernünftiger Mensch weiß, daß die Frage nach "Gott", "Blörpf" oder "Schnubbeldiwutz" und seinem/ihrem Willen sinnlos ist. Auch wir beide brauchen im Grunde gar nicht weiter zu verhandeln, denn solange Sie keine widerspruchsfreie Definition des Gottesbegriffes vorlegen, muß ich annehmen, daß Sie überhaupt nicht wissen, worüber Sie reden. Begriffe sollen etwas repräsentieren, nämlich entweder reale oder fiktive Objekte. Ist "Gott" ein fiktives Objekt, befindet er sich in munterer Gesellschaft mit Donald Duck, Spiderman und Schneewittchen. Ist er real, müßte er direkt oder indirekt mit unseren Wahrnehmungsorganen interagieren, um für uns erkennbar zu sein. Nur, WENN er das tut, können wir Aussagen über seine Beschaffenheit und ggf. auch seinen Willen treffen. Die Situation stellt sich also einstweilen folgendermaßen dar: Sie verwenden einen Begriff, dessen Bedeutung Sie augenscheinlich nicht kennen und stellen unprüfbare oder falsche Behauptungen über sein Bezugsobjekt auf, m.a.W.: Sie sagen etwas aus, ohne etwas auszusagen, oder - verzeihen Sie das harte Wort - Sie lügen. Darüberhinaus implizieren Ihre Behauptungen, daß die Wissenschaften Defekte haben, die einen Erkenntnisgewinn über "Gott" nicht zulassen, denn schließlich kommt er in keiner realwissenschaftlichen Theorie vor. Bis Sie darlegen, worin diese Defekte bestehen (was Ihnen gewiß den Nobelpreis einbringen würde), muß ich Sie grober Impertinenz gegenüber der wissenschaftlichen Community bezichtigen.

     

    "Warum müssen wir dann alles akzeptieren, was dabei herauskommt?"

     

    Schlicht und einfach deshalb, weil mangels Prüfbarkeit nicht bestimmt werden kann, ob die Aussage "Gott will 'A'" oder "Gott will 'nicht-A'" wahr ist. ALLE, die ihre Handlungen mit "Gottes" Willen begründen, sitzen also in EINEM Glashaus.

     

    "Eine andere Frage ist die, ob wir beim Ableiten von Verhaltensweisen aus der Vernunft (das einzige Verfahren, dem Sie offenbar moralische Qualität zubilligen) immer zum gleichen Ergebnis kommen."

     

    Wenn Ontologie, Erkenntnistheorie, Semantik und Ethik eine logisch konsistente Einheit bilden, können die Unterschiede nur noch sehr gering sein - BEDEUTEND geringer als jene Abgründe, die zwischen religiös-beliebigen Behauptungen und ihren nicht minder beliebigen normativen Ableitungen klaffen.

     

    "Was machen wir, wenn zwei Menschen – ganz ohne Gottesbezug – zu zwei unterschiedlichen Meinungen kommen?"

     

    Handelt es sich bei diesen "Meinungen" um deskriptive Aussagen, muß so viel mehr wissenschaftliches Material herangezogen, sondiert und bewertet werden, wie nötig ist, um Einvernehmen zu erzielen. Handelt es sich um normative Aussagen, wird man in der Regel noch einmal deren faktische Voraussetzungen prüfen, um dann eine besser fundierte und vielleicht auch noch detailliertere ethische Kalkulation vornehmen zu können.

     

    "Was soll dann gelten? Und woher wissen wir, dass das dann die richtige Lösung ist?"

     

    Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber je sorgfältiger wir mit den empirischen Daten und logischen Werkzeugen umgehen, umso sicherer dürfen wir uns fühlen.

     

    "Hat der eine dann das Recht, die Meinung des Anderen zu kritisieren, obwohl sich beide auf die gleiche Instanz (Vernunft) beziehen?"

     

    Aber gewiß doch! Vernunft ist immerhin die Voraussetzung für Kritik- und Konsensfähigkeit. Nicht jede Aussage ist vernünftig, aber es gibt keine Behauptung, die zu abstrus wäre, um Teil eines religiösen Wahnsystems werden zu können. Der Irrationalismus birgt ein ungeheures Konfliktpotenzial, denn willkürliche Behauptungen können nicht nur im Widerspruch zu anderen willkürlichen Behauptungen stehen, sondern auch mit wohlbestätigten und formal korrekten Aussagen unvereinbar sein - ein weiterer Grund, sich gegen die religiöse Indoktrination speziell Minderjähriger einzusetzen.

     

    "Beim Gottesbezug haben Sie dies ja verneint, haben mir (soweit ich mich als religiösen Menschen verstehen will) das Recht abgesprochen, religiös motivierte Gewalt zu verurteilen. Zugegeben: Eine solche Haltung ist mir bisher noch nicht begegnet. Es fällt mir schwer, Ihnen zu glauben, dass Sie nicht zwischen dem Gottesbezug der Mutter Theresa von Kalkutta"

     

    Hmmm...: http://www.mutter-teresa.info

     

    "und dem des Mohammed Atta unterscheiden (können oder wollen)"

     

    Beides! Wenn wir Menschen zu tun gestatten, was sie für "Gottes" Willen halten, WEIL es "Gottes" Wille ist, dann können wir sie natürlich nicht mehr dafür kritisieren, daß sie GENAU DAS tun! Wer hingegen tut, was unter den gegebenen Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid aller beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, dem kann und MUSS es wurscht sein, ob es einen "Gott" gibt und was er wollen könnte. Die logische Struktur von Aussagen ist oft sehr viel aufschlußreicher als ihr vordergründiger Inhalt. Leider findet sie nur selten Beachtung.

     

    "und beide Handlungsweisen (Menschen wahllos pflegen und Menschen wahllos töten) gleichermaßen für unmoralisch halten,"

     

    Nicht nur das, sie sind sogar ANTI-moralisch! Gehorsam gegen "Gott" (oder wen auch immer) ist DAS GEGENTEIL von ethischer Motivation! Ich verweise auch noch einmal auf folgenden Abschnitt meines letzten Beitrages:

     

    Frage: Warum hilfst du Alten, Kranken, Armen, Nackten, Verwahrlosten, Einsamen etc.?

    Antwort 1: Weil "Gott" es so will.

    Antwort 2: Weil es der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dient.

     

    Frage: Warum wirst du dich auf dem Marktplatz in die Luft sprengen?

    Antwort 1: Weil "Gott" es so will.

    Antwort 2: Weil es der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dient.

     

    Mit "Gottes" Willen läßt sich ALLES begründen, während Ethik in jedem Stadium ihrer Umsetzung prüfbarerweise auf einen ganz bestimmten Zweck ausgerichtet ist.

     

    "Darf ich Sie fragen, wie Sie es mit Ihren Entscheidungen halten? Also mit denen, die das Leid in der Welt lindern sollen."

     

    Mir ist nicht ganz klar, was Sie meinen. Ich bemühe mich sehr, vor jeder noch so banal erscheinenden Handlung abzusehen, welche direkten oder indirekten Auswirkungen sie auf andere leidensfähige Wesen haben wird und korrigiere sie dann gegebenenfalls. Das ist sehr zeitaufwendig, anstrengend und teuer, aber natürlich nichts im Vergleich zu dem, was Billionen anderer empfindungsfähiger Wesen täglich durchmachen müssen, obwohl es zu verhindern wäre.

     

    "Sehen Sie eine Möglichkeit, wie religiöse Menschen (wie ich) und nicht-religiöse (wie Sie) fruchtbar zusammenarbeiten können, um dem Leid in der Welt zu begegnen?"

     

    Nicht eine einzige! Die Religionen sind Hauptträger einer weltumspannenden Kultur des Irrationalismus, die unseren Planeten zu jenem Jammertal gemacht hat, das er heute ist. Mein persönlicher Kampf gegen diese Kultur beinhaltet auch den Boykott von Produkten, Dienstleistungen und Einrichtungen, die bei ahnungslosen Menschen eine positive Voreingenommenheit gegenüber irrationalistischen Glaubenssystemen erzeugen oder bestärken.

     

    "Im übrigen kann ich Sie beruhigen: Es geht mir bei meinem Handeln nicht um die Eintrittskarte ins Paradies (das wäre ja Heilsegoismus), sondern darum, die Liebe Gottes weiterzugeben. Einfach so. Und ich kenne einige, denen das ähnlich geht."

     

    Wie bereits angemerkt, hat auch Liebe nichts mit Ethik zu tun. Ohnehin drängt sich die Frage auf, warum man an der Liebe eines Wesens interessiert sein sollte, das eine Welt wie diese geschaffen hat und sich weigert oder unfähig ist, sie substanziell nachzubessern. Ich jedenfalls kann mich nur den Worten Bakunins anschließen: "Wenn Gott wirklich existierte, müßte man ihn beseitigen."

     

    Mit herzlichem Gruß,

     

    Thomas Rakow

  • H
    Henriette

    Vor Gott sind alle Menschen gleich, egal, was sie für Klamotten tragen.

     

    Das habe ich im Religionsunterricht gelernt, und ich weiß noch, daß mich das damals sehr aufgebaut hat. Wir hatten nämlich sehr viel weniger Ged als die anderen in der Klasse.

     

    Keiner will irgendwen in Religionsunterricht pressen. Es geht um Werte - Untericht ab der ersten Klasse - ob die Kinder Religion besuchen oder Ethik, ist Wahlfreiheit.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Genau! Aber offenbar geht man wohl von der total weltfremden Vorstellung aus wenn man Kinder aus HartzIV-Familien in den Religionsunterricht hineinpresst, dann würden diese sich zu frommen Kirchgängern und CDU-Wählern entwickeln!

  • LB
    Laura Bittinger

    Das mit der Wertevermitlung ist ja wohl totaler Quatsch! Und was interessiert es denn den Kindern aus HartzIV-Familien was ihnen im Religionsunterricht vorgesülzt wird, wenn sie gleichzeitig in Armut aufwachsen und deswegen auch noch in der Schule gemobbt werden! Da erkennen sie doch nicht nur dass es keinen Gott gibt, sondern auch was sie von ihren "christlichen" Mitmenschen zu halten haben!

  • H
    Henriette

    Das Geld, das der Ethik- oder Religionsunterricht kostet, ist Geld, das wir in die Wertevermittlung an den Schulen und damit in unser aller Zukunft investieren.

     

    Wäre Geld das Hauptargument, dann müsste der Termin der Volksabstimmung selbstverständlich mit der Europawahl zusammengelegt werden. Damit würden anderthalb Millionen Euro eingespart.

  • JB
    Josef Bordat

    Es muss natürlich "Rakow" heißen - ich bitte um Entschuldigung, Herr Rakow! MfG Josef Bordat

  • JB
    Josef Bordat

    Lieber Herr Repkow,

     

    Sie schrieben: „Wenn wir akzeptieren, daß Menschen dem unprüfbaren Willen unbekannter Wesen folgen, müssen wir alles akzeptieren, was dabei herauskommt.“

     

    Wer sagt denn, dass der Wille Gottes „unprüfbar“ ist? Es gibt die Offenbarung (Bibel), die Deutungstradition und – als wichtigste Instanz überhaupt – das Gewissen. Und die Vernunft, mit der wir diese Aspekte richtig einsetzen, um den Willen Gottes so gut wie möglich zu erkennen. Warum müssen wir dann alles akzeptieren, was dabei herauskommt?

     

    Eine andere Frage ist die, ob wir beim Ableiten von Verhaltensweisen aus der Vernunft (das einzige Verfahren, dem Sie offenbar moralische Qualität zubilligen) immer zum gleichen Ergebnis kommen. Was machen wir, wenn zwei Menschen – ganz ohne Gottesbezug – zu zwei unterschiedlichen Meinungen kommen? Was soll dann gelten? Und woher wissen wir, dass das dann die richtige Lösung ist? Hat der eine dann das Recht, die Meinung des Anderen zu kritisieren, obwohl sich beide auf die gleiche Instanz (Vernunft) beziehen? Beim Gottesbezug haben Sie dies ja verneint, haben mir (soweit ich mich als religiösen Menschen verstehen will) das Recht abgesprochen, religiös motivierte Gewalt zu verurteilen. Zugegeben: Eine solche Haltung ist mir bisher noch nicht begegnet. Es fällt mir schwer, Ihnen zu glauben, dass Sie nicht zwischen dem Gottesbezug der Mutter Theresa von Kalkutta und dem des Mohammed Atta unterscheiden (können oder wollen) und beide Handlungsweisen (Menschen wahllos pflegen und Menschen wahllos töten) gleichermaßen für unmoralisch halten, sowie sie (tatsächlich oder vermeintlich, begründet oder unbegründet) als religiöser Akt geschehen.

     

    Darf ich Sie fragen, wie Sie es mit Ihren Entscheidungen halten? Also mit denen, die das Leid in der Welt lindern sollen. Sehen Sie eine Möglichkeit, wie religiöse Menschen (wie ich) und nicht-religiöse (wie Sie) fruchtbar zusammenarbeiten können, um dem Leid in der Welt zu begegnen?

     

    Im übrigen kann ich Sie beruhigen: Es geht mir bei meinem Handeln nicht um die Eintrittskarte ins Paradies (das wäre ja Heilsegoismus), sondern darum, die Liebe Gottes weiterzugeben. Einfach so. Und ich kenne einige, denen das ähnlich geht.

     

    Herzliche Grüße,

    Ihr

    Josef Bordat

  • TC
    Tanja Carstens

    Komisch! Wie sich doch die Verteidiger des ProReli-Unsinns ereifern, immer neue Argumente vorbringen, immer weiter abschweifen! Doch was ist mit dem Hauptargument gegen Religionsunterricht, nämlich der damit verbundenen sinnlosen Geldverschwendung? Da werden durch den Religionsunterricht an den Schulen Gelder in Milliardenhöhe sinnlos verschwendet, während an anderer Stelle, z.B. bei den Arbeitslosen, den HartzIV-Opfern und den Rentnern, in der Bildung und wo noch überall, ständig der Rotstift angesetzt wird weil der Staat angeblich sparen muss! Doch für den völlig überflüssigen Religionsunterricht ist offenbar stets Geld vorhanden. Wie soll das eigentlich zu vertreten sein?

  • TR
    Thomas Rakow

    < ...nachweisen, daß Sie RECHT haben... (Hervorhebung von mir)

     

    Kommt es wirklich darauf an? >

     

    Das ist eine sehr enttäuschende Frage, denn ich glaube, mich klar genug ausgedrückt zu haben. Wie, bitteschön, wollen wir gegen das Leid auf der Welt vorgehen, wenn wir einander auch weiterhin gestatten, unser Verhalten aus unprüfbaren oder falschen Behauptungen abzuleiten? Wer immer sich das herausnimmt, verwirkt das Recht, Andere zu kritisieren, die dasselbe tun, dabei aber zu gänzlich anderen Ergebnissen kommen. Entsprechend verlogen und selbstgerecht ist die regelmäßig aufbrandende Empörung Gläubischer über religiös motivierte Gewalttaten - NOCH eine Verhaltensweise, die NICHT als Vorbild taugt!

  • JB
    Josef Bordat

    ...nachweisen, daß Sie RECHT haben... (Hervorhebung von mir)

     

    Kommt es wirklich darauf an?

  • JB
    Josef Bordat

    "nachweisen, daß Sie Recht haben"

    Geht es wirklich darum?

  • TR
    Thomas Rakow

    Lieber Herr Bordat,

     

    leider geht Ihre Kritik in wesentlichen Punkten an der Struktur meiner Argumentation vorbei.

     

    Mein Totalitarismusvorwurf galt weniger "der Kirche" als den theistischen Religionen selbst:

     

    Frage: Warum soll ich tun, was Adolf H. oder Benito M. oder Josef S. oder Idi A. will?

    Antwort: Weil du sonst enormen Ärger bis hin zu einem gewaltsamen Tod zu erwarten hast.

     

    Frage: Warum soll ich tun, was "Gott" will?

    Antwort: Weil du sonst enormen Ärger einschließlich ewiger (!) Torturen nach (!) deinem Tod zu erwarten hast.

     

    Vergleiche:

    Laß uns Adolf H. oder Benito M. oder Josef S. oder Idi A. töten, um den Grausamkeiten ein Ende zu bereiten.

    Laß uns "Gott" töten, um den Grausamkeiten ein Ende zu bereiten.

     

    < Wie kommen Sie jetzt auf die Frage der Loyalität religiöser Menschen zum Staat? >

     

    Niemand weiß, was "Gott" ist und wie man ihn erkennen kann. Folglich sind alle Aussagen über ihn und seinen Willen unprüfbar. Wenn wir akzeptieren, daß Menschen dem unprüfbaren Willen unbekannter Wesen folgen, müssen wir alles akzeptieren, was dabei herauskommt - vom Asyl für unverheiratete Mütter bis hin zu Kreuzzügen, von der Suppenküche für Arme bis hin zu Flugzeuganschlägen auf Wolkenkratzer. Solches Verhalten ist IN SICH antidemokratisch und antimoralisch! Was wie "Loyalität religiöser Menschen zum Staat" aussieht, ist also nur ein zufälliges Übereintreffen methodisch inkompatibler Positionen.

     

    < Natürlich muss ein Christ Gott mehr gehorchen als den Menschen, d. h. auf Gottes Stimme (das Gewissen) in letzter Konsequenz mehr Rücksicht nehmen als auf menschliche Gesetze. >

     

    Gehorsam gegen wen auch immer ist die Antithese (!) zu ethischer Motivation, denn schließlich kann man nur tun, was irgendjemand will, ODER was nach sorgfältiger Analyse der vorliegenden Situation ethisch geboten erscheint. Der religiöse Gewissensbegriff meint also nichts anderes als die Angst vor der Rache eines allmächtigen Despoten. Ist sie größer als die Angst vor "weltlichen" Machthabern, kann es schon mal dazu kommen, daß Religiöse scheinbar "Heldenhaftes" vollbringen (siehe z.B. Widerstand gegen Faschismus und Stalinismus).

     

    < Einige Christen (einige Abgeordnete aus der Zentrumspartei) haben sich gegen die Konsequenz (Gleichschaltung) gewandt und kamen, wie Sie sagen, ins Gefängnis. Andere Christen haben das demokratisch legitimierte Gesetz akzeptiert und in dem daraus resultierenden Führerstaat (häufig unter Verweis auf den Römerbrief) ganz gut gelebt. Wem soll man jetzt einen Vorwurf machen? Wem machen Sie einen Vorwurf? >

     

    ALLEN, denn keiner von ihnen hat MORALISCH gehandelt! Es muß so unerhört sein, daß es kaum jemand zu denken wagt, aber Ethik ist ein ANARCHISTISCHES Unternehmen! Sie hat Machtverhältnisse wohl zu berücksichtigen, weil sie Teil der zu ändernden Wirklichkeit sind, aber sie darf sich ihnen nicht unterordnen!

     

    < Im übrigen: Es gibt in der Tat auch heute Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens eingesperrt werden, viele werden gefoltert und ermordet, auch in „demokratischen“ Staaten (wie z.B. in Indien oder dem Irak oder der Türkei). Über 200 Millionen Christen sind weltweit der Verfolgung ausgesetzt, über 100.000 lassen jährlich ihr Leben für den Glauben. >

     

    Wie sind sie doch zu beneiden! Ich erlaube mir, ein Drittel (aber irgendwie doch nicht nur ein Drittel) der Trinität zu zitieren:

     

    Matthäus 10/22:

    Und ihr müsset gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis ans Ende beharret, der wird selig.

     

    Matthäus 10/38-39:

    Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist mein nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.

     

    Matthäus 16/24-25:

    Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.

     

    Lukas 12/4-5:

    Ich sage euch aber, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts mehr tun können. Ich will euch aber zeigen, vor wem ihr euch fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, der, nachdem er getötet hat, auch Macht hat, zu werfen in die Hölle. Ja, ich sage euch, vor dem fürchtet euch.

     

    Lukas 14/27:

    Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.

     

    Johannes3/36:

    Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.

     

    Johannes 12/25:

    Wer sein Leben liebhat, der wird's verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasset, der wird's erhalten zum ewigen Leben.

     

    Eigentlich kann man Christen doch gar keinen größeren Gefallen tun, als sie zu foltern und zu ermorden, aber wahrscheinlich ist das nur eine der "Fehl- oder Missdeutungen der Bibel", von denen Sie sprachen.

     

    < wenn Sie das Für-wahr-und-gut-halten normativer Aussagen aus göttlicher Offenbarung und die Nachfolge Christi in der Lebenspraxis (also im Umgang mit Alten, Kranken, Armen, Nackten, Verwahrlosten, Einsamen etc.) für einen Akt der Religiosität und nicht der Moralität halten, dann können Sie die Trennung sicherlich herbeiführen. Ganz klar. Bloß, was das jetzt bringen soll, kann ich nicht erkennen. >

     

    Frage: Warum hilfst du Alten, Kranken, Armen, Nackten, Verwahrlosten, Einsamen etc.?

    Antwort 1: Weil "Gott" es so will.

    Antwort 2: Weil es der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dient.

     

    Frage: Warum wirst du dich auf dem Marktplatz in die Luft sprengen?

    Antwort 1: Weil "Gott" es so will.

    Antwort 2: Weil es der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid dient.

     

    < Ob ich nun z.B. meinen Alten- und Krankenbesuchsdienst aus einem christlichen Motiv heraus wahrnehme oder aus Einsicht in das hohe Ethos des Alten- und Krankenbesuchs ändert doch für die besuchte Person nichts, oder? >

     

    Kommt darauf an, wie diese Person zu religiös motivierten Handlungen steht. Ich jedenfalls hege nur verächtliches Mitleid für Leute, die kriecherisches Verhalten ihrem "Gott" gegenüber mit Moral verwechseln, und VERBITTE mir ganz entschieden, von ihnen als "Eintrittskarte für das Paradies" benutzt zu werden.

     

    < Aber – eine theologische Etage höher – Sie haben natürlich wieder einmal Recht: Wenn ich der besuchten Person mit meinem Besuch gut tue, dann bin nicht ich es, der wirkt, sondern Gott durch mich. Ich gebe nur von der Liebe, die nicht aus mir selbst, sondern von Gott kommt. Das ist mein Selbstverständnis in diesem Zusammenhang, so dass ich dann keine ethische Rechtfertigung für meine Religiosität/Moralität mehr brauche, sondern – quasi automatisch – handle, als Werkzeug. >

     

    Auch religiös angetriebene Übeltäter handeln aus Liebe zu ihren Göttern - "quasi automatisch", "als Werkzeug". Aus Liebe geschehen die absurdesten Selbstverleugnungen und grausamsten Verbrechen. Ganz offensichtlich taugt weder die Liebe noch irgendein anderes Gefühl als Ersatz für analytische Schärfe und ethische Reflexion.

     

    < Und wenn ich dann Glück habe, treffe ich damit die Moralvorstellung, die man aus kantischer, aristotelischer oder anderer Ethik herleiten kann. >

     

    Wohin "Glücksspiele" dieser Art führen, ist ja am Zustand der Welt überdeutlich zu erkennen...

     

    < Darauf kann es mir aber – intentionalistisch – nicht ankommen, >

     

    Deshalb sind Ethiken ohne zusätzliche konsequentialistische Komponente ja auch dysfunktional, und zwar aus Prinzip! Nur, wenn Motivation, Handlung und Resultat eine optimierbare Einheit bilden, kann Ethik gezielt wirksam werden.

     

    < ich will einfach nur das Liebesgebot Christi erfüllen, mit den Mitteln, die mir von Gott gegeben sind. >

     

    Warum? Weil Sie grad Lust dazu haben? Stellen Sie sich vor, ich fände ein anderes seiner Gebote viel inspirierender (Lukas 19/27): 'Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und macht sie vor mir nieder.' Ich könnte auch andere Götter erfinden und ihnen Beliebiges in den Mund legen. Wie würden Sie mir oder einem Außenstehenden nachweisen, daß Sie Recht haben und nicht ich?

     

    < Und das wäre dann in Ihren Augen ein „religiöser Akt“, kein „moralischer“, oder? Weil die Linderung von Leid u.a. als Abfallprodukt eher „zufällig“ anfällt, nicht aber bezweckt wurde (Zweck des Handelns ist ja nur die Liebe). Habe ich das so richtig verstanden? >

     

    Nicht ganz! Der Zweck von Ethik, bzw. das Ziel moralischen Handelns kann schon deshalb nicht die Liebe sein, weil sich Gefühle der direkten Kontrolle entziehen und aus ihrem Vorhandensein oder ihrer Abwesenheit nichts - schon gar nichts Moralisches - folgt. In Hinsicht auf das "Abfallprodukt" haben Sie allerdings Recht. Das gleiche Argument wende ich übrigens auch auf den Kapitalismus an.

     

    < Das ist jedenfalls sehr interessant! Und wenn Sie es so sehen wollen – einverstanden! >

     

    Ich MUSS es aus den genannten Gründen so sehen, denn die Welt wird ganz sicher nicht dadurch zu einem besseren Ort, daß man damit fortfährt, Beliebiges aus Beliebigem abzuleiten.

     

    Gruß, Thomas Rakow

  • JB
    Josef Bordat

    Lieber Herr Rakow!

     

    1.

    „sondern aufgrund ihrer totalitären Strukturen zutiefst antidemokratisch sind.“

    Angesichts mancher Gemeinderatssitzung denke ich mir zum Thema „antidemokratische Kirche mit totalitären Strukturen“: Schön wär’s!

     

    2.

    Wie kommen Sie jetzt auf die Frage der Loyalität religiöser Menschen zum Staat? Stellt der Religionsunterricht diese in Frage? Habe ich diese (grundsätzlich) in Frage gestellt? Können Sie Fallbeispiele nennen, wo Christen (verzeihen Sie mir, wenn ich mich im folgenden auf diese Religion beschränke, in den anderen monotheistischen Religionen kenne ich mich noch schlechter aus) aus – vorgeblich – religiösen Gründen gegen demokratisch erlassene Gesetze verstießen (bleiben wir mal im heutigen Deutschland)? Lag dann die Legitimierung des Gesetzesbruchs aus religiösen Gründen an der christlichen Religion und ihrer Offenbarungsschrift oder an möglichen Fehl- oder Missdeutungen der Bibel oder anderer relevanter Schriften? Gibt es zu diesen etwaigen Fällen Stellungnahmen der beiden Großkirchen? Wie sehen diese aus?

     

    Aber Sie haben ja Recht: Natürlich muss ein Christ Gott mehr gehorchen als den Menschen, d. h. auf Gottes Stimme (das Gewissen) in letzter Konsequenz mehr Rücksicht nehmen als auf menschliche Gesetze. Da kann es zu Konflikten kommen. Gleichzeitig ist es wesentlicher Teil des christlichen Glaubens, der jeweiligen Obrigkeit zu gehorchen. In diesem Spannungsfeld muss sich der Christ positionieren. Dazu zwei historische Beispiele.

     

    Das Ermächtigungsgesetz v. 1933 etwa ist demokratisch legitimiert gewesen, denn es ist von einem gewählten Parlament beschlossen worden. Einige Christen (einige Abgeordnete aus der Zentrumspartei) haben sich gegen die Konsequenz (Gleichschaltung) gewandt und kamen, wie Sie sagen, ins Gefängnis. Andere Christen haben das demokratisch legitimierte Gesetz akzeptiert und in dem daraus resultierenden Führerstaat (häufig unter Verweis auf den Römerbrief) ganz gut gelebt. Wem soll man jetzt einen Vorwurf machen? Wem machen Sie einen Vorwurf?

     

    Auch in der Deutschen Demokratischen Republik gab es Menschen, die sich partout nicht auf diese Art von staatlicher Verfasstheit und diese ganz besondere Spielart der Demokratie einlassen wollten. Sie zogen die „totalitäre Struktur“ der Kirche und ihrer Angebote dem „demokratischen“ System vor – und landeten häufig wo? Richtig, im Gefängnis. Wie Sie schon sagen. Am Ende haben diese Staatsfeinde ihre Opposition zur Deutschen Demokratischen Republik regelmäßig – nach dem Abendgebet[sic!] – zum Ausdruck gebracht. Viele Teilnehmer der Leipziger Montagsdemonstrationen nahmen dabei Verhaftungen in Kauf. Andere Christen hatten sich unterdessen mit dem Regime arrangiert.

     

    Im übrigen: Es gibt in der Tat auch heute Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens eingesperrt werden, viele werden gefoltert und ermordet, auch in „demokratischen“ Staaten (wie z.B. in Indien oder dem Irak oder der Türkei). Über 200 Millionen Christen sind weltweit der Verfolgung ausgesetzt, über 100.000 lassen jährlich ihr Leben für den Glauben. Durch intensive persönliche Kontakte mit koptischen Christ/inn/en in Ägypten, mit einer irakischen Flüchtlingsfamilie und nach Korea, weiß ich um die Not vieler Christen, die mir sehr nahe geht. Lassen Sie mich eines hinzufügen: Auch nur unterschwellig zu suggerieren, Christen würden diese Not geradezu suchen, um damit ihr Leben im Martyrium vollenden zu können, wird weder den Tatsachen gerecht noch dem Begriff des Martyriums. Und noch eine Sache, weil ihr Vorredner Dawkins zitiert hat: Ich habe so ein bisschen das ungute Gefühl, dass die wirkmächtige Rede über Religion als Ausdruck eines krankhaften „Wahns“ nicht unbedingt dazu beiträgt, die Lage der Menschen, die aufgrund ihrer Religiosität, also ihres „Wahns“, verfolgt werden, dramatisch zu verbessern. Gerade bei Fällen subtiler Benachteiligung stärkt diese Einschätzung des Glaubens (und damit auch der Gläubigen) den Opfern nicht unbedingt den Rücken.

     

    3. Zu Religion/Ethik

    Gut, wenn Sie das Für-wahr-und-gut-halten normativer Aussagen aus göttlicher Offenbarung und die Nachfolge Christi in der Lebenspraxis (also im Umgang mit Alten, Kranken, Armen, Nackten, Verwahrlosten, Einsamen etc.) für einen Akt der Religiosität und nicht der Moralität halten, dann können Sie die Trennung sicherlich herbeiführen. Ganz klar. Bloß, was das jetzt bringen soll, kann ich nicht erkennen.

     

    Ob ich nun z.B. meinen Alten- und Krankenbesuchsdienst aus einem christlichen Motiv heraus wahrnehme oder aus Einsicht in das hohe Ethos des Alten- und Krankenbesuchs ändert doch für die besuchte Person nichts, oder?

     

    Aber – eine theologische Etage höher – Sie haben natürlich wieder einmal Recht: Wenn ich der besuchten Person mit meinem Besuch gut tue, dann bin nicht ich es, der wirkt, sondern Gott durch mich. Ich gebe nur von der Liebe, die nicht aus mir selbst, sondern von Gott kommt. Das ist mein Selbstverständnis in diesem Zusammenhang, so dass ich dann keine ethische Rechtfertigung für meine Religiosität/Moralität mehr brauche, sondern – quasi automatisch – handle, als Werkzeug. Und wenn ich dann Glück habe, treffe ich damit die Moralvorstellung, die man aus kantischer, aristotelischer oder anderer Ethik herleiten kann. Darauf kann es mir aber – intentionalistisch – nicht ankommen, denn ich will nicht, dass mein Nachbar mich für einen guten Menschen hält, ich will nicht einmal, dass Gott mich für einen guten Menschen hält, sondern ich will einfach nur das Liebesgebot Christi erfüllen, mit den Mitteln, die mir von Gott gegeben sind. Und das wäre dann in Ihren Augen ein „religiöser Akt“, kein „moralischer“, oder? Weil die Linderung von Leid u.a. als Abfallprodukt eher „zufällig“ anfällt, nicht aber bezweckt wurde (Zweck des Handelns ist ja nur die Liebe). Habe ich das so richtig verstanden? Das ist jedenfalls sehr interessant! Und wenn Sie es so sehen wollen – einverstanden!

     

    Gruß, Josef Bordat

  • TR
    Thomas Rakow

    Herr Bordat - Möglicherweise ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß insbesondere die theistischen Religionen nicht nur verfassungsfeindlich, sondern aufgrund ihrer totalitären Strukturen zutiefst antidemokratisch sind. Wer sich gegen "Gott" vergeht - was immer das ist und welchen Willen auch immer man ihm in den Mund legt - hat ewige unvorstellbare Strafen zu erwarten. Wer hingegen demokratisch legitimierte Gesetze mißachtet, kommt selbst im schlimmsten Fall "nur" ins Gefängnis. Einem Gläubischen, der sich entscheiden muß, dürfte die Wahl nicht schwerfallen - erst recht dann nicht, wenn die Alternativen in glorreichem Märtyrertum und einem öden Aufenthalt in der nächstgelegenen JVA bestehen. Übrigens habe auch ich noch etwas "Feindbild-Rhetorik" beizusteuern: Moralische Handlungen sind nur an ihrer ethischen Motivation zu erkennen (extrem verkürzt: Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid). Insofern können religiös motivierte Handlungen niemals moralisch sein - nicht einmal dann, wenn sie äußerst zufälligerweise identisch mit dem sein sollten, was in der betreffenden Situation auch ethisch geboten erscheint. So wenig es Ihnen und den Pro-Reli-Agitatoren gefallen mag: Religionen sind nicht nur inkompatibel mit demokratischen Rechtssystemen, sie verhindern auch, daß sich die Menschheit ethisch entwickeln kann. Der Slogan "Freie Wahl zwischen Ethik und Religion" ist also keineswegs "irreführend". Vielmehr trifft er genau den Kern des vorliegenden Konfliktes.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Und nach welchen Kriterien erfolgt dann die Anerkennung als Religionsgemeinschaft durch den Staat?

    Inwiefern mangelt es denn z.B. bei Scientology mit der Verfassungskonformität? Und wo befindet sich denn z.B. die Church of Satan in einem Konfliktkurs mit Art. 1 GG?

    Die Wirklichkeit sieht doch völlig anders aus!

    Wie sagt doch Richard Dawkins so treffend: Wenn ein Mensch unter einer Wahnvorstellung leidet, dann nennt man es Geisteskrankheit! Wenn viele Menschen unter gleicher Wahnvorstellung leiden, dann nennt man es Religion! Und dieser Staat hat doch wohl unverkennbar ein Interesse an der weiteren Verbreitung ganz bestimmter Wahnvorstellungen! Warum wohl?

  • JB
    Josef Bordat

    Herr Slomski - eine Klarstellung: Nicht alles, was nicht gegen die Verfassung verstößt, hat Anspruch auf Anerkennung als Religionsgemeinschaft, sondern alles, was Anerkennung als Religionsgemeinschaft haben will, darf u.a.[sic!] nicht gegen die Verfassung verstoßen.

    Sie machen einen Fehler, wenn Sie meinen, dass Verfassungskonformität bei der Anerkennung als Religionsgemeinschaft keine Rolle spielt („in keinerlei Bezug steht“), nur weil es Gruppen gibt, die (vermutlich) nicht gegen die Verfassung verstoßen und trotzdem nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind. Wer in der deutschen Handballnationalmannschaft spielen will, muss u.a.[sic!] deutscher Staatsbürger sein. Das wird dadurch nicht falsch, wenn Sie mir sagen, dass Sie deutsche Staatsbürger kennen, die aber nicht in der deutschen Handballnationalmannschaft spielen. Die kenne ich auch. Die Eigenschaft, deutscher Staatsbürger zu sein, ist für eine Nominierung in die deutsche Handballnationalmannschaft notwendig, aber eben (einige bedauern das in diesen Tagen) nicht hinreichend. So ist das halt auch mit der Verfassungskonformität und der Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Es ist das absolute Minimalkriterium. Einverstanden? Nota bene: Eine ganze Menge Gruppierungen dürfte aber bereits daran schon scheitern. Bei „Scientology“ hätte ich z.B. diesen Verdacht. Und eine „Church of Satan“ sehe ich tendentiell auch auf Konfliktkurs mit Art. 1 GG.

     

    Ansonsten erkenne ich in Ihren Ausführungen nur Feindbild-Rhetorik – alles, was der Feind (die Kirche/Pro Reli/Christentum/Judentum/Islam) tut, ist böse und wenn es ausnahmsweise mal gut aussieht, steckt zumindest eine böse Absicht dahinter. Das hat zwei Folgen: 1. Es macht Sie immun gegenüber der Wirklichkeit. 2. Ich werde Sie nicht vom Gegenteil überzeugen können.

     

    Alles Gute, Josef Bordat

  • HS
    Hartmut Slomski

    Selbst wenn es ProReli darum geht, dass nur alle staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht bekommen, so ändert dies doch wohl nichts an der damit verbundenen Geldverschwendung! Es ist doch wohl nicht vertretbar, dass einerseits ständige Einsparungen vorgenommen werden, z.B. bei Arbeitslosen, besonders HartzIV-Opfern, aber auch bei Rentnern und weiteren Personenkreisen, dies dann damit begründet wird, es fehle das Geld, der Staat müsse sparen, wenn anderseits jedoch Milliardenbeträge für sowas überflüssiges wie Religionsunterricht ausgegeben werden, wenn Milliardenbeträge vom Staat an die Kirchen fließen! Es ist doch wohl unvertretbar, dass der Staat riesige Gehälter an Erzbischöfe und Kardinäle zahlt, während er HartzIV-Opfer verrecken lässt!

    Und was die Anerkennung von Religionsgemeinschaften durch den Staat betrifft, so steht dies doch ohnehin in keinerlei Bezug zu der Frage, ob eine Religionsgemeinschaft gegen das Grundgesetz gerichtete Bestebungen hegt oder nicht! So gibt es z.B. esoterische Religionsgemeinschaften (wie Wicca), neuheidnische Religionsgemeinschaften (wie Asatru) und satanistische Religionsgemeinschaften (wie Church of Satan), die zu keiner Zeit gegen das Grundgesetz gerichtete Bestrebungen gehegt haben, die aber trotzdem bisher nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt worden sind und es in diesem Staat auch wohl niemals werden! Für welche deshalb auch demzurfolge niemals Religionsunterricht eingeführt werden dürfte. Und für die ProReli dies auch nicht fordert! Im Gegenteil: es dürfte ja wohl davon auszugehen sein, dass die heutigen Initiatoren von ProReli mit Sicherheit die Einführung esoterischen, neuheidnischen oder satanistischen Religionsunterrichts sogar bekämpfen würden!

    Es geht den Initiatoren von ProReli doch in erster Linie um eine christliche Indoktrination an den Schulen. Die Forderung nach Einführung von Unterricht auch in anderen Religionen dient doch nur als Alibi und beschränkt sich doch ohnehin nur auf die "nächsten Verwandten" des Christentums, also Judentum und Islam! Und dies auch wohl deshalb, weil sich so fadenscheinige Argumente, wie Integration, Verständigung, Verständnis füreinander, etc. herbeizitieren lassen! Und weil man ja ohnehin davon ausgeht, dass dieser Staat niemals Religionsgemeinschaften anerkennen wird, deren Ausbreitung damit verbunden wäre die jahrhundertelange Christianisierung zunichte zu machen (was ja z.B. bei Wicca, Asatru oder Church of Satan der Fall wäre)! Es geht ProReli doch darum die Entchristianisierung der vergangenen Jahrzehnte (vor allem in den neuen Bundesländern zu DDR-Zeiten) zu stoppen und rückgängig zu machen! Und dies natürlich vor allem bei der heranwachsenden Generation an den Schulen! Und die Strategie ist doch die erstmal parallel zur Indoktrination durch christlichen Religionsunterricht auch Indoktrination durch Religionsunterricht in mit dem Christentum verwandten Religionen (Judentum, Islam) zu dulden, in der Hoffnung im Rahmen der Integration deren spätere Generationen dann zum Christentum herüberzuziehen! Und es geht doch ProReli in diesem Rahmen auch wohl darum die weitere Ausbreitung des Atheismus zu stoppen! Ebenso die von Scientology, Esoterik, Neuheidentum und Satanismus!

  • JB
    Josef Bordat

    Frau Lang-Lendorff – Sie schreiben: „Man könnte meinen, ein so religiöses Begehren habe in einer weltoffenen, zu großen Teilen atheistisch geprägten Stadt wie Berlin keine Chance.“

     

    Warum führen Sie in Ihrem Artikel „religiös“ als Gegensatz zu „weltoffen“ ein? Zumindest suggerieren Sie das. Und das, wo es doch nur eine Organisation gibt, die in allen Staaten der Erde eine Basis hat, die Katholische Kirche. Das, wo doch das jüdische Volk „in alle Welt“ vertrieben wurde. Das, wo der Islam sich überall in der Welt immer rascher ausbreitet. Das, wo die wirkmächtigsten Kulturkontakte der Geschichte von den Religionen ausgingen (denken Sie an die Beeinflussung von arabischer und christlicher Philosophie im Mittelalter!). Das, wo die Bibel in über 2000 Sprachen übersetzt ist. Das, wo in fast jedem kath. Sonntagsgottesdienst in Berlin mehr als ein Duzend Nationen vertreten sein dürften. Ich verstehe es nicht.

     

    Herr Slomski – es geht bei „Pro Reli“ nicht darum, dass alle Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht bekommen, sondern alle staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften. Zur Anerkennung gehört dann u.a., dass die Religionsgemeinschaft nicht gegen das Grundgesetz gerichtete Bestrebungen hegt.

     

    Im übrigen bin ich sehr überrascht darüber, wie Sie (und andere offenbar auch) den Religionsunterricht sehen (erfahren haben?). Ich habe da in meinem Religionsunterricht (kath., NRW,1980er Jahre) ganz andere Erfahrungen gemacht. Das war eben gerade keine „Gehirnwäsche“, sondern differenzierte Information über a) den eigenen Glauben und seine rituelle Praxis, b) andere (große) Religionsgemeinschaften, c) Sekten und Okkultismus, d) philosophisch fundierte Religionskritik (Feuerbach & Co.), e) die Rolle des Katholizismus’ in der Gesellschaft (kath. Soziallehre, christl. Ethik usw.), f) Kirchengeschichte – um nur einige Themen zu nennen. Ihre Fundamentalkritik passt wohl eher, wenn überhaupt, auf den so genannten „Katechismus-Unterricht“, bei dem sich das Lernen in reiner Reproduktion von Lehrsätzen erschöpfte. So was findet aber selbst bei der innergemeindlichen Kommunionvorbereitung nicht mehr statt. Es wird grundsätzlich immer darauf geachtet, dass die Schüler/innen altersgerecht mitdenken und sich stets offen halten für kritische, skeptische, zweifelnde Fragen, denn nur daraus, dass diese nicht unterdrückt werden, kann ein starker Glauben erwachsen, der nicht in Irritationslosigkeit mündet, in dem man aber trotzdem in größtmöglicher Gewissheit und Geborgenheit ruhen kann. Und aus dieser Position lässt sich gut auf andere Menschen zugehen, die eine andere Religion haben – oder eben keine.

     

    Obwohl ich doch mit Schrecken zur Kenntnis nehmen muss, dass an einem Aufeinander-Zugehen bei einigen Diskussionsteilnehmern hier wohl kein echtes Interesse besteht. Ich hoffe nicht, dass der Tenor der Einlassungen die Mehrheitsauffassung der 60% konfessionslosen Berliner repräsentiert.

     

    Henriette – Danke in diesem Zusammenhang für die beschwichtigenden Worte! Der Hinweis auf den Islamunterricht ist sehr wichtig. Die islamische Föderation als ein Verband der (sehr heterogenen!) muslimischen Gemeindelandschaft Berlins ist, was Pro Reli angeht, gespalten. Die Mehrheit ist gegen einen Wahlpflichtbereich, weil dann genau das eintritt, was die Lehrerin beschreibt. Lieber bleibt man eine unbeaufsichtigte Arbeitsgemeinschaft am Nachmittag, in der grundsätzlich gelehrt werden kann, was der Islam-Lehrer lehren will (das kann dann fallweise in der Tat der „Gehirnwäsche“ bedenklich nahe kommen). Das sollten sich die „Reli raus!“-Rufer mal generell überlegen: Ob es tatsächlich so gut ist, die Religion und ihre Vermittlung ins Private zu drängen, keine Curricula für die Schüler mitgestalten zu dürfen, kein Mitspracherecht bei der Unterrichtsgestaltung zu haben, nichts über die Ausbildung der Lehrkräfte zu wissen. Und damit Integration wohl eher zu verhindern als zu befördern.

     

    Josef Bordat

  • MW
    Matthias Werner

    Wo kommt denn diese Wut her? Ich bin sehr gut mittels Gesprächen über z. B. Fanatismus und Religionen aufgeklärt worden, Gespräche mit Gläubigen! Diese Hasstiraden sind dagegen sehr abschreckend. Und warum haben diese Wüteriche etwas gegen eine freie Wahl? Wenn sie ihre Rationalität so extrem wichtig finden, dann sollten sie sie auch einsetzen und mal einen Gang runterschalten.

  • IK
    IBernd Koerber

    Mit der Phrase "Es geht um die Freiheit" will man, vermute ich, Menschen täuschen und sie dazu bringen,ihre Unterschrift für eine undemokratische Organisation in Sachen Glauben zu leisten.

     

    Richtig müßte der Slogan wohl lauten:

     

    Es geht um die christliche Kirche

     

    und damit um Einfluß auf junge Menschen (u. a kleine Kinder) und Geld, das man wohl unbedingt

    braucht (Staatsknete!) um die Macht des Klerus

    zu erhalten, bzw. wenn es irgendwie geht, noch auszuweiten.

     

    Schöne Freiheit

  • HS
    Hartmut Slomski

    Wieso "... ohne einen müden Sondereuro ..."? Allein durch den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen werden doch bereits jetzt in Deutschland jährlich 2,5 Milliarden Euro sinnlos verschwendet!

     

    Und was hat das mit Integration zu tun? Da hat Jennifer Digulla doch völlig Recht: gerade durch einen "Anti-Religions-Unterricht", in welchem den Schülern der Unsinn jedlicher Religion verständlich gemacht würde, könnte unglaublich viel für die Integration getan werden! Und nicht nur für die Integration, sondern auch für die Vernunft!

  • JD
    Jennifer Digulla

    Und was soll der ganze Quatsch bringen? Es wäre doch sinnvoller allen Schülern im Unterricht den Unsinn jedlicher Religion verständlich zu machen! Ihnen begreiflich zu machen, dass jedliche Religion totaler Quatsch ist und nur dazu dient, sie zu manipulieren!

  • H
    Henriette

    Auf der Internet - Komentarseite des Tagesspiegels steht ein bemerkenswerter Kommetar hierzu; ich zitiere:

     

    "Als Lehrerin, die mit vielen muslimischen Schülern arbeitet ( und ich möchte dazufügen, vermeintlich "muslimischen" Schülern) arbeitet, kann ich nur sagen: es wäre ausserordentlich sinnvoll, diesen Schülern (betont männlich formuliert), einmal einen Religionsunterricht erteilen zu lassen, der sich wirklich am Koran orientiert, erteilt von liberalen Islamlehrern und - vielleicht sogar auch - lehrerinnen, die der dritten und mittlerweile vierten Generation unserer türkischen( in erster Linie) Arbeitsimmigranten mal etwas von ihrer (friedensfertigen) Religion vermitteln können!!

    Dies mal zu dem Thema: Integration

    Ach so ja,...sorry... das Thema gibt es ja immer nur zum zum Wahlkampf !!!! Besonders von Linken, Grünen und ... SPD!

    Schade eigentlich, denn mit dem Wahlpflichtbereich könnte ohne einen müden Sondereuro mehr so unglaublich viel für die Integration getan werden!!!

    Gruß von einer Lehrerin "an der Front" ( nicht Rütlischule, aber so ähnlich!!!)"

     

    Zitat Ende.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Wenn irgendwelchen Leuten das klare Denken abhanden kommt, dann doch wohl nicht den Gegnern, sondern den Befürwortern des Religionsunterrichts! Wer noch des klaren Denkens fähig ist sollte doch wohl erkennen, welche verantwortungslose Geldverschwendung jedlicher Religionsunterricht beinhaltet! Und gerade diese Geldverschwendung wird doch immer wieder von den Befürwortern des Religionsunterrichts in ihrer Argumentation ignoriert!

    Warum wohl?

    Natürlich haben die Befürworter selbst irgendwann mal Religionsunterricht erhalten und sind dem erlegen! Denn Ziel eines jedlichen Religionsunterrichts ist es natürlich die Schüler im Interesse der jeweiligen religiösen Institution (also beim christlichen Religionsunterricht im Interesse der christlichen Kirchen) in Form einer permanenten Gehirnwäsche zu manipulieren, sie der Fähigkeit des klaren Denkens zu berauben. Allen religiösen Institutionen geht es natürlich um Macht, Einfluss und Geld! Und den wirklich Gläubigen läßt sich ja das Geld leicht aus der Tasche ziehen! Und sie lassen sich leicht für deren Zwecke einspannen! Egal, ob christliche Kirchen und Sekten, entsprechende jüdische und islamische Institutionen, Scientology, Bhagwan-Sekte, Church of Satan, oder was auch immer: alle haben dies erkannt und machen davon reichlich Gebrauch! Und je früher damit begonnen wird Menschen zu manipulieren, umso größer sind die Aussichten auf Erfolg. Daher ist es natürlich ein Bestreben jedlicher religiöser Institutionen die Menschen schon in frühester Jugend, also schon in den Schulen oder sogar schon in den Kindergärten, einer diesbezüglichen Gehirnwäsche (z.B. in Form des Religionsunterrichts) zu unterziehen! Und dieser Staat macht sich zum Handlanger religiöser Institutionen indem er ihnen ermöglicht die Schüler an den Schulen diesbezüglich zu manipulieren, sie der Fähigkeit des klaren Denkens zu berauben!

  • H
    Henriette

    Es ist erstaunlich, daß das Thema Werte - Unterricht manche Berliner offensichtlich dermaßen anpiekst, daß ihnen jede Gelassenheit und auch das klare Denken abhandenkommt. Ich kann verstehen, daß Menschen der Meinung sind, Religionsunterricht gehöre überhaupt nicht in die Schulen - es gibt ja auch Nationen, die strikt laizistisch verfasst sind, da ist das so. Die Bundesrepublik gehört aber einfach mal nicht zu diesen Staaten. Hier ist Religionsunterricht vom Grundgesetz garantiert. Deswegen ist die Frage, ob überhaupt Religions- oder Ethik - oder Weltanschauungsunterricht in den Schulen gegeben werden soll, nicht das Thema. Das Thema ist allein, ab wann, in welcher Form der Wahlmöglichket und mit welchem Grad der Verpflichtung Ethik oder Religion unterrichtet werden soll.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Was hat das denn mit Dogmatismus oder Liberalität zu tun? Beim Religionsunterricht geht es doch in erster Linie um eine sinnlose Geldverschwendung! Wie ist es denn mit vernünftigen Argumenten zu rechtfertigen, wenn einerseits immer mehr Sozialabbau, z.B. bei den Arbeitslosen (besonders bei den HartzIV-Opfern), aber auch bei den Rentnern und anderen Bevölkerungsgruppen, betrieben wird, weil angeblich der Staat zuwenig Geld hat, wenn anderseits jedoch vom Staat Milliardenbeträge für so was überflüssiges und unsinniges wie Religionsunterricht verschwendet werden? Wo es doch außerdem eigentlich ohnehin eine Trennung von Staat und Religion geben sollte?

    Und dann bleibt da immer noch die Ungleichbehandlung. Denn es hätten ja nur Christen, Juden und Moslems die Wahl zwischen Religion oder Ethik. Doch was ist dann mit den anderen Religionen, z.B. den Scientologen, den Wiccas, den germanisch-heidnischen Religionen wie Asatru, oder den Satanisten? Die Angehörigen dieser Religionen sollen doch hierbei dann bewußt ausgegrent werden, da für sie kein Unterricht in ihrer Religion angestrebt wird! Und was ist mit den Atheisten? Für sie ist doch auch kein speziell atheistischer Unterricht als Wahlpflichtfach vorgesehen, so dass ihnen nur Ethik bleibt! Wenn keine Ungleichbehandlung erfolgen soll, dann müßten doch für jedem Schüler zwei Auswahlmöglichkeiten vorhanden sein!

    Und außerdem sind es doch in allen Religionen die Gläubigen, die von sich behaupten, die Wahrheit zu kennen!

  • H
    Henriette

    Die größten Dogmatiker sind doch die Atheisten! Kein Gläubiger würde so selbstherrlich behaupten, die Wahrheit zu kennen. Vor lauter Dogmatismus wird eins glatt übersehen: wenn ProReli durchkommt, um mal wieder auf den Ausgang der Diskussion zurückzukommen, wird das Schulfach Ethik ab der ersten Klasse angeboten. Dann können Kinder bzw. ihre Eltern von Anfang an wählen, die alternative ist gleichwertig präsent (das ist die Bedeutung des etwas sperrigen Wortes Wahlpflichtfach). Nochmal deutlich: Kinder wissen von klein auf, daß es eine Alternative zur Wahl ihrer Eltern gibt, die vielleicht von ihren Freunden besucht wird, und können spätestens mit Erreichen der Religionsmündigkeit, mit 14, eine andere Wahl treffen. Die Christen, Moslems, sonstigen Gläubigen, Agnostiker und Atheisten, die sich mit "Pro Reli" für freie Wahl einsetzen, haben es offensichtlich nicht nötig, ihren Kindern diese Wahlmöglichkeit vorzuhalten. Aber wenn ich mir die vielen Statements angucke, die von antireligiöser Wut, geradezu einem Feindbild geprägt sind, frage ich mich schon: wo ist die Berliner Liberalität geblieben?

  • HS
    Hartmut Slomski

    Dem stimme ich voll zu! Aber gerade dies ist es ja, was man seitens bestimmter Parteien aufgrund politischer Überlegungen wohl auf keinem Fall möchte! Denn schließlich hat die CDU (bzw. in Bayern die CSU) doch wohl ein leichteres Spiel künftige fromme Kirchgänger auch als künftige Wähler zu gewinnen als überzeugte Atheisten! Und wenn deren Gehirne durch das Christentum genügend vergiftet worden ist, dann können sie als künftige Arbeitnehmer auch noch dazu gebracht werden, statt in eine DGB-Gewerkschaft in eine "christliche" Pseudo-Gewerkschaft einzutreten! Dadurch können dann Lohndumping und weiterer Sozialabbau noch leichter vorangetrieben werden!

  • CS
    Claudia Schlingensiepen

    Nicht Religionsunterricht gehört in die Schulen, sondern atheistische Aufklärung! Damit die Schüler erkennen, welcher Blödsinn jedliche Religion ist!

  • H
    Henriette

    Wenn, ja wenn das Wörtchen wenn nicht wäre - und: reingelegt, würde meine fröhliche Tochter jetzt sagen. Wenn Kiffen im Grundgesetz als freies Grundrecht geschützt wäre und 50% der Bevölkerung Kiffer wären - das war die Grundlage des Vergleichs, den ich gebracht habe, um auf das olle Marx-Lenin - Zitat über Opium fürs Volk zu antworten. Was Sucht, Abhängigkeit, Fanatismus, Realitätsverlust angeht: wo, glauben Sie, bin ich über diese Themen, auch im Zusammenhang mit Religion, aufgeklärt worden? In meinem gebildeten, religiös verankerten Elternhaus und, sorry, ist so: im Religionsunterricht! Wer im Glauben ruht, hat das Geifern nicht nötig - wer das den Kindern in der Schule vermittelt, macht sie immun gegen die Geiferer außerhalb. Gerade um Fanatismus zu verhindern, gehört Religionsunterricht in die Schule.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Leider hinkt der Vergleich ganz gewaltig! Denn wenn dem so wäre, dann müssten doch in den Schüler über die Schädlichkeit der Religionen unterrichtet werden! Dann müssten doch Lehrer auf die von den Religionen ausgehenden Gefahren in Bezug auf Sucht, Abhängigkeit, Fanatismus, Realitätsverlust, etc. hinweisen! Dann wäre es aber kein Religionsunterricht, sondern ein Anti-Religionsunterricht! Doch genau das dürfte ja wohl nicht in der Absicht der Initiatoren von ProReli liegen! Rerligionsunterricht ist ja bekanntlich immer darauf ausgerichtet die Gehirnseuche Religion in die Köpfe der Schüler reinzubringen, nicht die Schüler davon zu heilen!

  • H
    Henriette

    Opium fürs Volk? Na ja - Marx und Lenin haben manchmal auch Blödsinn geredet. Aber, um im Bild zu bleiben: wenn Kiffen im Grundgesetz als freies Grundrecht geschützt wäre und 50% der Bevölkerung Kiffer wären, manche nur an Weihnachten, manche aber so stark, daß sie den Bezug zur Realität verloren haben - wäre es dann nicht besser, neben Lehrern, die allgemeine Drogenkunde unterrichten, auch Lehrer zu haben, die sagen: ich weiß aus eigener Erfahrung, was Kiffen ist, es bedeutet mir auch etwas, und ich zeige euch, wie Kiffen mit der freiheitlich-demokratschen Grundordnung und einer verantwortlichen Lebensführung vereinbar ist? - Dann könnten Schüler wählen: werde ich ein verantwortungsvoller Kiffer, oder glaube ich nicht an den Sinn vom Kiffen und lasse es. Das jetzt mal nur, um im Bild zu bleiben - vielleicht isses dann begreifbarer.

  • OH
    Olaf Hesse

    Religion ist Opium fürs Volk! Warum also an den Schulen nur Religionsunterricht erteilen? Warum nicht gleich in den Klassenzimmern Joints verteilen? Warum nicht an den Schulen während des Unterrichts gemeinsam kiffen? Das kommt doch auf dasselbe hinaus!

  • H
    Henriette

    Mich erstaunt immer wieder, wieviel Angst an der Grenze zur Verschwörungstheorie das Thema Religion bei vielen Menschen auslöst. Und das bei der Diskussion über ein Wahlpflichtfach, das in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer angeboten wird. Gerade wegen dieser irrationalen Angst tut Religionsunterricht als Wahlpflichtfach im Rahmen der Schule der Gesellschaft besser, als ihn erst aus der Kernzeit und dann aus der Schule hinauszudrängen. Wenn beispielsweise der islamische Religionsunterricht in der Schule gleichwertig neben dem Ethikunterricht und dem christlichen Religionsunterricht steht und die Kinder im Rahmen der gegenseitigen Kooperation mal wechselseitig gucken kommen, dann nimmt das von Anfang an viel von der Fremdheit - auf beiden Seiten.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Das ändert ja wohl nichts daran, dass durch den Religionsunterricht eine Geldverschwendung in Milliardenhöhe erfolgt! Und letztendlich läuft es doch darauf hinaus, dass die Schüler dann unter Druck gesetzt werden sollen, Religion statt Ethik zu wählen, indem sie befürchten anderenfalls geringere Chancen zu haben einen Ausbildungsplatz zu finden, da dies ja anhand des Zeugnisses erkennbar ist. Und sie deshalb befürchten deshalb dann von religiösen Spießern abgelehnt zu werden. (Vor allem, wenn sie später mal Berlin verlassen und in eines der alten Bundesländer ziehen. Und z.B. in Bayern und in manchen Gegenden Niedersachsens müssen sie dies dann auch tatsächlich befürchten!

    Und von einer Gleichberechtigung kann ja auch dann immer noch nicht die Rede sein, nur weil die Schüler zwischen Ethik und Religion wählen können. Denn beim Religionsunterricht soll dann wohl Unterricht in mehreren Varianten der Gehirnseuche Religion, als z.B. Protestantismus, Katholizismus, Judentum, Islam, etc., angeboten werden, doch sicher wird man nicht alles abdecken können. Dies auch nicht wollen, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass man dann in öffentlichen Schulen auch heidnischen, scientologischen oder satanistischen Religionsunterricht anbieten würde. Also müßten diese Schüler somit auf Ethik ausweichen, hätten also nicht mehr die freie Wahl!

    Und es geht doch wohl bei jedem Religionsunterricht, egal in welcher Konfession, darum die Schüler diesbezüglich zu beeinflussen, sie im Sinne der jeweiligen Religion zu manipulieren!

  • H
    Henriette

    Warum so zornig? Die Kinder können doch genausogut in Ethik gehen - aber ab der ersten Klasse, und in einem vollwertigen Unterrichtsfach! Fakt ist: die Kinder, die heute ab der ersten Klasse an einem vollwertigen Unterrichtsfach Ethik/Religion teilnehmen - oder nicht, und die dort im Rahmen stattlichen Unterrichts lernen, aus welchen Quellen sich unsere Werte speisen - ob wir nun Rationalisten, Moslems, Juden, Freigeister oder Christen sind - oder nicht: die werden später grundlegende Werte berücksichtigen oder nicht, wenn sie darüber entscheiden, wie wir miteinander leben. Zum Beispiel auch, wie´s der kinderarmen Rentnerschwemme im Altersheim geht. Ich hab´s selbst erlebt, daß ich als Kassenpatientin in einem Krankenhaus in konfessioneller Trägerschaft weitaus besser behandelt wurde als mein Bruder in einer Uniklinik. Nicht im medizinischen Sinne - aber unter dem Apekt der Menschenwürde.

  • A
    Asmodis

    Genauso ist es! Für solchen Quatsch wird das Geld zu Fenster hinausgeworfen! Und wo wird dann im Gegenzug dafür wieder gespart? Bei den Armen. Bei den Arbeitslosen! Bei den Rentnern!

  • B
    Blutengel

    Nur kleine Kinder und große Narren glauben an den Weihnachtsmann, den Osterhasen, den Klapperstorch oder den lieben Gott! Inwiefern soll es nun gerechtfertigt sein derart riesige Geldmittel zu verschwenden, um durch den Religionsunterricht aus kleinen Kindern große Narren zu machen?

  • HS
    Hartmut Slomski

    Das ist ja schon ein Widerspruch!

    Einerseits geht es angeblich um die Gleichberechtigung aller Religionen, anderseits passen jedoch Scientology und Satanismus angeblich nicht hinein. Also geht es eindeutig nicht um die Gleichberechtigung aller Religionen, sondern nach der Regel: alle Religionen sind gleich, doch die einen sind gleicher als die anderen!

    Und dies läuft dann folgendermaßen ab: an erster Stelle kommt natürlich das Christentum, denn es soll ja den Schülern so weit wie möglich indoktriniert werden! Danach kommen dann dessen nächste "Verwandte", also das Judentum und der Islam. Denn diese drei sind ja monotheistisch und haben gemeinsame Wurzeln! Und man will ja schließlich nach außen Toleranz demostrieren! Deshalb muß man ja wohl oder übel auch überlegen, wie in diesem Zusammenhang mit Buddhismus, Hinduismus und all den anderen Religionen umzugehen ist, welche in irgendwelchen anderen Ländern eine bedeutende Stellung einnehmen. Denn man will ja nicht als fremdenfeindlich gelten. Und es gibt ja schließlich inzwischen auch Migranten mit diesbezüglicher Religionszugehörigkeit in diesem Land! Und man muß ja wohl auch irgendwie mit dem "Atheistenproblem" fertig werden. Denn die Atheisten werden ja auch immer mehr. Da wird natürlich hinter vorgehaltener Hand über Richard Dawkins und einige andere Leute ordentlich geflucht! Doch wenn dann auch noch Neuheiden, Scientologen und Satanisten hinzukommen, dann will man natürlich dem einen Riegel vorschieben!Denn diese Religionen sind ja schließlich alle irgendwie "antichristlich"! Doch da diese Religionen auch den Juden und Moslems ein Dorn im Auge sind, ist man bestrebt einen aus Christen, Juden und Moslems bestehenden monotheistischen Block aufzubauen, um gemeinsam erstmal die Neuheiden, Scientologen, Wiccas, Esoteriker und Satanisten sowie die Atheisten zu bekämpfen. Aus diesem Grund ist man natürlich bestrebt nicht nur die christliche Indoktrination an den Schulen voranzutreiben, sondern auch jüdischen und islamischen Religionsunterricht an den Schulen einzuführen! Und den Schülern dieser drei Religionsrichtungen in diesem Zusammenhang ein gemeinsames Feindbild sowohl gegen Atheisten als auch gegen "antichristliche" Religionen wie Asatru, Odinisten, Wiccas, Scientologen, Satanisten, etc. einzuimpfen! Und dafür werden in diesem Zusammenhang dann Milliardenbeträge locker gemacht und sinnlos verschwendet!

    Und das Finanzargument soll dabei angeblich nicht der Punkt sein? Was dann? Wenn bereits 2,5 Milliarden Euro jährlich für christlichen Religionsunterricht sinnlos verschwendet werden, dann, dann erhöht sich doch diese Summe logischerweise um ein Vielfaches, wenn auch noch in anderen Religionen unterrichtet wird!

    Sicher ist es der Fall, dass neben Traditionen auch Religionen immer noch bei vielen Menschen eine Rolle spielen. Genauer gesagt: leider ist dies noch immer so! Deshalb sollte doch gerade in den Schulen dagegen Abhilfe geleistet werden! Leider sind es noch immer die Eltern, die ihren Kindern bereits vor der Einschulung irgendwelchen religiösen Quatsch vermitteln. Doch gerade das sollte dann an den Schulen bekämpft (und nicht sogar noch gefördert) werden, indem man die Kinder dazu bringt, sich kritisch damit auseinanderzusetzen! Wenn den Kindern vor ihrer Einschulung von deren Eltern vermittelt wurde, der Weihnachtsmann würde die Geschenke und der Klapperstorch die kleinen Kinder bringen, dann werden derartige Vorstellungen doch in der Schule auch nicht noch in deren Köpfen gefestigt!

  • H
    Henriette

    Selbstverständlich geht es (auch) um Gleichberechtigung verschiedener Religionen und Weltanschauungen - vor dem Hintergrund unserer freiheitlich - demokratischen, aufgeklärten Gesellschaftsordnung. Da dürfte Scientology oder Satanismus ebensowenig dazupassen wie Fundamentalismus jeder Couleur. Aber beispielsweise der Verein Humanistische Lebenskunde bietet ja auch Weltanschauungsunterricht an. Und die kriegen je nach Zuspruch vermutlich genauso viele oder wenige Lehrer finanziert wie die Kirchen; das Finanzargument ist also nicht der Punkt.

     

    Im Religions- bzw. Weltanschauungsunterricht werden die Lehrinhalte der Religionen und Weltanschauungen, die Kinder von ihren Eltern erben, erläutert und vermittelt. Wenn das im Rahmen der Schule stattfindet, werden Dialog und gegenseitige Kenntnisnahme und Wertschätzung ermöglicht, und die Vereinbarkeit mit den Grundregeln unseres Zusammenlebens klargestellt. Wir leben halt mal in einer multikulturellen Weltstadt, und es hat keinen Sinn, so zu tun, als würden Traditionen und Religionen da keine Rolle spielen.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Religionsunterricht gehört keineswegs in die Schule, sondern hat genau im Gegenteil gerade dort nichts zu suchen!

    Es geht nämlich beim Religionsunterricht niemals um die Auseinandersetzung mit irgendwelchen Werten, sondern um die Beeinflussung der Schüler sich die Vorstellungen der jeweiligen Religionen anzueignen!

    Und eine Gleichberechtigung der verschiedenen Religionen kann es aufgrund der Vielzahl derselben überhaupt nicht geben und dürfte auch wohl kaum im Interesse der Initiatoren von ProReli liegen. Denn in diesem Fall müßte ja auch für neuheidnische Schüler (z.B. Asatru, Odinisten) ein diesbezüglicher neopaganistischer Unterricht angeboten werden. Ebenso für Schüler aus Scientology-Familien scientologischer Unterricht! Und für Kindert praktizierender Satanisten satanistischer Unterricht (z.B. nach den Lehren der Church of Satan)!

    Es dürfte doch wohl zu bezweifeln sein, dass auch dies in den Forderungen der Initiatoren von ProReli enthalten ist!

  • H
    Henriette

    Wer sagt denn: nur christlich? Die Initiatoren von Pro Reli" stellen genau solch eine Forderung! Es geht doch gerade darum, daß jeder frei wählen können soll: zwischen Ethik, evangelischer, katholischer, islamischer und jüdischer Religion oder Weltanschauungsunterricht. Und zwar ab der ersten Klasse, nicht erst ab der siebten. Ob man´s mag oder nicht: Religion, die christliche wie die muslimische, ist Bestandteil der Gesellschaft. Die gehört in die Schule und nicht in den Hinterhof. Und die Auseinandersetzung mit Werten, mit eigenen (und fremden) Traditionen, mit der Frage nach dem Woher und Wohin des Lebens ist mit sechs Jahren mindestens so wichtig wie mit 14.

  • HS
    Hartmut Slomski

    Hinzu kommt noch: wenn christliche Schüler christlichen Religionsunterricht erhalten, dann hätten ja nicht nur jüdische und Muslimische Schüler ebenfalls Anspruch auf Religionsunterricht ihrer Konfession, sondern atheistische Schüler hätten Anspruch auf atheistischen Unterricht, neuheidnische Schüler (z.B. Anhänger von Asatru) hätten Anspruch auf diesbezüglichen neopaganistischen Unterricht, Schüler aus Scientology-Familien hätten Anspruch auf Scjentologischen Unterricht. Und Kinder praktizierender Satanisten hätten Anspruch auf satanistischen Unterricht an öffentlichen Schulen.

    Was dürften wohl nicht nur die Initiatoren von PrtoReli davon halten, sondern auch die Kirchen allgemein? Ebenso die sich mit dem Attribut "christlich" selbst beweihräuchernden Parteien?

  • HS
    Hartmut Slomski

    Zwischen " Denn wenn christliche Schüler christlichen Religionsunterricht erhalten, dann müßten ja z.B. auch jüdische, muslimische oder Buddhistische Schüler Religiomnsunterricht ihrer Konfession erhalten!" und "Was würden denn wohl die Initiatoren von ProReli von solch einer Forderung halten?" hatte ich doch eingegeben "Atheistische Schüler hätten demzurfolge Anspruch auf atheistischen Unterricht! Neopaganistische Schüler, z.B. Anhänger von Asatru, auf diesbezüglichen neuheidnischen Unterricht. Schüler aus Scientology-Familen Anspruch auf scientologischen Unterricht. Und Kinder praktizierender Satanisten auf satanistischen Unterricht an öffentlichen Schulen!". Wem war denn das mit den Atheisten, Neuheiden, Scientologen und Satanisten zu brisant, so daß dies unterdrückt wurde? Steckt die Halleluja-Mafia dahinter? Denn der Heilige Geist war es mit Sicherheit nicht!

  • HS
    Hartmut Slomski

    Was soll das alles?

    Allein durch die Abschaffung des Religionsunterrichts an den Schulen ließen sich jährlich 2,5 Milliarden Euro einsparen! Sogar weitere 14 Milliarden Euro jährlich durch Streichung sämtlicher Subventionen der Kirchen durch den Staat! Weitere 620 Millionen Euro jährlich durch Wegfall des Unterhalts theologischger Fakultäten mit diversen Lehrstühlen! Und es ist ja wohl durch nichts einzusehen daß Erzbischöfe und Kardinäle bis zu 11.000 Euro monatlich vom Staat (also nicht etwa von deren Kirch!) erhalten während gleichzeitig viele Millionen Arbeitslose an HartzIV verrecken!

    Abgesehen davon beinhaltet der christliche Religionsunterricht an den Schulen ohnehin eine Diskriminierung! Denn wenn christliche Schüler christlichen Religionsunterricht erhalten, dann müßten ja z.B. auch jüdische, muslimische oder buddhistische Schüler Religionsunterricht in ihrer Konfession erhalten! Und nicht nur das! Was würden denn wohl die Initiatoren von Pro Reli" von solch einer Forderung halten?